Die Leserfrage: Ich bin seit zehn Jahren in derselben Firma und immer mal wieder für einige Wochen krank ausgefallen. Während meiner letzten Krankschreibung hat mein Chef mich angerufen und gedroht, wenn ich nicht bald wieder durchgängig arbeiten könne, würde er mir kündigen. Darf er das?

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Grundsätzlich kann auch einem erkrankten Arbeitnehmer gekündigt werden. Allerdings stellt die Rechtsprechung an eine krankheitsbedingte Kündigung hohe Anforderungen. Zu unterscheiden ist zwischen einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen und der Kündigung wegen lang andauernder Arbeitsunfähigkeit. Nach Ihren Schilderungen liegen bei Ihnen wohl häufigere Kurzerkrankungen vor. Nach Ausspruch der Kündigung würde das Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eine genaue Aufstellung Ihrer Krankheitsdaten der vergangenen Jahre verlangen, um sich ein Bild über Ihre Fehlzeiten zu machen.

Anschließend wird vom Gericht geprüft, ob bei Ihnen eine negative Gesundheitsprognose besteht, wobei man hierfür den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung betrachtet. Ist Ihr behandelnder Arzt der Auffassung, dass sich Ihr Gesundheitszustand zukünftig verbessern wird, wäre es sinnvoll, wenn Sie in dem Gerichtsverfahren ein entsprechendes Attest vorlegen würden. In der Regel wird das Gericht zu dieser Frage aber auch ein ärztliches Sachverständigengutachten einholen. Liegt eine negative Gesundheitsprognose vor, wird geprüft, ob es hierdurch zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bei Ihrem Arbeitgeber kommt. Dabei spielen die anfallenden Entgeltfortzahlungskosten des Arbeitgebers eine wichtige Rolle.

Abschließend nimmt das Gericht eine Interessenabwägung vor, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise noch hingenommen werden müssen oder nicht. Ob eine krankheitsbedingte Kündigung Ihres Arbeitgebers berechtigt wäre oder nicht, hängt also im Wesentlichen von Ihren krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit ab und ob für Sie eine negative Gesundheitsprognose besteht.

Unsere Autorin Silke Grage ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Im Internet unter www.ra-grage.de