Karrierewege: Aus Liebe zur Sprache wurde Michaela Hummel Redakteurin. Heute ist sie Chefin der Hamburger Produktionsfirma DocLights

Schon als Kind musste sich Michaela Hummel mit Sprachen beschäftigen: Sie wuchs in München auf, und die Lehrer an ihrer Grundschule pochten auf Hochdeutsch. Sie wollten den Kindern der sogenannten Isarpreußen, den Münchener Städtern, das Bayerische austreiben und ihnen die Hochsprache beibringen. Später am Gymnasium verbrachte Michaela Hummel ihre Tage gern mit dem Schreibheft - immer auf der Suche nach der besten Formulierung. "Ich hatte kein Problem damit, stundenlang an Sätzen zu feilen", erinnert sie sich und lächelt. Die Liebe zur Sprache brachte die Münchnerin schnell auf ihren Traumberuf: Journalistin wollte sie werden.

Die Eltern hatten nichts dagegen, denn auch der Vater liebte das Spiel mit den Worten. In seiner Freizeit schrieb er Mundart-Gedichte, einige schafften es sogar bis in die Lokalzeitungen. Mit den offenbar richtigen Genen ausgestattet, stürzte sich die Tochter begeistert ins Studium der vergleichenden Literaturwissenschaften. Dazu nahm sie das Fach Amerikanistik - ihr Traumland USA im Blick, wo der ältere Bruder schon seit Hippie-Zeiten im sonnigen Kalifornien lebte.

Bereits mit Anfang 20, als Praktikantin bei einem Fernsehsender in San Francisco, genoss Michaela Hummel den besonderen Reiz ihres Berufs: "Wir wollten Dealer filmen, die Drogen an Kinder verkauften und fuhren mit der Polizei zu der Schule, wo die Übergabe stattfinden sollte", erinnert sich die Journalistin. "Der Adrenalinschub, das Gefühl, unbedingt an eine Story zu kommen und dranzubleiben, hat mich schon damals fasziniert." Bis heute hat Michaela Hummel vieler solcher Geschichten erlebt, die unter die Haut gehen: Sie produzierte drei Monate lang in Namibia, schlief auf dem roten afrikanischen Boden, tourte für Focus TV durch Indien, Europa und die USA, berichtete über das aktuelle Weltgeschehen.

Wie Jahre zuvor ihr Bruder verließ auch Michaela Hummel ihre Heimat in den Bergen, nicht ganz so weit, aber immerhin: Sie ging von München, nach Stationen bei der Journalistenschule und bei TV-Produktionsfirmen, nach Hamburg. "Ich musste mir erst mal abgewöhnen, jeden mit Bussi zu begrüßen", sagt sie lachend über die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gepflogenheiten in Nord und Süd. Die Distanziertheit der Hamburger liege ihr aber, die Stadt auch, betont sie. "Hamburg ist lässig, München glamourös", sagt die Bayerin. Ihr Lieblingsort in der Hansestadt ist der Hafen. Dort verbringt sie jede freie Minute, Schiffe gucken. "Das ist für einen Bergbewohner der Hit, und es entspannt einfach wunderbar", sagt Hummel.

Die Süddeutsche kam im Norden auch beruflich bestens klar: Heute arbeitet sie als Geschäftsführerin bei DocLights, einem Gemeinschaftsunternehmen von der Studio Hamburg Produktion Gruppe und ZDF Enterprises. Das Medienunternehmen Studio Hamburg ist mit seinen Standorten in der Hansestadt, in Berlin-Adlershof und Babelsberg in Brandenburg sowie einer hochmodernen Flotte an Übertragungswagen nach eigenen Angaben Marktführer als technischer Dienstleister in der Film- und Fernsehbranche. Dort entstehen beispielsweise Telenovelas, Publikums-Shows und Daily Soaps. Die Gruppe beschäftigt mehr als 800 feste Mitarbeiter.

Michaela Hummel verantwortet in der Tochterfirma DocLights Formate wie zum Beispiel die Hagenbeck-Serie "Leopard, Seebär & Co" für die ARD, Reisedokumentationen mit Markus Lanz für das ZDF oder die Handwerker-Serie "Von Meisterhand" für den NDR. Sie stellt für die Projekte die Teams aus Autoren, Kameraleuten und Sprechern zusammen, organisiert Regie, Ton und Schnitt.

Wenn Michaela Hummel ein neues Format erarbeitet hat, geht sie darüber hinaus in die Verhandlungen mit den Sendern, um von ihnen Angebote einzuholen. Dabei ist Fingerspitzengefühl, aber auch Durchsetzungskraft gefragt: Bei umfangreichen Serien kann es bei den Verhandlungen schon einmal um Millionenbeträge gehen, welche die Sender an das Studio Hamburg für die Produktionen zahlen.

Michaela Hummel ist damit sowohl für den Inhalt als auch die Finanzen ihrer TV-Produktionen verantwortlich. DocLights hat 13 fest angestellte Mitarbeiter, dazu kommen zuweilen Dutzende Beschäftigte, die für Projekte eingekauft werden. "Ich arbeite sehr gerne im Team", sagt die Managerin.

Dass ihre Berufswahl auf den Journalismus gefallen ist, hat die Frau mit den blond-braunen Haaren nie bereut: "Ich würde mich immer wieder so entscheiden", sagt sie. Man komme an Orte und sehe Dinge, die andere Menschen nie erlebten, und gewinne dabei immer neue Eindrücke. Die Drehs in Afrika, aber auch die Geburt eines Elefantenbabys bei Hagenbeck, seien unvergessliche Erlebnisse, sagt Hummel, die sie ohne ihren Job wohl nie erlebt hätte.

Auch privat hat Hamburg ihr einiges an Glück gebracht: Die 44-Jährige lebt in einer "sehr glücklichen Beziehung mit einem echten Hamburger" zusammen. Ihr Partner akzeptiere, dass sie bis zu 60 Stunden in der Woche arbeite und rund um die Uhr erreichbar sein muss. Das Finanzielle sei dabei niemals ihre Motivation gewesen, sagt Hummel. Auch nicht ein Streben nach Status. Sie motiviere vielmehr die Befriedigung, Ziele und Ideen erfolgreich umzusetzen.

Kinder haben sich nie ergeben, sagt Michaela Hummel. "Es wäre schwierig gewesen, bei dem Beruf." Ansonsten ist die Fernsehmacherin aber überzeugt, dass Frauen heute alle Chancen haben auf ihrem Weg zum Traumberuf. "Die jungen Frauen müssen sich heute keine Gedanken mehr darüber machen, ob sie irgendetwas nicht können oder dass andere so denken."

Geplant hat Michaela Hummel ihre Karriere nie. "Ich habe nicht mit 18 Jahren gesagt, dass ich später einmal als Produzentin beim Fernsehen arbeiten will." Anfangs habe sie den Print-Journalismus ins Visier genommen, arbeitete unter anderem für die "Süddeutsche". Doch dann hätten sich beim Fernsehen mehr Chancen ergeben.

"Ich hatte immer Spaß am Beruf, es gehört aber auch einiges an Zähigkeit, Hingabe und Begeisterung dazu", sagt die TV-Expertin. Und eben viel Arbeit. In der wenigen Freizeit, die sie hat, nutzt Hummel gern das breite kulturelle Angebot in Hamburg und spannt bei Konzerten oder im Theater aus.

Ihr nächstes Projekt wird der TV-Produzentin übrigens wieder einmal reichlich Gelegenheit bieten, ihren Horizont zu erweitern: Für 2013 plant sie eine Dokumentation über Flüchtlinge und Asylpolitik. Einblicke in fremde Welten inklusive.