Die Wehrpflicht ist ausgesetzt und die Bundeswehr wirbt händeringend um Mitarbeiter. Ausbildungen gibt es für jeden Schulabgänger.

Berlin. Am 1. Juli ist die Wehrpflicht de facto abgeschafft worden. Durch die Wehrreform muss kein junger Mann mehr zur Bundeswehr. Außer er will es. Die Streitkräfte werden damit zu einem normalen Arbeitgeber, der um Kandidaten - und Kandidatinnen - werben muss. Das versucht der Bund gerade mit Plakaten, Infoveranstaltungen, Werbetouren durch Berufsschulen.Ebenso wie mit eindrucksvollen Geschichten: Markus Matthias Müller zum Beispiel kam zum ersten Mal auf die Bundeswehr zu, da war er erst 17 Jahre alt. Bis zum Abitur waren es noch zwei Jahre hin, doch Müller hatte seine Pläne für die Zukunft schon geschmiedet. Seitdem er ein kleines Kind ist, will er eigentlich nur eines: fliegen. "Und am schnellsten und höchsten kann man dies als Jetpilot bei der Bundeswehr", sagt Müller. Heute ist aus dem Schüler Müller Fähnrich Müller geworden. Er ist 20 Jahre alt und besucht die 9. Offiziersschule der Luftwaffe. Müller ist im zweiten Lehrjahr der Ausbildung zum Jetpiloten, im Monat verdient er 1500 Euro netto.

Soldat sein, der Beruf ist einem aus den Nachrichten vertraut. Oft sind die Neuigkeiten bitter - wenn Soldaten zum Beispiel beim Einsatz in Afghanistan sterben. Dennoch haben sich bislang jedes Jahr bis zu 20 000 junge Menschen für eine Karriere in der Bundeswehr entschieden. "In Zukunft werden wir wegen der Reform wohl weniger Menschen einstellen", sagt Birger Gädt, Wehrdienstberater bei den Streitkräften. Aber auch dann werde das Militär einer der größten Arbeitgeber in Deutschland bleiben. Fragt man Karriereberater Gädt, welche Möglichkeiten es dort für junge Leute gibt, lacht er erst einmal und sagt: "Alle." Die Bundeswehr kann Menschen mit jedem Schulabschluss brauchen. Es gibt sogar eine Laufbahn, die für junge Leute offen ist, die ohne Abschluss die Schule verlassen haben. Das ist die Mannschaftslaufbahn. Dann gibt es die Offizierslaufbahn für Abiturienten, die Unteroffizierslaufbahn für Bewerber mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und die Laufbahn zum Feldwebel, für die sich Menschen mit Ausbildung und dem Meistertitel bewerben können.

Fachlich können Jugendliche beim Bund so gut wie jeden Beruf erlernen - schließlich gibt es auch verschiedene Arbeitsbereiche: Luftwaffe, Heer, Marine, Sanitätsdienst und die Streitkräftebasis. Kurz: Von A wie Arzt bis Z wie Zweiradmechaniker können die Streitkräfte alle gebrauchen. Dementsprechend wird auch ausgebildet.

Jeden Bewerber nimmt das Militär allerdings nicht, schränkt Karriereberater Gädt ein. Die jungen Leute dürfen keine Vorstrafen haben und brauchen einen deutschen Pass. Sie müssen hinter der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen und den 17. Geburtstag gefeiert haben. Körperliche Fitness ist genauso Voraussetzung wie die Bereitschaft zu Auslandseinsätzen. Das Wichtigste aber: Die jungen Leute müssten Soldat sein können, sagt Gädt. "Man muss bereit sein, zu schießen."

Fähnrich Müller redet erst einmal nicht vom Schießen. Er erzählt vom Fliegen. Von "so schnell" und "so hoch", und von Flugzeugen, die von Hand, und nicht wie in der zivilen Luftfahrt vom Autopiloten, gesteuert werden. Seine Gedanken über Kriegseinsätze hat er sich trotzdem gemacht. Aber abschrecken tun sie ihn offenbar nicht.

Was er an der Bundeswehr als Arbeitgeber schätzt? Er mag, dass er einen zuverlässigen Arbeitgeber hat, der ihm klare Strukturen gibt. Er hat Freunde, deren Unternehmen während der Lehrzeit pleitegingen, und solche, die ihr zweites Studium abgebrochen haben.

Eine Rückkehr ins nicht-militärische Leben scheint nicht so schwierig. "Der Wechsel zum zivilen Arbeitgeber ist in der Regel kein Problem", sagt Clarissa Schmidt von der Agentur für Arbeit in Potsdam. Wer bei der Bundeswehr gelernt habe, gelte als gut ausgebildet. Es werde lediglich manchmal beklagt, dass die Ausbildung zu theorielastig gewesen sei.

Fähnrich Müller ist schon ziemlich viel herumgekommen. Und er denkt derzeit nicht über die Rückkehr ins Zivile nach. Er war schon für einen Marsch auf Sardinien und im "Überlebenstraining See". Einen Teil der Flugausbildung wird er in den USA absolvieren. Darauf freue er sich schon, sagt er. Bislang hat die Bundeswehr für ihn nur einen Nachteil: Sein Standort ist 330 Kilometer von zu Hause und seiner Freundin entfernt.