Wie karrierebewusste Mitarbeiter einen Draht zu ihrer Führungskraft bekommen, ohne gleich als Einschleimer zu gelten. Wer es schafft, den Chef für sich einzunehmen, macht Karriere.

Unfähig, ahnungslos, eitel – Chefs können ziemlich daneben sein. Oder sie sind kompetent, aber im persönlichen Umgang schwierig. Kurzum: Gründe, den Vorgesetzten nicht zu mögen, gibt es viele. Wollen Mitarbeiter Karriere machen, müssen sie sich aber auch mit solchen Führungspersonen arrangieren. Doch wie bekommt man einen guten Draht zu seinem Vorgesetzten?

Laut der Quickborner Mediatorin und Karriereberaterin Birgit Christiansen können die Gründe für Probleme mit dem Vorgesetzten auf zwei Ebenen liegen: der fachlichen und der persönlichen. „Auf der fachlichen Ebene ist der Chef weisungsbefugt“, sagt sie. Da bleibt Mitarbeitern bei Konflikten im Zweifel nur, die Anordnung von oben auszuführen. Auf der persönlichen Ebene sind Führungsperson und Angestellter dagegen auf Augenhöhe. Wer es schafft, den Chef für sich einzunehmen, macht Karriere.

Entscheidend für ein gutes Verhältnis ist, dass der Chef seinen Mitarbeiter mag. „Sachargumente können Sie vergessen“, sagt Karriereberater Volker Kitz. Doch Sympathie ist schwer zu steuern. Entweder zwei Personen mögen sich oder nicht. Ist also alles verloren, wenn die gegenseitige Sympathie fehlt? So schlimm ist die Lage nicht, sagt Kitz. Sympathie lässt sich zur Not auch erarbeiten. Und zwar mit folgendem Trick: Jeder Mensch hat Bedürfnisse – kennen Mitarbeiter die ihres Chefs und gelingt es ihnen, diese zu erfüllen, wird er sie sympathisch finden.

Pluspunkte lassen sich beim Boss meist auf ganz einfache Art und Weise sammeln. Dafür müssen Mitarbeiter ihren Vorgesetzten nur genau studieren. „Achten Sie einfach einmal auf ein paar Formalien“, rät Karriereberaterin Cornelia Topf. Ist der Chef überpünktlich oder hält er penibel Ordnung auf dem Schreibtisch? Wer auf seine Vorlieben Rücksicht nimmt, hat oft schon einen Stein im Brett.

Befördert wird, wer auch gern Pannfisch isst – nicht, wer mehr leistet

Was einem unbekannt ist, verursacht Stress im Gehirn. Darum mag jeder Mensch einen anderen lieber, wenn er ihm vertraut erscheint, auch ein Chef. Mancher Mitarbeiter hat nun aber das Problem, dass der Vorgesetzte ein anderes Alter, ein anderes Geschlecht und auch noch andere Interessen hat. Ähnlichkeiten liegen also auf den ersten Blick nicht auf der Hand. In so einem Fall müssen Angestellte eben länger suchen. „Sind Sie beide Brillenträger, kommen aus dem selben Bundesland, haben eine schräge Schwiegermutter? Jeder hat mit jedem etwas gemein“, sagt Psychologe Kitz. Jede noch so banale Ähnlichkeit ist zur Not hilfreich – und sollte betont werden. Denn befördert werden die, die genauso gerne Pannfisch essen – nicht die, die mehr Leistung bringen.

Kommen Mitarbeiter über die Ähnlichkeiten jedoch nicht so recht weiter, können sie sich mit dem Chef noch auf einem anderen Weg vertraut machen. Sie suchen einfach möglichst oft den Kontakt zu ihm. Denn Studien haben gezeigt, dass wir Menschen sympathischer finden, je öfter wir sie sehen. Kitz rät deshalb, jedes noch so kleine Meeting mit dem Chef mitzunehmen.

Dem Vorgesetzten etwas Nettes zu sagen bedeutet nicht zu schleimen

Vorgesetzte sind übrigens auch nur Menschen. „Jeder mag es doch, etwas Nettes zu hören“, sagt der Psychologe. Mit einem Kompliment können Mitarbeiter beim Chef also immer punkten. Andere mögen so etwas als Schleimen betrachten. Doch das sei Ansichtssache. In sozialen Netzwerken drückten Mitarbeiter mit dem „Gefällt mir“-Button ständig ihre Zustimmung aus, ohne dass dies als Schleimen bewertet würde. Wer in der Realität dem Boss etwas Nettes sagt, mache nichts anderes, findet Kitz.

Karriereberaterin Topf rät dazu, private Themen anzusprechen, um den Draht zum Chef zu vertiefen. Dabei sollten Mitarbeiter Vorgesetzte aber nicht mit Katastrophen im Privatleben behelligen. „Man sollte unbedingt nur Positives von sich erzählen.“ Kein Chef hat Lust, sich die privaten Probleme der Angestellten anzuhören.

Wer im Alltag häufig kurz davorsteht, mit dem Chef einen Streit anzufangen, sollte versuchen, die betreffende Situation zu analysieren. Geht es immer um ein bestimmtes Thema? Machen einen immer dieselben Äußerungen wütend? Treten Diskrepanzen immer im selben Raum auf? Das helfe, den Konflikt konstruktiv zu lösen – statt ihn eskalieren zu lassen. Dabei sollten sich Mitarbeiter auch einmal an die eigene Nase fassen: „Viele sehen das Problem immer erst beim Chef. Man muss aber auch fragen: Was liegt an mir?“, sagt Birgit Christiansen.

Ist das Verhältnis jedoch ernsthaft gestört, können Mitarbeiter um ein Gespräch bitten und Probleme ansprechen. Das birgt aber die Gefahr, dass sich die Lage verschlimmert. Wer sich dafür entscheidet, sollte sich in jedem Fall eine Verhaltensregel einprägen: „Keine Du-Botschaften, sondern Ich-Botschaften senden“, sagt Christiansen. Es kommt beim Gegenüber besser an, wenn man ihm keine Vorwürfe macht, sondern sich in seiner Aussage auf das eigene Empfinden konzentriert und etwas sagt wie „Mir gefällt nicht, dass ...“.