Der Mentor bringt Kindern aus sozialen Brennpunkten das Arbeitsleben nahe.

Hamburger Abendblatt: Herr Amah, Sie engagieren sich ehrenamtlich in der Förderung von Schülern. Was treibt sie an?

William P. Amah: Ich arbeite als Mentor im Modellprojekt "WoW" - Wissen oder Was" beim Verein "Mehr Ausbildung rund um die Elbe - M.A.R.E." mit. Es geht darum, begabte Schüler in sozial schwächeren Stadtteilen zu fördern. Dienstagnachmittags betreue ich an der Gesamtschule Süderelbe Jugendliche zwischen 11 und 13 Jahren. Wenn sie in diesem Alter - zwischen Kind sein und erwachsen werden - nicht ihren Weg finden, stagniert ihre Entwicklung. Dann haben wir später 25-Jährige, die völlig resigniert sind. Beim Mentoring können wir den Jungendlichen Möglichkeiten in der Berufswelt aufzeigen.

Abendblatt: Übersieht man Talent nicht sehr leicht, wenn man es mit Schülern aus sozial schwierigen Stadtteilen zu tun hat?

Amah: Genau dagegen arbeiten wir an. Denn die Talente und Neigungen sind da! Und bei ganz vielen auch das Interesse an der Förderung: Die Schüler nehmen freiwillig an diesen zwei zusätzlichen Stunden teil. Aber zu den Talenten: Neulich sollten die Schüler etwas selbst Gebautes mitbringen. Ein Zwölfjähriger kam mit einem Schuhkarton, in den er einen kompletten Schaltkreis mit drei Signalen gebaut hatte - ganz allein hatte er das zuwege gebracht! Darauf muss man aufbauen.

Abendblatt: Was genau machen Sie in diesen Förderstunden mit den Schülern?

Amah: Ich selbst bin Unternehmensberater und arbeite im WoW-Projekt Technik mit einem Architekten und einer weiteren Mentorin zusammen. Die Schüler haben die verschiedensten Nationalitäten. Der Architekt bringt ihnen die Grundstruktur der Architektur nahe, räumliche Darstellung und so etwas. Ich versuche, ihnen etwas aus der Arbeitswelt zu vermitteln und spreche mit ihnen über Höflichkeit, Sprachgebrauch und gutes Auftreten. Wir sind bei Bedarf "Problemlöser", aber auch "Kummerkasten" für Eltern und Kinder.

Abendblatt: Was erreichen Sie bei den Jugendlichen?

Amah: Zunächst einmal wecken wir Interesse. Die Schüler sollen nicht plötzlich alle Architekten werden wollen. Aber vielleicht stellen sie fest, dass sie sich für Ingenieurwissenschaften interessieren, für Städteplanung oder Handwerksberufe. Das findet man am besten heraus, wenn man etwas ausprobiert. Jugendliche kennen viele Berufe einfach nicht. Mit unserer Unterstützung sehen sie ein bisschen mehr davon und erweitern ihre Entscheidungsmöglichkeiten.

Abendblatt: Hören ausländische Schüler besser auf Sie, weil Sie auch einen Migrationshintergrund haben?

Amah: Ob sie auf mich hören, ist eine andere Sache (lacht). Aber es ist leichter für sie, auf mich zuzugehen. Kinder sind neugierig. Und ich sage zu ihnen: Für mich war es auch nicht grundsätzlich einfach. Aber ich habe mich damals entschieden, etwas aus meinen Talenten zu machen. Und das kannst du auch. Was wir brauchen, sind Vorbilder in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Leute, die auch einen schlechten Start hatten und etwas aus ihren Chancen gemacht haben. Das hilft denen, die auf dem Sprung sind - wie meinem Zwölfjährigen aus dem WoW-Projekt, der zum ersten Mal ein Lasermessgerät in die Hand nimmt und mir mal eben das Raumvolumen ausmisst. So ein Talent muss man fördern. Denn mit einer gut durchdachten Nachwuchsförderung schließen sich in der Wirtschaft und Gesellschaft einige Lücken. Talent hat schließlich keine Hautfarbe und keinen Pass.