Abendblatt startet die neue Reihe “WeiterkommenVorträge“: Frische Impulse für die Karriere gibt Gedächtniscoach Markus Hofmann

Unser Gehirn verkümmert. Weil uns digitale Medien geistige Arbeit abnehmen. Was wir früher einfach mit dem Kopf gemacht haben, wird heute von Computern, Smartphones und Navis erledigt. Der Gehirnforscher Manfred Spitzer warnt daher vor digitaler Demenz. Seine Botschaft: Wenn wir unsere Hirnarbeit auslagern, lässt das Gedächtnis nach. Nervenzellen sterben ab, und nachwachsende Zellen überleben nicht, weil sie nicht gebraucht werden. Spitzer polarisiert, natürlich auch um sein Buch zu diesem Thema medienwirksam zu vermarkten, doch stimmt seine These?

"Ja, in dem Punkt hat Spitzer recht", sagt der Gedächtnistrainer Markus Hofmann. "Wie viele Telefonnummern können Sie heute noch auswendig? Und wie viele Telefonnummern hatten Sie vor zehn oder 20 Jahren im Kopf, als Sie nicht alle Nummern im Handy abgespeichert hatten?"

Wir nutzen heute viele Hilfsmittel wie Handy, Internet und Navigationsgeräte. "Damit lagern wir Wissen und somit Gehirnleistung nach außen aus", erklärt Hofmann. Wir wissen, wo wir sie finden, aber die Informationen selbst speichern wir nicht mehr aktiv ab und vernetzen damit auch keine Gehirnzellen mehr. "Wenn es mir nicht gelingt, ein Grundraster an Wissen anzulegen, fällt es mir schwer, Transferwissen herzustellen."

Hofmann begreift unser Gehirn, dieses Wunderwerk von zwei Händen voll gallertartiger, walnussförmiger Masse, als Muskel, den man trainieren müsse. Dabei sei wichtig, abwechslungsreiche Lernimpulse zu setzen. "Wenn jemand zum Beispiel nur Sudoku spielt, dann wird er zwar in Sudoku super, aber die anderen Bereiche des Gehirns fördert er damit nicht." Das sei so, als ob man im Fitnessstudio immer nur den rechten Bizeps trainiere. "Der wird zwar richtig gut, aber der Rest des Körpers erschlafft", sagt der 37-Jährige. Deshalb sei entscheidend beim Gehirnjogging, Farbe in die grauen Zellen zu bringen, um wieder geistig flexibel zu werden.

Wie man sein Hirn ganzheitlich auf Trab bringt, das zeigt Hofmann am 27. März an der Universität Hamburg. Er eröffnet die neue Reihe "WeiterkommenVorträge", die vom Hamburger Abendblatt und dem Institut für Weiterbildung veranstaltet wird. "Vorsprung durch Wissen - In jedem Kopf steckt ein Superhirn!" heißt der 90-minütige Vortrag. Und wer Markus Hofmann schon einmal erlebt hat, weiß, dass er mitreißendes Infotainment auf die Bühne bringt.

Hofmanns Versprechen: "Jeder, der will, kann Gedächtnis-Profi werden und seine Gehirnleistung verbessern." Hofmann zeigt wirksame Lern- und Merktechniken, die jeder sofort umsetzen kann. Wer das anschließend drei Wochen lang trainiert, wird sich Namen und Gesichter, Zahlen und Fakten leichter merken. Auch eine freie Rede oder ein Vortrag sind kein Problem mehr, wenn das Gedächtnis mit ein paar Tricks aktiviert wird.

Dass es funktioniert, hat Hofmann in Hunderten von Seminaren und bei der ZDF-Show "Wetten, dass..?" bewiesen. 2005 erkannte die damals elfjährige Julia Reichert anhand der Muster der Kilts mühelos den jeweiligen Namen von 100 verschiedenen Schotten-Clans. Hofmann hatte mit dem Mädchen vorher nur zwei mal zwei Stunden lang trainiert. Doch was genau hat er Julia vermittelt?

"Der einfache Zaubertrick heißt Mnemotechnik", verrät Hofmann. Dieses sperrige Wort stammt aus dem Altgriechischen und leitet sich von "mneme" (Gedächtnis, Erinnerung) und "techne" (Kunst) ab. Zur Mnemotechnik gehören neben einfachen Merkhilfen wie der berühmten Eselsbrücke auch komplexe Systeme, mit denen man umfassende Lerninhalte wie vielstellige Zahlen, Tausende Vokabeln, unzählige Namen oder auch eine Rede behalten kann.

Im Grunde genommen werden dabei die linke (logische) und die rechte (emotionale) Hirnhälfte miteinander vernetzt. Hirnforscher haben nachgewiesen, dass Faktenwissen erheblich leichter zu merken ist, wenn es ausdrücklich mit emotional geladenen Geschichten und damit Bildern verbunden wird.

Die elfjährige Julia dachte sich Geschichten aus, die die Namen der Clans mit den Mustern auf den Kilts verbanden. "Der Cockburn-Clan etwa hat ein Muster, bei dem ein heller roter Punkt entsteht, wo sich zwei Linien kreuzen. Das ist die Herdplatte, an der ein Koch (engl. cook) steht. Unachtsam langt er mit seiner Hand auf die heiße Platte und verbrennt (engl. burn) sich die Finger. Das Ergebnis ist Cockburn", erläutert Hofmann. Auch mit seinem Hamburger Publikum wird er solche Gedächtnistricks ganz praktisch und mit verblüffenden Ergebnissen einüben.