Wer keine sechs Jahre auf einen Studienplatz warten will, muss seinen Traumberuf nicht gleich aufgeben. Privat-Uni, Ausland oder Bundeswehr machen es möglich.

Für viele ist der Arztberuf ein Traumjob. Nicht häufig erscheinen Tätigkeiten auf Anhieb so sinnvoll wie die des Mediziners: Ärzte machen Kranke wieder gesund. Was für einen erfüllenderen Beruf könnte es geben?

Doch der Traum vom Arztberuf erfüllt sich nur für wenige. "Wer derzeit einen Studienplatz in Medizin bekommen will, braucht im Abiturzeugnis eine ,Eins' vorm Komma", sagt Bernhard Scheer von der Stiftung für Hochschulzulassung (ehemals ZVS). Sonst müsse er sechs Jahre warten.

Derzeit ist das Vergabesystem so: 20 Prozent der Studienplätze werden über die Abiturnote vergeben. Hier lag der Numerus clausus im vergangenen Jahr zwischen 1,0 und 1,1. Weitere 20 Prozent der Studienplätze werden über die Wartezeit vergeben. Diese lag im vergangenen Jahr bei zwölf Semestern. Schließlich werden weitere 60 Prozent der Studienplätze über die Hochschulen selbst vergeben.

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An den Universitäten variieren die Vergabesysteme. Außer der Abiturnote gibt es dort zum Teil Bonuspunkte, beispielsweise für eine abgeschlossene Berufsausbildung oder für ein gutes Ergebnis im Medizinertest TMS. "Das Vergabesystem an den Universitäten ist bunt und unterschiedlich", sagt Bernhard Scheer. "Im Einzelfall mag da auch noch einmal ein Abiturzeugnis mit 1,9 zum gewünschten Studienplatz führen." Mit einer "Zwei" vor dem Komma beim Abiturzeugnis habe man in der Regel jedoch keine Chance mehr.

Wer dennoch unbedingt Arzt werden möchte, hat drei Optionen. Da ist zunächst die Möglichkeit, an der privaten Universität in Witten/Herdecke zu studieren. Die Hochschule im Ruhrgebiet ist die einzige Universität, deren Medizinplätze nicht über die Stiftung für Hochschulzulassung vergeben werden. "42 Studienplätze vergeben wir pro Jahr", sagt Petra Stammnitz vom Studierendensekretariat der Universität. Im vergangenen Jahr bewarben sich für die 42 Plätze 950 Abiturienten. Die Chancen, genommen zu werden, sind mit circa eins zu 23 also relativ klein.

Dafür hat man auch mit einem durchschnittlichen Abitur eine Chance. "Wir nehmen immer wieder auch Leute mit einem Abischnitt von 2,8", sagt Stammnitz. Wichtiger als die Schulnoten sind der Auswahlkommission in Witten/Herdecke die Motivation und Eignung der Bewerber für den Arztberuf. Die Ausbildung an der Privat-Uni ist jedoch teuer, rund 41 000 Euro.

Eine andere Möglichkeit ist, bei der Bundeswehr Medizin zu studieren. Die Hochschule der Bundeswehr hatte im vergangenen Jahr rund 250 Medizinstudienplätze zur Verfügung und darauf rund 1300 Bewerbungen bekommen. Die Chance, genommen zu werden, lag damit bei eins zu fünf.

+++Mehr Praxis im Medizinstudium+++

Ein Studium bei der Bundeswehr unterscheidet sich jedoch in vielerlei Hinsicht von einem regulären Studium. Wer sich dafür entscheidet, absolviert vor und nach dem Studium die militärische Ausbildung zum Offizier. Vor Aufnahme des Studiums verpflichtet man sich außerdem, mindestens 17 Jahre für die Bundeswehr zu arbeiten. Nach dem Studium sind mehrmonatige Auslandseinsätze - zurzeit zum Beispiel in Afghanistan - zu erwarten.

Dafür wird der Student aber auch vom ersten Monat an bezahlt. "Am Anfang sind es rund 1600 Euro netto", sagt Herbert Rühle von der Offizierbewerberprüfzentrale der Bundeswehr. Das Gehalt steigere sich dann bis zum Ende des Studiums auf bis zu 1900 Euro netto im Monat.

Das Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium als Sanitätsoffizieranwärter setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, wobei der Abischnitt eine große Rolle spielt. Bei guten Ergebnissen in den übrigen Testverfahren kann im Einzelfall eine Zulassung auch noch mit einem Abiturschnitt von 2,7 erlangt werden.

+++Mediziner üben im virtuellen Kreißsaal+++

Für wen ein Studium in Witten/Herdecke oder bei der Bundeswehr keine Alternative ist, der kann schließlich noch versuchen, einen Studienplatz im Ausland zu bekommen. Sehr populär ist zum Beispiel die Semmelweis-Universität in Budapest. Dort kann in deutscher Sprache Medizin studiert werden.

Der Abschluss sowie die Scheine werden problemlos in Deutschland anerkannt. Das Studium ist allerdings teuer. "70 000 Euro Studiengebühren kostet das komplette Medizinstudium in Ungarn", sagt Jörg Weidenhammer von der Asklepios Medical School in Hamburg, einer Außenstelle der Semmelweis-Universität Budapest.

Auch in Budapest ist es inzwischen jedoch schwierig, einen Studienplatz zu bekommen. "Wir hatten im letzten Jahr 230 Plätze in Budapest, auf die sich 1400 Menschen beworben haben", sagt Jörg Weidenhammer. Die Chancen, genommen zu werden, stehen damit ähnlich gut wie bei der Bundeswehr, nämlich bei eins zu sechs.