Karrierewege: In Brasilien geboren, in den Niederlanden gearbeitet, seit Langem in Hamburg zu Hause: Personalvermittler Bernhard von Treuenfels

Globalisierung war eine prägende Erfahrung im Leben des Bernhard von Treuenfels, lange bevor das Wort Eingang in die Umgangssprache fand. Die Begegnung, Vermengung, Synthese von Einflüssen aus vielen Ländern, die Entstehung einer weltumspannenden Wirtschaft erlebte er von Kindheit an, in seiner beruflichen Karriere ganz besonders.

Sein Lebensweg klingt abenteuerlich: geboren in Brasilien als Kind deutscher Auswanderer, Studien in São Paulo und in Fontainebleau, schon in jungen Jahren Führungsaufgaben bei international agierenden Konzernen, die Gründung des eigenen Unternehmens in Hamburg während des Booms der New Economy, Expansion in einem Jahrzehnt, in dem auf eine Wirtschaftskrise sehr bald die nächste folgte.

"Gut möglich, dass das Unternehmen in einigen Jahren schon wieder völlig anders aussieht", sagt von Treuenfels, 60, in einem Konferenzraum seiner Firma TreuenFels im traditionsreichen Slomanhaus am Vorsetzen. Den ständigen Zwang und Drang zur Anpassung beschreibt er völlig gelassen. Veränderung empfindet er als inspirierend. Wohl auch deshalb, weil er sich im Beruf schon längst nicht mehr von anderen treiben lässt.

Seine Erfahrungen als Manager, die er von den 1970ern bis Ende der 1990er-Jahre sammelte, machte er zum Fundament seiner Selbstständigkeit. TreuenFels vermittelt Fachkräfte für Finanzmanagement und Rechnungswesen. Eigene und freie Mitarbeiter leisten in einem weiteren Geschäftszweig Zeitarbeit in Finanz- und Controllingabteilungen von Unternehmen, sie bearbeiten dort befristete und festgelegte Projekte. Gut 40 Menschen beschäftigt von Treuenfels dazu an den Standorten Hamburg und Berlin. Das Unternehmen TriFinance mit Sitz unter anderem in Düsseldorf, an dem von Treuenfels beteiligt ist, betreibt international Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung vor allem in den Finanzressorts von Unternehmen.

Seinen Zugang zur Wirtschafts- und Unternehmenswelt hat sich von Treuenfels immer am liebsten auf dem Weg über Finanzen und strategische Planungen erschlossen. "Es ist faszinierend, die Geschichte eines Unternehmens in den Bilanzen zu lesen wie in einem Buch", sagt er. Nach einer ersten Station beim deutsch-niederländischen Stahlunternehmen Hösch-Hoogovens wechselte er 1980 zu Beiersdorf nach Hamburg. Dort gab es ein für diese Zeit bereits modernes Controlling der Unternehmensfinanzen, und von Treuenfels baute es in verschiedenen Funktionen bis zum Jahr 1989 weiter mit aus. "Damals begann der Trend, aus Produktmarken eigene Tochtergesellschaften zu formen", erzählt er über die Zeit, als die Beiersdorf-Klassiker Nivea, Tesa und HansaPlast zu eigenen unternehmerischen Einheiten gemacht wurden.

Das operative Tagesgeschäft war zuvor nicht seine Leidenschaft. Doch dort fand er sich wieder, als er 1989 zum niederländischen Einzelhandels- und Dienstleistungskonzern Vendex wechselte und als Manager in seine Heimat Brasilien zurückkam. Als Vorstandsvorsitzender einer Landesgesellschaft sanierte er eine Kaufhauskette. "Das Unternehmen hing am seidenen Faden. Ich war für 15.000 Mitarbeiter zuständig. Im Alter von 38 bis 40 Jahren war das bereits der Höhepunkt in meinem Arbeitsleben als Angestellter. Danach hatte ich keine Ambitionen, so etwas noch einmal zu machen." Von 1992 bis 1998 arbeitete von Treuenfels für Vendex in Deutschland und trieb vor allem das Geschäft mit der damals hierzulande noch neuartigen Zeitarbeit voran.

Mit einem reichhaltigen Schatz beruflicher Erfahrungen und persönlicher Kontakte gründete er 1999 TreuenFels. "Wenn wir am Sonnabend eine Anzeige für die Vermittlung einer Fachkraft in der Zeitung hatten, standen am Montag die Telefone in der Firma nicht mehr still", erzählt er. Die Boomphase der New Economy, in der alle Grenzen zu fallen schienen, auch die der Vernunft, machte von Treuenfels den Start in die Selbstständigkeit leichter. Das Geschäft lief fast wie von selbst.

Schon nach wenigen Jahren platzten die Träume und die Spekulationsblasen dieser neuen Wirtschaft mit all ihren Fantastereien und Finanzjongleuren. Die Firma TreuenFels aber gibt es noch immer. Das ist wesentlich der Professionalität ihres Gründers zu verdanken, der im steten Wandel immer auch die Chance sieht. "Nach dem Ende der New Economy und den fast zeitgleichen Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 ging der Markt wesentlich rapider zurück als auf dem Höhepunkt der Welt-Finanzmarktkrise 2008", sagt er. "Wir haben die Strukturen des Unternehmens immer schlank und flexibel gehalten. Und wir haben gut gewirtschaftet. Wir sind von keiner Bank abhängig. Der Grundsatz der Solidität steht bei uns an erster Stelle."

Das Thema Zeitarbeit hat von Treuenfels immer fasziniert, längst ist es ein Kern seines Geschäfts. Zwar arbeitet er vornehmlich mit hoch qualifizierten Fachkräften in einer engen Nische des Marktes. Das Prinzip, fest angestellte Zeitarbeiter in wechselnden Unternehmen arbeiten zu lassen, verteidigt er aber grundsätzlich. "Die Zeitarbeit als ein flexibles, ausgleichendes Element ist ein Segen für den Arbeitsmarkt", sagt er. "Die Niederländer, von denen ich sehr viel über Zeitarbeit gelernt habe, gehen damit sehr viel offener und pragmatischer um als die Menschen in Deutschland."

Fluktuation im eigenen Unternehmen nimmt er nicht nur in Kauf, er fördert sie durch die wechselnden Einsätze seiner Leute sogar. "Wir entwickeln unsere Mitarbeiter durch die verschiedenen Aufgabenstellungen in befristeten Projekten ja permanent weiter. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn sie ihren beruflichen Chancen folgen und unser Haus auch wieder verlassen."

Obwohl er den philosophischen Grundsatz "alles fließt" im Beruf praktiziert, ist von Treuenfels umgeben von starken Konstanten - vor allem von seiner Familie und der Stadt Hamburg. Seit 1980 lebt er mit seiner Frau, die ebenfalls in Brasilien aufgewachsen ist und mit der er drei Kinder hat, fast durchgehend in der Hansestadt. Während seiner Zeit bei Vendex in Brasilien pendelte er zwischen den Kontinenten.

Seit seiner Schulausbildung in den 1960er-Jahren war er viel in der Welt herumgekommen. Von Treuenfels besuchte als deutscher Exot aus Brasilien ein Internat im niedersächsischen Holzminden. Ihre Lehr- und Wanderjahre setzten er und seine Frau mit dem Studium und dem Start ins Berufsleben fort. "Doch dann wollten wir keine Nomaden mehr sein, sondern heimisch werden", sagt von Treuenfels. Ein Weltbürger zu sein ist leichter, wenn man immer weiß, wo die eigene Heimat ist.