Viele Hochschulen im In- und Ausland laden jetzt wieder zu mehrwöchigen Workshops ein. Die Themen reichen von chinesischer Wirtschaft bis Ethik

Kronleuchter, buntes Kirchenfensterglas und Hammerbalkengewölbe: Nicole Schmidt staunte, als sie das erste Mal im majestätischen Speisesaal der Harvard-Universität stand. Die Hochschule erinnerte sie an Hogwarts, das Internat aus den Harry-Potter-Büchern. Die 25-jährige Studentin besuchte vergangenes Jahr eine Summer School zum Thema Geo-Engineering und beschäftigte sich mit dem Klimawandel.

Summer Schools sind in den USA weit verbreitet. Und auch in Deutschland bieten Hochschulen immer häufiger solche Intensiv-Workshops an. Das Konzept: Studenten – die eigenen wie auch internationale Gäste – und Professoren treffen sich in den Semesterferien an einer Hochschule, um über ein bestimmtes Thema zu diskutieren.

Auch in Hamburg gibt es zahlreiche verschiedene Angebote, manche populär, andere eher in Nischen. An der Uni gibt es zum Beispiel eine Summer School in „Iranian Linguistics“, an der Bucerius Law School heißt das Thema „International Business Law“, und an der Hamburg School of Business Administration (HSBA) geht es um „Business Ethics“.

Talentierte Studenten sollen die besten Dozenten des Fachs kennenlernen

Eine Summer School dauert in der Regel zwischen zwei und sechs Wochen. Außer Exkursionen stehen täglich Seminare auf dem Programm. Manchmal können die Studenten auch Sprachkurse belegen. „Ziel ist es, qualifizierte, begabte und leistungsfähige Studenten aus aller Welt mit den besten Dozenten eines Fachgebiets zusammenzubringen“, erklärt Gerhard Roth, Professor für Verhaltensphysiologie an der Universität Bremen und Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes. Er leitet den European Campus of Excellence (ECE) – ein Programm, das internationale Sommerschulen für Studenten aus Europa, Israel und der Türkei organisiert.

Vorteil von Summer Schools ist, dass Studenten sich in kurzer Zeit bei einem Thema auf den neuesten Forschungsstand bringen können. Mancher knüpfe Kontakte für die Abschlussarbeit oder Promotion, sagt Roth. Sie habe ganz ungezwungen mit Professoren gesprochen, die sie sonst nur in Hausarbeiten zitiere, erzählt Studentin Nicole Schmidt.

Doch welche Summer School ist die richtige? Nicht der Ruf der Uni sollte entscheiden. Studenten sollten die Wahl so treffen, dass das Thema zu ihren fachlichen Schwerpunkten passt. Obwohl natürlich ein Name wie „Harvard“ jeden neugierig macht, wie auch Nicole Schmidt bestätigt. Doch wer sich auskenne, komme wegen der guten Lehre, glaubt sie. Summer Schools an Elite-Universitäten kosten allerdings mehrere Tausend Euro. Und selbst an weniger berühmten Hochschulen müssen die Teilnehmer immer noch mit einigen Hundert Euro fürs Dabeisein rechnen. Doch es gibt finanzielle Unterstützung, zum Beispiel vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, DAAD. Dessen Promos-Programm ist speziell für Kurzaufenthalte da, erläutert Christian Thimme, zuständig für die Internationalisierung der Hochschulen beim DAAD.

Auch viele Hochschulen, die Summer Schools anbieten, geben Stipendien aus. Über die Voraussetzungen dafür sollten sich Studenten, die auf finanzielle Unterstützung aus sind, an ihrer eigenen Uni informieren. Die Universität Hamburg organisiert zum Beispiel die Teilnahme an der vierwöchigen Summer School ihrer Partneruni, der East China Normal University in Shanghai. Außer einem Intensivkurs in Chinesisch stehen dort Kurse zu Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Chinas sowie mehrere Exkursionen auf dem Programm. Nur Kosten für Anreise und Verpflegung müssen die Hamburger Studenten – so sie denn ausgewählt werden – selbst tragen, den Rest zahlt die chinesische Hochschule.

Kurse der Summer School können aufs Studium zu Hause angerechnet werden

Über den Wissenserwerb, das Kontaktemachen und die Persönlichkeitsentwicklung hinaus kann sich die Teilnahme sogar im nächsten Semester praktisch auszahlen. „Kurse, die im Rahmen von Summer Schools belegt werden, können auch auf das normale Studium angerechnet werden“, erklärt Uni-Sprecherin Christiane Kuhrt. „Die Höhe der Anrechnung muss jeder Studierende vorab mit seinem Fachbereich klären und besprechen, welche Kurse dafür geeignet sind.“

Welche Unterlagen für eine Summer-School-Bewerbung nötig sind, kann sich im Detail unterscheiden. Generell verlangt wird das, was auch Nicole Schmidt für Harvard einreichen musste: Motivationsschreiben, Noten und Empfehlungsschreiben eines Dozenten. Da die Unterrichtssprache in Summer Schools meist Englisch ist, muss man oft auch per Zertifikat belegen, dass man die Sprache beherrscht.

Ein Auslandssemester kann die kurze Summer School allerdings nicht ersetzen. Alles ist sehr durchstrukturiert – es hat etwas von einem Feriencamp mit Anspruch. Das bestätigt auch Katharina Sewening, Studentin der Osteuropäischen Geschichte, die in Russland beides ausprobiert hat: eine Summer School in Voronezh und ein Auslandssemester in Moskau. „Es ist etwas anderes, wenn man in einem Land lebt, dort zum Bäcker geht oder sich mit den Behörden herumschlagen muss.“