Karrierewege: Marion Milius baute eines der größten privat betriebenen Physiotherapiezentren Hamburgs auf. Sie beschäftigt 28 Mitarbeiter

Sie war ein kreatives Kind, machte viel Sport, war neugierig und wusste, was sie wollte. Das kommt Marion Milius auch heute noch zugute: in ihrer eigenen Praxis, dem Physiotherapeutenteam Blankenese. Die 47-Jährige führt eine 28-köpfige Mannschaft und hat damit wohl eine der größten privat betriebenen Physiotherapiepraxen in Hamburg aufgebaut.

Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Therapie von Kindern. Zu früh geborene Babys, Kinder mit Koordinierungs- und Haltungsproblemen oder Schwierigkeiten beim Schlucken und Trinken werden von Marion Milius und ihren Mitarbeitern betreut. Meist haben die Kinder schwere Beeinträchtigungen. Sie kommen aus Hamburg und dem gesamten Umland in Milius' Praxis.

Seinen Sitz hat das Unternehmen in den ehemaligen Räumen des Finanzamts Blankenese. Dort führt das Team von Milius rund 27 000 Behandlungen pro Jahr durch. Auch Erwachsene steuern das auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Physiotherapie-Zentrum an, etwa nach einem Schlaganfall.

Der Weg zum eigenen Unternehmen war für Marion Milius lang. Nach dem Abitur machte die junge Frau, die in Frankfurt am Main aufwuchs, ein freiwilliges soziales Jahr in einem anthroposophischen Seniorenheim. Danach, im Jahr 1984, ging sie nach New York, und betreute ein Jahr lang das Kind einer Kunstagentin. "Da habe ich die New Yorker Kunstszene kennengelernt", sagt Milius. "Ich war fasziniert und liebe diese Stadt seitdem sehr." Anschließend kam sie zurück nach Deutschland und schrieb sich an der Universität Köln ein. Sie studierte das Fach Fotoingenieurwissenschaft.

Doch die leidenschaftliche Fotografin stellte schnell fest, dass das Studium ihr zu technisch war und außerdem nicht passend für ihr Ziel, Kamerafrau zu werden. Also begann sie damit, ihren anderen, "schon immer" gehegten Berufwunsch zu realisieren: Physiotherapeutin werden.

Vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg kam die erste Bewerbungsantwort, eine Zusage. Marion Milius machte sich also auf den Weg in Richtung Elbe. "Als ich in der Kinderneurologie eingesetzt wurde, merkte ich, dass dies genau das Richtige für mich war", sagt sie heute. Es folgten ein Jahr in der neurologischen Rehabilitation im Hamburger Albertinenhaus und mehrere Praktika im kinderneurologischen Bereich. Ihren Lebensunterhalt finanzierte Milius damals über Nachtdienste. "Zehn lehrreiche Jahre arbeitete ich im Hamburger Sozialpädiatrischen Zentrum Doktor Flehmig und behandelte Kinder mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen", sagt sie. "Ein Jahr davon war ich sogar in Paris tätig."

Vor zwölf Jahren machte sich die Physiotherapeutin dann selbstständig. Sie gründete in Blankenese eine Praxisgemeinschaft mit zwei Kolleginnen. Im Jahr 2005 wurden dem Dreier-Gespann die Praxisräume gekündigt. Es musste eine neue Praxis im gleichen Stadtteil gesucht werden, um die kleinen und großen Patienten, die das Team bis dahin gewonnen hatte, weiterbehandeln zu können.

Nach Trennung von Geschäftspartnern musste ein neues Nutzungskonzept her

Schließlich fanden sich geeignete, zentral gelegene und zudem noch barrierefreie Räume mit 340 Quadratmetern. Marion Milius zog mit zwei Geschäftspartnerinnen ein. Nachdem sich das Trio 2009 trennte, blieb Milius in der Praxis mit ihren neun Behandlungsräumen und entwickelte ein neues Nutzungskonzept. "Ich nahm einen Kredit auf, renovierte die Räume komplett und stattete sie mit vielen Therapieeinbauten aus. Meine Mitarbeiter und ich investierten sehr viel Zeit und Liebe, auch in die Details in der Praxis."

Das sei heute leicht gesagt, resümiert Milius. Doch hinter diesem Plan habe ein harter Kampf mit den Geld gebenden Banken gestanden, erinnert sie sich. Die Furcht, dass die Kosten ihr über den Kopf wachsen könnten, nagte damals genauso an ihr wie die Ungewissheit, ob überhaupt genug Patienten in die Praxis kommen würden. "Ich konnte in dieser Zeit nachts kaum noch schlafen", sagt Marion Milius.

Doch ihr Plan war erfolgreich. Milius hat es geschafft: Sie hat eine moderne, sehr auf die Patienten und Eltern ausgerichtete Praxis aufgebaut. Zusätzlich zu den speziell auf Kinder zugeschnittenen Räumen, hat sie Behandlungszimmer für die Erwachsenen-Therapie eingerichtet, und sie verfügt über ein vielfältiges Angebot an Trainingsgeräten, wie zum Beispiel den Galileo-Vibrationstrainer. Durch natürliche, gleichmäßige, aber schnelle Bewegung können damit miteinander verbundene Muskelgruppen physiologisch aktiviert werden.

Die Praxis ist derzeit so stark gebucht, dass Marion Milius weitere Mitarbeiter sucht. Sie sollen vor allem an den Sonnabenden die kleinen Patienten betreuen. "Die neuen Kollegen sollen über spezielle Fortbildungen verfügen und zu uns ins Team passen", charakterisiert die Chefin, was Bewerber für sie interessant macht.

Weil Milius ihre Patienten auch gern begleitend zur Physiotherapie unterstützt, holt sie regelmäßig Teams von Hilfsmittelfirmen in die Praxis. Gemeinsam mit Kind, Eltern und Therapeuten, manchmal auch Ärzten, sucht sie dann nach der richtigen Unterstützung für jeden Patienten. "Mir bedeutet es viel, wenn ich sehe, wie die Kinder durch Therapien Fortschritte machen", sagt sie. "Schön ist es, wenn dies neben dem Kind auch die Eltern erkennen."

Großes Gewicht legt Milius darum auf die Anleitung und Beratung der Mütter und Väter. So habe sie mit ihrem Team zum Beispiel Übungskarten für die ganz kleinen Patienten entwickelt. "Die heißen dann zum Beispiel 'Prinzessin und Raubtier' und haben die Fußmotorik des Kindes im Visier." Auf der Rückseite des Fotos sind die genaue Anleitung und die Zielsetzung der Übung für die Eltern beschrieben.

Aber auch jugendlichen und erwachsenen Patienten gibt Milius Hilfestellung über die Therapie hinaus. Für sie gibt es auf der Internetseite der Praxis Übungsanleitungen zum Herunterladen. Außerdem wurden verschiedene Beratungsbroschüren erstellt, von der Anleitung zum Halten eines Säuglings bis hin zum Kinderschuhkauf. Für Kinder mit Schluck- und Trinkbeschwerden hat die Unternehmerin eine ergonomisch auf die Kleinen zugeschnittene Küche eingerichtet.

Marion Milius ist überzeugt, dass sie mit ihrer Arbeit sie viel bewegen kann. "Aber auch das Engagement der Eltern und ihre Bereitschaft, alles zu geben, sind für die Entwicklung der Kinder sehr wichtig. Und glücklicherweise sehe ich das in meiner Praxis sehr oft."