Was Personalmanager verbessern können, um intern und extern gute Arbeit zu leisten, erklärt Experte Christoph Beck im Abendblatt-Interview.

Arbeitgeber müssen umdenken. Wer zukünftig erstklassiges Personal beschäftigen möchte, sollte wissen, wo es zu finden ist und wie es angesprochen werden will. Christoph Beck, Professor an der Hochschule Koblenz, über Personal-Recruiting 2.0.

Hamburger Abendblatt: Herr Professor Beck, wie wollen sich junge Jobsucher heute bewerben?

Christoph Beck: Junge Profis wollen sich auf dem Kanal bewerben, den sie für angemessen halten. Für die Kreativ-Berufe reicht dies von der klassischen - wenn auch durchgestylten - Bewerbungsmappe bis zum eigenen Bewerber-Video, während andere den konventionellen Kanal der E-Mail-Bewerbung bevorzugen und wiederum andere ein Telefongespräch für angemessen erachten. Alles unter der Voraussetzung, dass Unternehmen alle Bewerbungskanäle auch zulassen, und zwar von der Bierdeckel-Bewerbung bis zum komplett ausgefüllten digitalen Formular.

Haben sich denn auch Mittelständler inzwischen schon auf diese Bedürfnisse eingestellt?

Beck: Ja, viele mittelständische Unternehmen lassen sowohl die E-Mail- und die Online-Formular-Bewerbung zu als auch die traditionelle Bewerbungsmappe oder auch den interessierten Anruf sowie die Ansprache auf einer Messe. Das heißt, der Mittelstand ist, was die Bewerbungskanäle angeht, wesentlich flexibler als mancher Großkonzern, da dort keine fünf- oder sechsstelligen Bewerbungseingänge pro Jahr zu bewältigen sind.

Sie haben in Ihren Veröffentlichungen wiederholt darauf hingewiesen, dass es in Personalabteilungen eine Kluft zwischen Eigenbild und Fremdbild gibt. Wie sieht diese Kluft aus? Hat sich da etwas getan?

Beck: Nicht wirklich. Das Fremdbild von HR-Abteilungen hat sicherlich noch viel Luft nach oben.

Was meinen Sie konkret damit?

Beck: Eigen- und Fremdbild weichen teilweise mit mehr als 30 Prozent gravierend voneinander ab. So stimmen nur 34 Prozent der Mitarbeiter der Aussage zu, dass die Dienstleistungen der Personalabteilung den Bedarf ihrer Abteilung treffen, während dieser Aussage immerhin 65 Prozent der Personaler zustimmen. Ähnlich verhält es sich bei der Einschätzung, wie viel Kenntnis die Personalabteilung über Mitarbeiterbedürfnisse hat. So geben 68 Prozent der Personaler an, dass sie die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter kennen, während die Zustimmungsquote durch die Betroffenen selbst gerade einmal 32 Prozent beträgt.

Was muss passieren, damit sich Selbst- und Fremdbild angleichen?

Beck: Zunächst sollte man erkennen, dass Personalmanagement eine hochkomplexe strategische und operative Aufgabe ist, die nicht jeder machen kann - auch nicht oder gerade nicht auf Vorstandsebene, das heißt auf oberster Entscheidungsebene. Personalmanagement muss sich aber auch selbst positionieren, Zukunftsthemen sowie Themen besetzen, die Mitarbeiter und die Geschäftsleitung interessieren und sie auch voranbringen. Als dann gilt es, die Human-Resources-Produkte und Dienstleistungen zu managen und ganz stark am Bedarf auszurichten. Und: Personalmanagement muss im Unternehmen sichtbar werden und nicht abgekapselt im Stillen Gutes tun.

Was sind die gröbsten Fehler, die Firmen machen können?

Beck: Erstens: die Ignoranz von Initiativ-Bewerbungen. Zweitens: die Fehleinschätzung der Bewerbersituation - zumindest bei den guten Bewerbern. Drittens: eine lange Reaktionszeit, weil nicht das beste Unternehmen, sondern das schnellste Unternehmen die besten Bewerber bekommt. Und viertens: zielgruppenferne Recruiter. Kein Berufsanfänger sollte federführend den Auswahlprozess für einen erfahrenen IT-Spezialisten durchführen.

Zur Person

Christoph Beck, 50, ist seit 2000 Professor an der University of Applied Sciences in Koblenz. Im Fachbereich Betriebswirtschaft lehrt er "Human Resource Management".

An der Helmut-Schmidt-Uni in Hamburg hat Beck Wirtschafts- und Organisationswissenschaften studiert und promoviert. Danach war er u. a. als Leiter Unternehmensentwicklung und Personal sowie als Personalberater tätig.

Im Personalmarketing und Recruiting gilt Beck als einer der führenden Experten Deutschlands.

Der Fachbuchautor ("Personalmarketing 2.0: Vom Employer Branding zum Recruiting", Luchterhand) hat zahlreiche Veröffentlichungen und Studien aufzuweisen.