Persönlichkleitstests und Co.: Karrieretrainer Claus Peter Müller-Thurau erklärt, wie Bewerber sich auf spezielle Prüfungen vorbereiten können.

Vorher üben und dann alles nicht so wichtig nehmen - auf diese Art stehen Bewerber psychologische Testverfahren am besten durch.

Hamburger Abendblatt:

Wer sich bewirbt, den lassen Unternehmen oft Psychotests absolvieren. Auf welche muss man gefasst sein?

Claus Peter Müller-Thurau:

Es gibt zwei Formen von psychologischen Testverfahren. Die einen zielen auf das Leistungsvermögen der Bewerberinnen und Bewerber ab. Da geht es zum Beispiel um den Intelligenzquotienten, Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistung oder Sprachkompetenz. Die anderen sind die Persönlichkeitstests. Der berühmteste ist der PF-16. PF steht für Personality-Factors. Damit werden 16 Persönlichkeitsfaktoren gemessen, zum Beispiel soziale Kompetenz, Dominanz oder emotionale Stabilität.

Gibt es Untersuchungen, inwieweit gutes Abschneiden in den Tests und beruflicher Erfolg zusammenfällt?

Müller-Thurau:

Ja. Und sie sagen aus, dass der Zusammenhang äußerst gering ist. Das gilt besonders für die Leistungstests. Denn die können Teilnehmer üben. Wer nicht übt, schneidet schlechter ab. Persönlichkeitstest wiederum sind durchschaubar. Wenn Sie der Aussage "Ich schlafe abends schlecht ein und grüble viel" zustimmen, wird Ihnen gleich neurotisches Verhalten unterstellt. Das weiß jeder. Also wird man natürlich dieser Aussage zustimmen: Ich kann abends gut einschlafen und wache morgens topfit auf.

Warum setzen Unternehmen dann überhaupt Psychotests ein?

Müller-Thurau:

Das hat mit der Angst der Personalentscheider zu tun, Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich mir einen Bewerber persönlich anschaue und versuche, mir einen Reim auf seine Persönlichkeit und seine Leistungsfähigkeit zu machen und sage, "Ja, den nehme ich" - dann halte ich meinen Kopf für die Entscheidung hin. Bei einem Psychotest kann ich sagen: Ich verstehe nicht, warum er keine Leistung bringt, die Tests haben alle gute Ergebnisse gezeigt.

Die Tests werden aber mit einem Bewerbungsgespräch abgesichert.

Müller-Thurau:

Ja, es wäre verantwortungslos, sich völlig auf Tests zu verlassen. Sie können bestenfalls eine Ergänzung sein. Gut geeignet sind sie aber zum Beispiel als Aufhänger für das anschließende Interview.

Das heißt, wenn ich im Persönlichkeitstest etwas angebe, von dem ich glaube, dass es beeindruckend ist, muss ich darauf gefasst sein, da wird nachgehakt.

Müller-Thurau:

Natürlich. Wenn der Persönlichkeitstest ergibt, dass jemand ein Ausbund an kommunikativer Kompetenz ist, und nachher kriegt er im Gespräch keinen unfallfreien Satz hin, dann zeigt sich ein Widerspruch, und dann hat derjenige ein Problem. Ich warne davor, jemand sein zu wollen, der man nicht ist. Das fliegt irgendwann auf.

Wer bekommt die Tests vorgelegt?

Müller-Thurau:

Jeder, der sich bewirbt, muss mit einem Psychotest rechnen, ganz besonders aber Auszubildende, Kandidaten für ein duales Studium und Hochschulabsolventen.

Ihre Tipps für die Vorbereitung?

Müller-Thurau:

Üben. Im Internet gibt es haufenweise Testbeispiele. Und dann dürfen sich Bewerber nicht voller Ehrfurcht auf den Prüfstand begeben, denn aufgrund dieser defensiven und demütigen Haltung würden sie nur miserable Ergebnisse erzielen. Jeder sollte sich bewusst machen, dass diese Tests nicht das messen, was sie vorgeben. So misst ein Intelligenztest nicht unbedingt Intelligenz, sondern wie gut jemand vorbereitet ist. Außerdem sind die Resultate nicht zuverlässig. Morgen muss nicht das Gleiche bei meinem Test herauskommen wie heute. Es gibt keine Instrumente der Menschenkenntnis, die so funktionieren wie ein Tachometer. Mein wichtigster Tipp heißt also: die Bedeutung niedriger hängen! So geht man gelassener an die Tests heran.

Gibt es weitere Hürden, vor denen Sie Bewerber warnen?

Müller-Thurau:

Ja. Bewerber sollten wissen, dass bei Leistungstests großer Zeitdruck aufgebaut wird. Sie können innerhalb der vorgegebenen Zeit gar nicht alle Aufgaben schaffen. Wenn man das weiß, dann muss man auch nicht aufgeregt sein, wenn die Zeit drängt und man von 20 Aufgaben erst zwölf fertig hat. Außerdem sind in Persönlichkeitstests sogenannte Lügentests eingebaut, meistens so zehn von 200 Testfragen. Wer die Aussage "Ich habe noch nie die Unwahrheit gesagt", bejaht, kriegt einen Lügenpunkt. Denn das entspricht nicht der Lebenserfahrung. Da muss man ein bisschen aufpassen, um nicht in die Falle zu tappen.