Marcus Vitt, Chef der 2009 siegreichen Donner Bank, über gute Personalarbeit.

Abendblatt: Die Conrad Hinrich Donner Bank hat Anfang des Jahres den Wettbewerb "Hamburgs bester Arbeitgeber" gewonnen. Sind sie 2010 wieder dabei?

Marcus Vitt: Ja, wir haben uns wieder angemeldet. Natürlich ist das für den Erstplatzierten eine besondere Herausforderung. Aber es geht uns nicht darum, unbedingt wieder Erster zu werden. Wir wollen Maßstäbe für die Banken-Branche setzen und uns selbst weiterentwickeln. Der Wettbewerb ist für uns eine Art Trainingsprogramm. Schon beim ersten Mal haben wir ihn als Selbst-Audit gesehen. Weil wir personell wachsen, wollten wir unsere Attraktivität als Arbeitgeber testen. Über die Internet-Befragung der Mitarbeiter bietet dieser Contest eine wunderbare Möglichkeit vollkommen anonym eine Rückkopplung zu bekommen.

Abendblatt: Und die fiel hervorragend aus - Sie haben sogar noch den Sonderpreis für besonderes Engagement Ihrer Mitarbeiter bekommen. Wie erreicht man das als Arbeitgeber?

Vitt: Indem man seine Mitarbeiter ernst nimmt und sie zum Mitgestalten aufruft. Das ist der Dreh- und Angelpunkt. Mitarbeiter wissen sehr viel darüber, wie ein Unternehmen funktioniert, was die Kunden wünschen, was gut ist, was schlecht. Man braucht in einer Privatbank keine zentrale Entscheidungsstelle, die den Mitarbeitern detailliert vorgibt, was in allen Bereichen zu tun ist. Mitarbeiter möchten Verantwortung tragen und können das auch. Man muss sie nur lassen.

Abendblatt: Welche Instrumente setzen Sie ein?

Vitt: Natürlich gibt es bei uns ein modernes Vorschlagswesen und Mitarbeiterbefragungen, was sehr nützlich ist. Aber eine klassische Personalpolitik, die es in vielen Unternehmen gibt - quasi nach Checklisten zu arbeiten und vom Betriebskindergarten bis zu schematischen Karriereplänen alles Mögliche anzubieten -, die führt in die Irre. Man muss sich auf die Menschen einstellen. Für den einen ist dieser Weg der richtige, für den nächsten ist ein anderer besser. Für uns ist das Entscheidende, ständig im Dialog mit unseren Mitarbeitern zu sein. Wenn wir Vorstände oder unsere Direktoren im Unternehmen unterwegs sind, dann schauen wir immer mal in die Büros und fragen, was es Neues gibt und wie es läuft. So kriegen wir wichtige Impulse für unsere Arbeit. Umgekehrt wissen die Mitarbeiter aber auch, dass sie uns ansprechen und Ideen einbringen können. Wir geben viel Freiheit und Verantwortung. Das nennen wir "Mitmach-Bank". Jeder kann seinen Neigungen und Erfahrungen entsprechend zusätzliche Rollen ins Unternehmen einbringen. Ich selbst engagiere mich zum Beispiel außer als Vorstand auch in der Rolle eines Impulsgebers im Marketing.

Abendblatt: Welchen Rat haben Sie für andere Arbeitgeber?

Vitt: Die Offenheit und Kommunikationsbereitschaft im Unternehmen muss authentisch sein. Es darf nicht so wirken, als wenn da ein Manager gerade mal in einem Karrierebuch etwas über Mitarbeitermotivation gelesen hat und das jetzt umzusetzen versucht. Außerdem rate ich von Schemata und Checklisten ab: Was fürs eine Unternehmen richtig ist, muss nicht zwangsläufig auch fürs andere richtig sein. Es muss spürbar sein, dass das Unternehmen es ernst meint mit der Mitarbeiterbeteiligung.

Abendblatt: Welche Auswirkungen hat das Siegel "Hamburgs bester Arbeitgeber" auf Ihr Personalrecruiting?

Vitt: Zuvor haben wir etwa 300 Bewerbungen im Jahr bekommen, seit der Auszeichnung erhalten wir zwölf am Tag, also gut zehnmal so viel. Hinzu kommt, dass die Bewerber auch besser zu uns passen. Denn jetzt sind einige darunter, die uns vor der Auszeichnung noch gar nicht so im Fokus hatten, sich aufgrund der entstandenen Öffentlichkeit nun aber explizit mit Donner beschäftigen. Dadurch haben wir Bewerber gesehen, die wir sonst nicht bekommen hätten. Dass wir trotz der aktuellen Wirtschaftskrise gut dastehen, hat uns aber natürlich auch geholfen.

Abendblatt: Glauben Sie, es fällt vielen Arbeitgebern in der aktuellen Krise schwer, sich einer Beurteilung durch die Mitarbeiter zu stellen?

Vitt: Ja, das denke ich schon. Im letzten Wettbewerb hat auch der eine oder andere noch einen Rückzieher gemacht, weil er wohl in eine schwierige Situation geraten war. Aber ich glaube, gerade in schweren Zeiten zeigt sich, was ein guter Arbeitgeber ist. Darum möchte ich dazu anfeuern, dass viele mitmachen. Man kann nur daraus lernen.

Abendblatt: Schürt so ein Wettbewerb nicht auch die Konkurrenz?

Vitt: Eigentlich nur wenn man ihn als Olympiade sieht und immer die Goldmedaille gewinnen möchte. Aber es geht hier nicht um den Wettbewerb an sich, sondern um den langfristigen Nutzen fürs eigene Unternehmen - und auch um Synergien, die man durch den Kontakt zu anderen Arbeitgebern entdeckt. Ich kann das nur jedem Unternehmen empfehlen, auch kleineren, die zunächst vielleicht die Kosten scheuen. Aber wenn man sich überlegt, was allein schon die Mitarbeiterbefragung kosten würde, wenn man sie neutralisiert nach außen gibt - da spart man sogar noch Geld.