84 Prozent aller Präsentationen sind einschläfernd. Was dagegen hilft, erklärt Kommunikationstrainer Gerriet Danz

Hamburg. Kaum ein Meeting, keine Tagung kommt ohne PowerPoint aus. Fachleute gehen davon aus, dass 95 Prozent aller Präsentationen mit diesem Programm erstellt werden. Nach Schätzungen des Herstellers Microsoft entstehen täglich weltweit rund 30 Millionen Präsentationen damit. Was den Markt beherrscht, muss aber nicht zwingend gut sein. Der Hamburger Werbeprofi und Kommunikationstrainer Gerriet Danz, 45, hält PowerPoint für einen teuren Irrglauben.

Hamburger Abendblatt:

Jeder kennt die typischen Folienschleudern: Bei Vorträgen beglücken uns die Referenten gern mit mehreren Dutzend eng beschriebenen Seiten oder kleinteiligen Tabellen und Grafiken. Niemand mag es, alle machen es. Warum ist das so?

Gerriet Danz:

Weil es kaum andere Vorbilder gibt. Berufseinsteiger machen, was ihre Chefs machen, die machen, was sie bei ihren Chefs gesehen haben. Auch in den Schulen und Hochschulen werden die jungen Menschen bereits mit PowerPoint konfrontiert. Dadurch wird ihnen vermittelt, dass diese Form der Präsentation der verbindliche Standard sei.

Was Ihrer Meinung nach ein teurer Irrglaube ist ...

Danz:

Wenn nur 13 Prozent aller Präsentationen als "in Ordnung" eingestuft werden und sogar nur drei Prozent ein "Wow!" erhalten, muss ich hinterfragen, ob die gängige Praxis die richtige ist. Legt man eine Umfrage des "Wall Street Journals" unter Managern zugrunde, werden 84 Prozent aller Präsentationen an die Wand gebeamt - oder besser gefahren. Mit vollem Karacho. Das ist ein kommunikativer Crashtest mit Todesfolge. Tod durch Langeweile. Tod durch Gewöhnlichkeit. Tod durch Folienshow. Tod durch inhaltliche Überfrachtung. Das wird hierzulande nicht anders beurteilt als in den USA, davon bin ich überzeugt. Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden. Marktforscher müssten das wirklich mal ausrechnen: Stundensatz des Präsentators mal Vorbereitungsstunden plus Stundensatz der Zuschauer mal Anzahl der Personen im Publikum mal 84 Prozent der Präsentationen mal 365 Tage.

Was ist das Problem bei den üblichen PowerPoint-Präsentationen?

Danz:

Die meisten Präsentationen bestehen aus so vielen Charts wie möglich und stellen den Redner im Wortsinn in den Schatten. Wie die Motten blicken die Zuschauer nämlich immer ins Licht und lesen alle Informationen, die vorn auf der Leinwand erscheinen. Niemand blickt zum Redner. Wenn der dann auch nur den Text von seinen Folien abliest und sich womöglich noch ständig zur Projektionsfläche umdreht statt sich dem Publikum zuzuwenden, beachtet ihn niemand mehr. Die Aufmerksamkeit erlischt binnen weniger Minuten.

Wie geht es besser?

Danz:

Es gilt die Regel "Be different or die". Soll heißen: Dein Auftritt kann nur wirken und sich verankern, wenn du anders bist als alle anderen. Wir können dabei von der Werbung lernen. So wie erfolgreiche Kampagnen unseren Nerv treffen und sich nachhaltig in unserem Gehirn verankern, muss auch eine Präsentation begeistern. Fakten und Zahlen wirken nur, wenn wir sie auf neue, bisher ungesehene Art präsentieren.

Das heißt konkret?

Danz:

Entscheidend ist, dass wir Präsentationen emotional aufladen. Sonst kommen Informationen nicht an der Amygdala vorbei.

Woran, bitte?

Danz:

Die Amygdala, zu Deutsch Mandelkern, ist die Türsteherin Ihres Hirns. Sie entscheidet darüber, ob eine Information ins Hirn hineingelassen und dort abgespeichert wird oder nicht. Sie checkt, ob eine Information einen emotionalen Wert hat oder nicht. Was keinen emotionalen Wert hat, hat keine Chance, sich zu verankern. Und Emotionen entstehen, wenn wir ein Bild in den Köpfen entstehen lassen; nur dann wird eine abstrakte Information konkret, sichtbar, erlebbar und empfindbar. Sobald Sie also Bilder sprechen lassen, die Menschen sofort verstehen können, kommt Ihre Botschaft an. Wichtig ist deshalb, persönliche Geschichten und Beispiele zu erzählen. Präsentieren Sie nur das, was wichtig ist, um Ihre Kernbotschaft klarzumachen, und zwar knapp, überraschend und einprägsam. PowerPoint brauchen Sie nur, um originelle Bilder zu zeigen und allenfalls zwei, drei glasklare Grafiken.