Welche Persönlichkeitstests gibt es? Wie helfen sie Absolventen beim Berufseinstieg? BIP und „16 PF“ sind die populärsten Nachweise für Soft Skills

Wer eine Zukunftsentscheidung trifft, muss wissen, was er kann und was ihn persönlich ausmacht – allein schon, um sich einem potenziellen Arbeitgeber richtig vorstellen zu können. Das gilt für den Berufseinstieg genauso wie für alle weiteren Karriereschritte. „Viele Menschen können ihre Kompetenzen aber gar nicht richtig einschätzen“, sagt Karriereberaterin Svenja Hofert. Dabei, ein realistisches Selbstbild zu entwickeln und es konkret beschreiben zu können, helfen berufsbezogene Persönlichkeitstests.

„Die Anzahl der Tests auf dem Markt ist allerdings riesig“, sagt der Wirtschaftspsychologe und Eignungsdiagnostiker Rüdiger Hossiep. Auch die Kosten variieren und können in der Onlineversion bei bis zu 150 Euro liegen. Dazu kommt in vielen Fällen noch der Preis für den Coach oder Karriereberater, mit dem die Ergebnisse durchgesprochen werden. Dann müssen Verbraucher schnell bis zu 250 Euro hinlegen. Svenja Hofert empfiehlt die Auswertung gemeinsam mit dem Experten: „Die Ergebnisse sind keine leichte Kost.“

Die Tests geben Aufschluss, für welche Funktionen man sich besonders eignet

Dabei geben die Tests noch gar keine Antwort darauf, welche Karriereschritte als Nächstes folgen sollen. „Es kristallisieren sich aber Kernkompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale heraus“, erklärt Hofert. Diese können dann zum Beispiel Aufschluss darüber geben, für welche Funktionen man sich besonders eignet.

Wer sich entschieden hat, einen Test zu absolvieren, sollte ihn mit Bedacht auswählen. Zum Beispiel spielt das Lebensalter eine Rolle: Verfahren, die für erfahrene Berufstätige entwickelt wurden, eignen sich nicht für Einsteiger (s. Info). Auch etwaige Führungsfähigkeiten lassen sich mit Anfang 20 noch nicht solide beurteilen, da sich diese Persönlichkeitsmerkmale erst ab etwa 30 Jahre stabilisieren. Außerdem sollte man sich darüber klar werden, ob man einem Persönlichkeitstyp zugeordnet werden will – was ja auch enttäuschend sein kann – oder lieber einen Test machen möchte, der sich auf die Kompetenzen konzentriert.

Wissenschaftler Rüdiger Hossiep hat selbst psychologische Testverfahren entwickelt, darunter das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“ kurz BIP, gemeinsam mit dem „16 PF“ der am häufigsten eingesetzte Test. Beim BIP müssen die Teilnehmer ankreuzen, wie stark eine Aussage auf sie zutrifft. Etwa: „Andere wissen von mir, dass ich ausgesprochen direkt bin“ oder „Ich folge lieber spontanen Einfällen, anstatt systematisch zu planen“. Mit insgesamt 251 Fragen werden Merkmale wie Disziplin, Sozialkompetenz und Engagement erfasst – und mit einer Vielzahl von Testpersonen verglichen. In den Ergebnissen erfährt der Teilnehmer beispielsweise, wie robust er auf Belastungen reagiert, wie integrationsfähig und konfliktbereit er ist und wie viel Begeisterungsfähigkeit er mitbringt.

16 Eigenschaftspaare beschreiben die Persönlichkeit des Menschen

Der 16-PF-Test wiederum geht davon aus, dass sich der Mensch mithilfe von 16 sich widersprechenden Eigenschaftspaaren beschreiben lässt, zum Beispiel Spontaneität und Selbstkontrolle, soziale Anpassung und Dominanzstreben, konkrete und abstrakte Denke. Dem Teilnehmer werden dazu Aussagen vorgelegt, die er einordnen soll. Beim Thema Sachbezogenheit kontra Kontaktfreude könnte es etwa darum gehen, den Satz „Ich wäre lieber ...“ zu vervollständigen. Mit einer dieser drei Möglichkeiten: a) Förster, b) weiß nicht, c) Lehrer.

Ein Test, der sich laut Hossiep auch bei Personalern an Beliebtheit erfreut, der einem also auch gern einmal im Bewerbungsverfahren begegnen kann, ist das DISG-Modell. „Es soll etwas über die Verhaltenspräferenzen einer Person aussagen“, sagt Karriereberaterin Ute Bölke, die den Test in ihren Coachings anwendet. Dabei steht das Akronym DISG für dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft. Das Verfahren basiert auf Skalierungsfragen: In der ersten Hälfte des Tests müssen die Teilnehmer angeben, welche Aussagen am meisten auf sie zutreffen; in der zweiten, welche Adjektive sie am wenigsten beschreiben.

„Wenn die Auswertung ergibt, dass jemand vor allem gewissenhaft ist, liegt es nahe, dass er sehr konzentriert arbeitet und in einem Großraumbüro nicht glücklich werden wird“, sagt Bölke. So könne der Test beispielsweise helfen, das richtige Arbeitsumfeld zu finden oder sich darüber klar zu werden, warum man sich in bestimmten Umgebungen nicht wohlfühlt. Auch bei anderen Tests, beispielsweise „Insights“ oder dem „Myers Briggs Typindikator“ (MBTI), werden Menschen in Typen eingeteilt.

Das ist nicht unumstritten. „Bei diesen Verfahren bekommen die Teilnehmer seitenweise Auswertungen. Trotzdem steckt dahinter nur ein fiktives psychologisches Modell – man könnte auch Kaffeesatz lesen“, kritisiert Viktor Lau. Er leitet die Personalentwicklung der Bremer Landesbank. Wissenschaftlicher als Typologie-Modelle sind in seinen Augen Tests, die auf den „Big Five“ basieren. Dieses Verfahren misst, wie stark die fünf Persönlichkeitsdimensionen Extraversion, Offenheit, emotionale Stabilität, Umgänglichkeit und Gewissenhaftigkeit bei einer Person ausgeprägt sind.

Auch Karriereberaterin Hofert gibt eine Empfehlung ab: Sie rät zum „Borakel“ der Uni Bochum. Es hilft, die eigenen Kompetenzen einzuschätzen – und ist kostenlos.