Personalchefs bevorzugen junge Bewerber. Was Karriere-Coach Svenja Hofert älteren Fachleuten rät.

Programmierer ab 45 finden in der IT-Branche schwerer einen Job als junge Mitbewerber. In welchen Bereichen sind ältere Experten noch gefragt?

Hamburger Abendblatt:

Sie beraten unter anderem ältere IT-Mitarbeiter bei der Suche nach einem neuen Job. Was ist der Hauptgrund für Entlassungen?

Svenja Hofert:

Grausam, aber wahr: Ältere ITler werden ausgetauscht. Jüngere Programmierer denken und arbeiten einfach schneller als ältere. Das ist eine physiologische Tatsache. Personalchefs wissen das und geben den Job eher an einen jungen Programmierer, der dann einige Jahre ein hohes Arbeitspensum und Kreativitäts-Niveau halten kann. Ein 50- oder 60-Jähriger schafft das meist nicht mehr, hat dafür aber andere Kompetenzen.

Wo ist denn das Wissen älterer Experten gefragt?

Hofert:

Für ältere ITler ist die Frage, in welcher Funktion sie tätig werden: als Projektleiter, Teamleiter, Entwickler, Systemarchitekt, Administrator oder Berater. Das sind die typischen IT-Rollen. Ausbildung spielt für einen erfahrenen ITler kaum mehr eine Rolle - Erfahrung geht über alles. Es braucht Kompetenz in einem bestimmten Thema. Diese baut man sich über fünf bis zehn Jahre auf.

Jeder bestimmt seinen Marktwert selbst?

Hofert:

Ja, und zwar indem er sich permanent weiterentwickelt. Er muss sich ganz bewusst seine Rolle oder Kompetenz-Nische in der IT-Branche suchen und vor allem immer sehen, wohin sich Trends entwickeln.

Ihr Tipp?

Hofert:

Ein ITler sollte sich am "T-Modell" orientieren. Der lange Strich des Ts steht für die Fach- und/oder Branchenkompetenz. Das Dach, der kleine Strich des Ts für ergänzende Fähigkeiten, zum Beispiel methodisches Wissen und persönliche Kompetenzen. Wer sein Profil ausbaut, sollte immer an den langen Strich und das Dach denken und sich fragen: Was fehlt mir noch, vor allem im Vergleich zu anderen? So kann jeder sehen, wo er steht, wo er sich persönlich weiterentwickeln muss, um für sein Unternehmen oder ein anderes als Mitarbeiter interessant zu sein.

Ein Beispiel?

Hofert:

Ein SAP-Mitarbeiter ist ja angedockt an bestimmte Themen-Bereiche, zum Beispiel dem Formular-Wesen, genannt "Forms". Hier muss er sein aktuelles Wissen hinterfragen und überlegen: Wohin geht der Trend in der Zukunft, was muss ich tun, um hier noch in zwei Jahren maßgeblich mitmischen zu können? Gerade in global agierenden Unternehmen kann er seine Management-Skills in gemischten Teams von Experten unterschiedlicher Altersstufen und Nationalitäten einsetzen. Hier sind ältere IT-Profis unverzichtbar, weil sie erfahren sind, Prozesse managen und Menschen führen können.

Permanente Weiterbildung schützt vor Jobverlust?

Hofert:

Genau. Und wegen der extrem hohen Innovationskraft der IT-Branche ist die ständige Weiterbildung hier von weit größerer Bedeutung als in den meisten anderen Berufen. Gleichzeitig ist sie teuer, aber die hohen Seminarkosten rechtfertigen dann auch die relativ hohen Gehälter. IT-Wissen veraltet sehr schnell. Wer mit seinem Wissen nicht mehr mithalten kann, muss sich neu orientieren.

Wie soll man seine persönliche Weiterbildungs-Strategie entwickeln?

Hofert:

Ich empfehle, sich mindestens einmal pro Jahr die eigene Ist-Situation vor Augen zu führen, sprich, zu überlegen, wo man fachlich und persönlich steht, auch im Verhältnis zu den Konkurrenten im Markt und sich dann zu fragen: Wo will ich hin, welche Weiterbildungsmaßnahmen muss ich dafür in Angriff nehmen. Hilfreich ist hier ein Blick auf die Datenbank "GULP". Anhand der Kompetenz-Profile und Projektbeschreibungen kann man gut erkennen, welche Qualifikationen gerade besonders gefragt sind.

Die Initiative IT 50plus des Branchenverbands Bitkom und der IG-Metall will erfahrene IT-Experten fördern und so den Fachkräftemangel bekämpfen.

Hofert:

Das ist sicher ein richtiger Ansatz. Doch meiner Erfahrung nach haben viele Unternehmen kein großes Interesse, den Marktwert ihrer Mitarbeiter und deren Employability etwa durch zertifizierte Weiterbildungsmaßnahmen zu steigern, schlicht aus Angst, sie könnten von der Konkurrenz abgeworben werden. In einigen Firmen beispielsweise arbeiten IT-Mitarbeiter seit Jahren schon mit veralteten Systemen, weil es für den Zweck gerade noch reicht. Wenn diese Mitarbeiter sich woanders bewerben, fehlt ihnen Wissen. Ich rate darum jedem, seine Qualifizierung aktiv selbst zu managen.