In der Werbung kann man ohne Studium kaum Fuß fassen. Die Fachrichtung ist aber meist egal. Zum Berufsanfang warten Praktikum und Copytest

Mit Dutzenden Werbebotschaften wird der Mensch jeden Tag konfrontiert. Darum ist es für Werbefachleute harte Arbeit, mit Kampagnen aufzufallen. „Man muss in das Geschäft hineinwachsen“, sagt Sebastian Hackelsperger, Mitinhaber der Agentur Perger und Berger. Wichtig sei vor allem, Praxiserfahrung zu sammeln.

„Talent braucht man, sonst wird man gar nicht zugelassen“, sagt wiederum Christian Schmachtenberg vom Art Directors Club Deutschland. Das gilt als Erstes für den Studienplatz an einer der Fach- und Kunsthochschulen, an denen Produkt-, Kommunikations- oder Mediendesign gelehrt wird. Dort brauchen Bewerber eine Mappe, wenn sie sich vorstellen. „Diese Mappe wird auch weiter die persönliche Visitenkarte bleiben“, erklärt Hackelsperger. In ihr sammelt jeder Kreative seine besten Arbeiten und legt sie bei der Bewerbung um ein Praktikum oder einen Job vor.

Es mangelt in Deutschland noch an Ausbildungsstätten für Werbetexter

Doch während es für die Grafiker und späteren Art-Direktoren zahlreiche Studiengänge gibt, fehlt es bei Werbetextern, den Copywritern, daran. „Im Bereich Text arbeiten Leute aus ganz unterschiedlichen Studiengängen“, sagt Carola Wendt, Personalberaterin und auf die Werbebranche spezialisiert. Viele Journalisten seien dabei, aber auch Absolventen aus diversen anderen Fächern. „Über einen Copytest und Praktika kommen sie in die Agenturen“, sagt Wendt. Copytest heißen die Einstellungstests der Werbebranche.

Immerhin – mit der Texterschmiede in Hamburg gibt es im Norden inzwischen eine Einrichtung, die das Ausbildungsloch füllen will. Ebenso wurden in Stuttgart („Kreativkader“) und München („Text-College“) Schulen gegründet. Und auch die Miami Ad School, mit einer Filiale in Hamburg ansässig, bietet ein Programm für angehende Copywriter. Einen Vorteil hat das dünne Ausbildungsangebot: „Texter sind sehr gesucht, gerade weil es keinen richtigen Studiengang für sie gibt“, sagt Wendt.

Doch nicht jeder Mitarbeiter einer Werbeagentur gehört zu den Kreativen: Die dritte große Gruppe an Mitarbeitern in Werbeagenturen sind die Berater. „Oft sind es klassische BWLer oder Marketing- und Kommunikationskaufleute“, sagt Carola Wendt. Gefragt seien zum Beispiel die Absolventen des Fachs Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation der Berliner Universität der Künste (UdK). Auch einige Wirtschaftsabschlüsse der Leuphana in Lüneburg hätten einen besonders guten Ruf. Absolventen steigen wie üblich über Praktika und Traineestellen in den Job ein. Praktika für Studenten und junge Akademiker sind in der Werbebranche in der Regel bezahlt.

Darüber hinaus gebe es vom Softwareentwickler bis hin zum Social Community Manager viele verschiedene Berufe, sagt Julia von Winterfeldt. Sie ist Vorstandsmitglied im Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) und Geschäftsführerin der Digitalagentur AKQA. Die größeren Agenturen hätten Fachabteilungen wie Kundenberatung, Strategie, Kreation oder Projektmanagement. Im Zuge der Digitalisierung gehört immer öfter auch eine Technologieabteilung dazu. Richtig sei die Branche für alle, die gern in interdisziplinären Teams Strategien entwickeln, um die Markenkommunikation von Unternehmen voranzutreiben.

Gerade im Online-Bereich bieten sich auch viele neue Berufsfelder: „Agenturen brauchen Digitalexperten, Interfacedesigner und Programmierer“, sagt Hackelsperger. Mindestens ein bisschen multifunktional sollte aber jeder daherkommen, der in der Werbung landen will. „Heute kann niemand mehr sagen, er findet nur klassische Werbung toll“, sagt Personalexpertin Carola Wendt. „Komplettes Know-how ist wichtig. Man betreut seine Kunden schließlich von Social Media bis in den Printbereich“, erklärt sie.

Vor allem brauche es Flexibilität im Denken, ergänzt Hackelsperger. „Man darf das innere Kind nicht verlieren, muss immer mal Blödsinn machen und gegen den Strom schwimmen.“ Und schließlich braucht es Empathie, um sich auf Kunden und deren Bedürfnisse einzustellen und Werbung für die unterschiedlichsten Produkte machen zu können, heute für einen Automobilhersteller, nächste Woche für Kosmetik.

Quereinsteiger, wie es sie vor Jahren noch oft gab, sind heute die Ausnahme

Quereinsteiger, die es vor Jahren noch häufig in der Agenturwelt gab, seien inzwischen eher die Ausnahme, sagt Agenturchef Hackelsperger. Der Nachwuchs hat heute meist eine fundierte Ausbildung und überwiegend einen Master- oder Bachelorabschluss.

Verdienen kann man in der Werbebranche im Vergleich zur Industrie nicht so viel: „2200 bis 2400 Euro beträgt meist das Einstiegsgehalt für Juniorpositionen als Kontakter, Texter oder Grafiker“, sagt Carola Wendt. Immerhin ist zurzeit dank positiver Wirtschaftslage ein guter Moment, um in die Branche einzusteigen. Aber es kann auch wieder anders kommen: „Es gibt immer mal Dellen“, sagt die Personalberaterin. „Und dann ist die Werbung einer der ersten Bereiche, an denen Unternehmen sparen.“ Doch aktuell sieht es rosig aus: „Fast alle Agenturen suchen Mitarbeiter.“ Allerdings haben sie es in erster Linie auf Fachkräfte abgesehen, die zwei bis sechs Jahre Berufserfahrung haben. Doch auch Berufseinsteiger profitieren naturgemäß von einem Fachkräftemangel.

Und wer in Hamburg lebt oder wen es dorthin zieht, hat insofern schon mal gute Karten, weil die Szene aus einer bunten Mischung großer Namen, vieler inhabergeführter Agenturen und unzähliger innovativer Start-ups besteht. Vieles hänge dann vom Zufall ab, sagt Sebastian Hackelsperger. „Wo man landet und seinen Traumjob findet, kann man nicht planen. Das ergibt sich.“