Carmen Schön über Motivation durch Statussymbole: Bei Mittdreißigern verändern sich die Werte, glaubt die Hamburger Juristin.

Abendblatt: Personalberater sagen gern "Für gute Leute gibt es immer gute Jobs - auch in der Krise". Gibt es auch noch gutes Gehalt dafür?

Carmen Schön:Pfiffige und gut ausgebildete Menschen werden auch in schwierigen Zeiten attraktive Jobs finden. Aber ob ihnen dafür auch immer ein adäquates Gehalt angeboten wird, bezweifle ich. Das hängt doch ganz stark von der Branche und dem eigenen Verhandlungsgeschick ab. Es gibt Branchen, in denen derzeit die Geldtöpfe verschlossen sind. Da können Sie noch so gut sein.

Abendblatt: Sie haben bei der damaligen Mobilcom AG als Justiziarin gearbeitet. Auch dort gab es Firmenwagen und Firmenhandys, dafür aber ein geringeres Grundgehalt. Existiert diese Praxis immer noch?

Schön:Ja, die gibt es noch. Es hängt von der Branche und vom Alter ab, ob Unternehmen Mitarbeiter damit locken können. Und von der Frage, für welche Motivatoren der Arbeitnehmer offen ist. Junge Menschen sind sehr oft empfänglicher für Statussymbole wie Firmenhandys, Firmenwagen und einen festen Stellplatz in der Tiefgarage. Viele lassen sich davon gern blenden, mehr als erfahrene Bewerber, deren Werte sich oft schon verändert haben und bei denen Statussymbole mittelfristig nicht ausreichen, sie an die Firma zu binden.

Abendblatt: Wie lange funktioniert diese Manipulation?

Schön: Je nach Statussymbol und gelebten Werten sehr lange bis lebenslang, denken Sie mal an den Wert von Eckbüros mit Aussicht, Titeln auf Visitenkarten oder die Position im Organigramm der Firma. Was aber speziell Handys und Autos betrifft, so hält der Reiz circa zwei bis vier Jahre. Dann muss der Arbeitgeber mehr bieten, weil der Mitarbeiter dann aus dieser Art, motiviert zu werden, herauswächst.

Abendblatt: Werden solche Anreizsysteme bewusst eingesetzt?

Schön: Natürlich, solche Unternehmen sind genau so aufgestellt: Es gibt wenig Gehalt, dafür aber ein paar schicke Dinge nebenher, die dem Mitarbeiter aber unterm Strich kein Geld bringen. Es herrscht eine Hire-and-Fire-Mentalität, die Leute werden durchgeschleust. Wer sich dieser Kultur verweigert, muss das Unternehmen verlassen.

Abendblatt: Das heißt doch auch, dass Unternehmen, die so ticken, vorzugsweise unter 40-Jährige beschäftigen?

Schön: Ja, es sind häufig sehr junge Unternehmen aus dem Hightech-Bereich, der Telekommunikation und der Medienbranche. Endzwanziger bis Mittdreißiger sind gern gesehene Kandidaten, aber wer dann nicht bald den Aufstieg in die Chefetage schafft, landet mit 40plus oft auf dem Abstellgleis. In solchen Firmen gibt es auch eklatante Unterschiede in der Gehaltsstruktur zwischen der ersten, zweiten und dritten Ebene.

Abendblatt: Nun ist Gehalt eine ganz wichtige Form der Anerkennung. Eine andere ist das Lob. Sie behaupten, manche Chefs würden auf der Klaviatur der emotionalen Grundbedürfnisse spielen - und damit die Frage nach Gehaltsplus und Aufstieg im Keim ersticken. Aber wenn ich ständig gelobt werde, kommt mir doch der Gedanke, dass ich auch mehr Geld für meine hervorragende Arbeit fordern kann, oder?

Schön: Sie haben recht, dass durch Anerkennung das Ego an Selbstbewusstsein gewinnt. Zum einen wird sich der Arbeitnehmer seines Wertes bewusster und dadurch auch mutiger, mehr Verantwortung und mehr Gehalt zu fordern. Zum anderen aber spüren Arbeitnehmer auch den Wert von Wertschätzung, sie begreifen eine positive Firmenkultur wie einen Gehaltsbestandteil. Interview: Mark Hübner-Weinhold

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