Wer einen Fachtitel veröffentlicht, steigert sein Renommee. Sagen etablierte Verlage Nein, publiziert man ihn selbst

Der Autor eines Sachbuchs wird in der Öffentlichkeit als Experte wahrgenommen. Gerade Selbstständige sind deshalb häufig an der Veröffentlichung interessiert, um die eigene Karriere zu befeuern, sagte Ulrike Scheuermann, Trainerin für wissenschaftliches Schreiben, vor wenigen Tagen auf der Bildungsmesse Didacta. Doch sie weiß auch: Die Auswahlkriterien der großen Verlage sind streng – häufig bleibt als Alternative nur, im Selbstverlag zu publizieren. In einer Umfrage des Infoportals selfpublisherbibel.de sagten im vergangenen Jahr 30 Prozent der 508 Teilnehmer, sie hätten keinen Verlag gefunden. Also veröffentlichen sie ihre Werke selbst: zum Beispiel bei BoD, tredition, Epubli, Xinxii, Bookrix, Create Space oder Lulu.

Doch es gibt auch andere Motive. „Besonders wenn man ein Thema schnell auf den Markt bringen will, ist das über Selfpublishing leichter möglich“, sagt der Journalist Markus Albers. Diese Erfahrung hat er selbst gemacht. Das erste Buch des Redners zum Thema Arbeitswelt erschien im Campus Verlag („Morgen komm ich später rein: Für mehr Freiheit in der Festanstellung“). Sein zweites „Meconomy – wie wir in Zukunft leben und arbeiten werden“ veröffentlichte er über die Berliner Selfpublishing-Plattform Epubli. Gegen den klassischen Verlag entschied er sich, weil der ihm zu schwerfällig war. „Die wollten den Titel um ein ganzes Jahr schieben. So lange wollte ich das Thema nicht liegen lassen.“

Diesen Vorteil hebt auch Sönke Schulz, Geschäftsführer des 2006 gegründeten Hamburger Selfpublishing-Dienstleisters tredition, hervor: „Anders als viele traditionelle Verlage mit ihren zwei Programmen pro Jahr denken wir nicht in Halbjahresschritten, sondern legen Wert darauf, jedem Autor zu jeder Zeit die Veröffentlichung eines Buchs zu ermöglichen.“

Eine Autorin wird zwei Jahre nach ihrem Buch noch zu Talkshows eingeladen

Schnell zu reagieren kann gerade dann sinnvoll sein, wenn man mit dem Buch auf einen aktuellen Trend aufspringen will. „Das bei tredition erschienene Mobbingbuch ‚Tatort Schule‘ von Sylvia Hamacher zum Beispiel traf 2012 einen Nerv. Die Autorin wird bis heute in Talkshows und der Presse zum Thema interviewt und gab bereits einen Nachfolgeband heraus“, erzählt Sönke Schulz.

Interessant ist Self-Publishing auch wegen der besseren Margen. Beim gedruckten Buch bleiben zum Beispiel bei Books on demand (BoD), der ältesten Plattform auf dem deutschen Markt, 20 Prozent des Nettoverkaufspreises beim Verfasser. Wird das Werk als E-Book veröffentlicht, sogar 50 Prozent. „Das ist im Vergleich zu klassischen Verlagen, wo dem Autor oft nur fünf Prozent bleiben, sehr gut“, sagt BoD-Geschäftsführer Florian Geuppert. Nennenswert Geld verdienen können jedoch nur die Wenigsten, wie die Studie der Self-Publisher-Bibel zeigt. Die Hälfte der Befragten gab an, mit ihren Büchern weniger als 50 Euro im Monat zu verdienen. Lediglich vier Prozent nehmen mehr als 2000 Euro monatlich ein.

Rein technisch ist Selfpublishing übrigens eine relativ einfach Sache. Oft bieten die Selfpublishing-Plattformen den vollen Service an: Vom Hochladen der Manuskript-Datei über Hilfe bei der Preisgestaltung bis zur Vergabe der für den Vertrieb so wichtigen ISBN-Nummer – damit das Werk auch über jeden Buchladen vor Ort und Buchhandelsportale im Internet bezogen werden kann. Auch für Hilfe bei Lektorat oder der Covergestaltung sorgen die Selfpublishing-Anbieter, im eigenen Haus oder durch externe Dienstleister.

Die Angebote und Preise der Online-Verlage sind allerdings sehr unterschiedlich. Manche publizieren kostenlos, bei anderen zahlt man ein- bis zweihundert Euro. Wie überall gilt: das Kleingedruckte lesen. Teils kommen später noch Kosten hinzu, die beim Lockangebot nicht genannt wurden, teils sind die Leistungen der Anbieter, was zum Beispiel Vertragslaufzeiten, Lektorat oder Hilfe bei der Pressearbeit angeht, sehr unterschiedlich.

Bekannt zu werden ist für 41 Prozent Motivation fürs Bücherschreiben

Für Experten unterschiedlichster Fachgebiete ist die Buchveröffentlichung eine Chance, Bekanntheit und Renommee zu steigern, glaubt Sönke Schulz von tredition. Viele Autoren, die an der Umfrage der Self-Publisher- Bibel teilnahmen, denken das auch. Auf die Frage „Warum veröffentlichen Sie?“ klickten 41 Prozent an: „Um bekannt zu werden.“ Am Selbstverlegen schätzen sie, dass ihnen so alle Freiheiten in der Gestaltung bleiben (61 %) und sie Kontrolle über ihre Bücher behalten (54%).

Doch ist das Selbstverlegen wirklich gut für die Karriere? Besser als nichts ist es auf jeden Fall. Nur in der Wissenschaft habe Selfpublishing nicht so einen guten Ruf, erklärt der Autor Gerald Mackenthun, der einen Ratgeber zum Thema geschrieben hat. Bei einem etablierten Fachverlag gebe es eine strenge Auswahl, es werde auf die Qualität des Manuskripts und den Namen des Autors geachtet. Bei den Eigenverlagsplattformen sei das nicht der Fall. „Wenn man etwas selbst herausgibt, könnte das auch heißen, kein guter Verlag hat sich dafür interessiert.“ Karriereberater Jürgen Hesse beurteilt die neuen Publikationskanäle ebenfalls skeptisch. „Die Wertschätzung, das Image, ist nicht vergleichbar mit einem Buch, das in einem renommierten Verlag erscheint.“ Aber das könne sich in den nächsten Jahren noch ändern.

www.selfpublisherbibel.de