Wut ist im Beruf ein schlechter Berater. Diplom-Psychologin Elke Overdick erklärt, wie man störende Gefühle in den Griff bekommt.

Hamburg. Ein Kollege, der immer wieder Termine verschludert. Oder Kunden, die maßlose Forderungen stellen. Es gibt im Berufsleben unzählige Situationen, die einen ärgerlich oder wütend machen. Auch ängstlich: wenn die Präsentation in der Chef-Etage bevorsteht, zum Beispiel. "Wer seine Gefühle nicht im Griff hat, dem können dadurch enorme Nachteile entstehen", sagt Diplom-Psychologin Elke Overdick, Inhaberin von Overdick Coaching und Training. "Zum Beispiel, wenn sich jemand immer wieder Wutausbrüche leistet oder den Kollegen gegenüber ungehalten wird." Auch Führungskräfte betrifft das: "Wer sich nicht traut, seinen Mitarbeitern Feedback zu geben, erfüllt seine Aufgabe nicht richtig."

Scham, Trauer, Abneigung - im beruflichen Kontext können viele Gefühle stören. Doch Wut und Angst sind laut Elke Overdick die häufigsten ungebetenen Emotionen im Job. Sie berichtet von einem erfolgreichen Verkaufsleiter, der für seine Vorträge immer wieder gelobt wurde. "Niemand merkte, dass er eigentlich große Hemmungen hatte, vor Publikum zu sprechen." Solche Situationen seien eine große Quelle von selbst gemachtem Stress, sagt Overdick.

Doch dem Stress, seine negativen Gefühle bestmöglich zu unterdrücken, müsse man sich nicht aussetzen, sagt die Psychologin. Der gesündere Weg sei, seine Gefühle zu verändern. "Die meisten Menschen sind sich allerdings gar nicht bewusst, dass sie das können." Als Beispiel dafür, dass man sich für Emotionen entscheiden kann, führt Elke Overdick ein Fußballspiel zwischen dem HSV und St. Pauli an.

"Wenn ein Tor fällt, freuen sich die einen Fans, die anderen ärgern sich. Der Torschuss an sich kann aber nicht bestimmen, wie sich der Zuschauer fühlt. Erst durch die Bewertung der Situation kommt Freude oder Ärger auf." Entsprechend stimme ein Satz wie "Meiers Verhalten ärgert mich" eigentlich nicht: "Ich ärgere mich über Meiers Verhalten", sei die richtige Formulierung.

Schritt eins in der Neubewertung der eigenen Gefühle: Denkfallen erkennen. "Eine Denkfalle ist zum Beispiel ein rigides Regelwerk, das ich im Kopf habe", sagt die Psychologin. "Wenn ich glaube, etwas muss unbedingt so und nicht anders sein." Dabei werde es immer Personen geben, die sich nicht so verhalten, wie man selbst es erwartet. Auch Katastrophendenken gehört zu den typischen Fallen. "Wenn mir das Projekt misslingt, werde ich bestimmt gekündigt und lande unter der Brücke." Ebenso Selbstabwertung: "Ich bin zu blöd, ich schaffe das sowieso nicht."

Der Weg aus dem Dilemma: sich stattdessen gute Gedanken machen. "Gute Gedanken haben die Eigenschaft, realistisch und hilfreich zu sein", sagt Overdick. Wer ein Katastrophenszenario vor sich sieht, überlegt also, wie wahrscheinlich dessen Eintritt tatsächlich ist und macht sich bewusst, dass negative Gedanken ihm in der Situation nicht weiterhelfen. "Natürlich funktioniert das nicht von heute auf morgen, das braucht Übung, und es wird immer wieder Rückschläge geben."

Die Psychologin regt an, sich einen positiven Satz zurechtzulegen, an den man sich erinnert, wenn Emotionen hochkochen. "Irgendwann sind die Gedankenalternativen so fest verankert, wie ehemals die negativen Gedanken." Wer etwa immer wieder ins Mussdenken verfällt - "Das muss man doch so machen, warum macht der Meier das nicht so?" -, könnte dem diesen Satz entgegenstellen: "Keiner muss, jeder entscheidet selbst." Oder: "Er ist eben anders, ich akzeptiere das." Die Gefühle der Situation oder Person gegenüber entstehen erst durch meine Gedanken oder inneren Bilder, sagt Elke Overdick.