Claudia Leske, Ex-Chefin des Karstadt-Flaggschiffes, hat sich mit ihrer Selbstständigkeit als Coach einen lang gehegten Traum erfüllt.

Hamburg. Irgendwann fehlte ein neuer Kick. Nach 28 Jahren beim Warenhauskonzern Karstadt hatte Claudia Leske alles erreicht, was ihr Freude machte. Sechs Jahre war sie Geschäftsführerin des Hamburger Alsterhauses, davor arbeitete sie zwei Jahre als Leiterin eines Projektes zur Optimierung der Kundenorientierung im Mutterkonzern in Essen. "Obwohl mir die Arbeit großen Spaß machte, hatte ich irgendwann das Gefühl, nichts Neues mehr lernen zu können", sagt die 49-Jährige. Dieses Gefühl kam bei ihr bereits in den 90er-Jahren auf, doch es sollte einige Zeit dauern, ehe Leske daraus Konsequenzen zog. Erst ab 1999 suchte sich die Managerin neue Herausforderungen.

In ihrer Freizeit absolvierte sie diverse Ausbildungen, darunter zum Beispiel Coaching, Wirtschaftsmediation, Change Management, Organisationsberatung sowie eine Trainerausbildung. Ihr Ziel: die erworbenen Fähigkeiten später einmal zum Beruf zu machen. Doch der Weg dahin war weit, wohl auch, weil Karstadt der talentierten Mitarbeiterin immer wieder neue Chancen bot. So auch 2001, als ihr der Konzern die Führung des Hamburger Kaufhauses an der Binnenalster anbot.

"Das Alsterhaus zu übernehmen, war schon immer mein Traum", sagt Leske und strahlt. "Ich sollte das Flaggschiff des Konzerns in der Hansestadt zu seinen früheren Stärken zurückführen. Zu einem solchen Angebot sagt man nicht Nein." Claudia Leske nahm die neue Herausforderung an. Gegen Widerstände im Konzern erreichte sie, dass das inzwischen etwas verstaubte Kaufhaus renoviert wurde. Karstadt gab die Gelder dafür frei.

Leske verhalf dem Haus zu altem Glanz, holte neue Premium-Marken in das Kaufhaus, arbeitete mit den Mitarbeitern an einem gemeinsamen "Alsterhaus-Spirit" und hatte Erfolg. Auch heute noch zählt das Alsterhaus zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Niederlassungen des Warenhaus-Konzerns. "Dieser Erfolg wäre ohne die zahlreichen Mitarbeiter, die sich auch persönlich sehr engagiert haben, nicht möglich gewesen. An diese Zusammenarbeit denke noch heute mit viel Freude zurück", sagt Claudia Leske.

Doch irgendwann war das Hamburger Kaufhaus für die Zukunft aufgestellt. Leske wurde unruhig und suchte wieder eine neue Herausforderung. Diese ließ nicht lange auf sich warten. 2006 sprach sie nach einem Seminar, das sie gehalten hatte, der Personalentwickler einer Düsseldorfer Bank an. "Er fragte, ob ich die Führungskräfteausbildung des Instituts übernehmen wolle. Ich war begeistert." Claudia Leske nahm Urlaub und fuhr nach Düsseldorf. Die letzte Hürde für den Schritt in die Selbstständigkeit war genommen. Die Unternehmensberaterin hatte ihren ersten Kunden und kündigte 2007 bei Karstadt. Auch heute arbeitet sie noch für die Bank aus Nordrhein-Westfalen wie inzwischen für viele andere Firmen aller Branchen und Größen.

Mittlerweile hat sie in ihrer "Akademie für Führung im Wandel" ein Netzwerk aus mehreren Coaches und Trainern um sich versammelt. Außer mit dem Changemanagement beschäftigt sich die Beraterin vorwiegend mit Führungskräften, die relativ neu im Job sind. "Oft werden Mitarbeiter auf diese Positionen gesetzt, weil sie zuvor aufgrund ihrer Fach- und Spezialkenntnisse aufgefallen sind und erfolgreich waren. Aber es wird zu wenig geprüft, ob sie auch für die neue Aufgabe als Führungskraft geeignet sind", sagt Leske.

Ein hervorragender Finanzfachmann oder Ingenieur müsse nicht unbedingt ein gutes Händchen in der Personalführung haben. "Am Ende kann es dazu kommen, dass dem Unternehmen das Know-how eines guten Mitarbeiters verloren geht, der seiner neuen Position nicht gewachsen ist." Der volkswirtschaftliche Schaden durch solche Fehlbesetzungen ist hoch. Wenn Mitarbeiter nach einem Chefwechsel nicht mehr so motiviert sind wie vorher, ist letztendlich außer den demotivierten Menschen das betreffende Unternehmen der Leidtragende.

"Man kann Führung lernen, wenn gewisse Anlagen vorhanden sind", sagt Claudia Leske. "Mein Ziel ist es, eine besonders intensive und nachhaltige Persönlichkeitsausbildung anzubieten, um zu erreichen, dass wir in Deutschland Führung als Beruf sehen und nicht als eine Tätigkeit, die man irgendwie nebenbei erledigen kann. Ich habe das in meinen 24 Jahren als Führungskraft gelernt." Leske geht es in ihren Seminaren insbesondere darum, die Anforderungen der Unternehmen stärker zu berücksichtigen. "Führung muss in der Praxis wirksam werden, nicht nur im Seminar. Für eine effektive Ausbildung benötigen wir das Feedback von Mitarbeitern und Vorgesetzten über die Führungsleistung des neuen Chefs, um dann konkret an den Fähigkeiten und Einstellungen zu arbeiten, die benötigt werden."

Im kommenden Jahr will sie eine solche Ausbildung für neue Führungskräfte anbieten. Die Grundidee steht bereits: Es sollen Seminarreihen mit acht Terminen werden, die sich über zwei Jahre erstrecken. "Führung braucht Zeit, und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass eine Ausbildung in einer festen Gruppe und mit einer Referentin, die die Teilnehmer begleitet, eine ganz andere Persönlichkeitsentwicklung ist, als mehrere einzelne Seminare", sagt die gebürtige Kielerin.

Claudia Leske hat ihr neues Konzept selbst entwickelt, aber so einfach losrennen will sie nicht. Deshalb plant sie für den Herbst dieses Jahres in Hamburg einen kleinen Kongress mit rund zehn Personalentwicklern aus ganz Deutschland. Sie sollen ihr Projekt begutachten, ihre eigenen Erfahrungen einbringen und damit auch die neue Ausbildung optimieren. Leskes Motivation: Sie will ihr ganzes Leben lang lernen, Stillstand gibt es bei ihr nicht. "Wenn du in einem Fach ein Meister bist, musst du in einem anderen wieder zum Schüler werden", lautet ihr Motto. Und das will sie auch ihren Kunden nahebringen.

Nach dem Ausstieg bei Karstadt hat die Beraterin, die auch einzelne Personen in beruflichen Fragen coacht, ihren Wohnsitz von Hamburg ins nahe Jesteburg verlegt. Dort, auf dem Land, genießt sie die Ruhe. Dort kann Basha, ihre Rhodesian-Ridgeback-Hündin, auch besser herumtollen als in Hamburg. In der Hansestadt unterhält Leske weiterhin ein Büro, in dem sie ihre Coachings abhält und sich regelmäßig mit Geschäftspartnern trifft. "Ich habe es noch keinen Tag bereut, dass mein Leben vor fünf Jahren eine Wendung nahm", sagt sie. "Ich freue mich, dass ich mit Menschen an ihren Potenzialen arbeiten darf, sehen kann, wie sie sich entwickeln. Das ist der rote Faden in meinem Leben, als Führungskraft und auch jetzt als Trainerin."