Schlechte Manager gibt es genug. Was Nachwuchskräfte brauchen, um gute Chefs zu werden.

Schlechte Chefs frustrieren ihre Mitarbeiter, beeinträchtigen deren Gesundheit, sorgen für Abwanderung von Leistungsträgern. Das belegen diverse Studien. Ende 2008 zum Beispiel hat eine Umfrage des Instituts für Mittelstandsforschung an der Uni Lüneburg ergeben, dass 50 Prozent der Fach- und Führungskräfte mit ihren Vorgesetzten unzufrieden sind - in kleinen Unternehmen sogar noch mehr.

Aber wie wird man ein "guter Chef"? Besonders für Nachwuchskräfte, die das erste Mal Führung übernehmen, ist das eine Herausforderung. Noch einmal mehr, wenn sie vom Kollegen zum Vorgesetzten werden. "Natürlich kann man auf Unverständnis stoßen, weil man plötzlich weisungsbefugt ist", sagt Stephan Lipfert. Der 34-Jährige ist seit einem Jahr Vorstandsmitglied der IP Bewertungs AG, einer Beratungsgesellschaft für Patentmanagement. Er rät dazu, deutliche Anweisungen erst einmal nur "in kleinen Dosen" zu verabreichen. "Man muss da sehr vorsichtig sein, sonst gilt man schnell als arrogant."

Xenia von Moreau, Geschäftsführerin des Weiterbildungsinstituts Fromm Management-Seminare und Leiterin von Trainings für Nachwuchsführungskräfte, sagt: "Es ist wichtig, aktiv in den Dialog mit den Mitarbeitern einzutreten - vielleicht hat sich ja sogar jemand von ihnen parallel auf den Job beworben." Im Einzelgespräch könnte man zeigen, dass einem das Problem bewusst sei, rät sie. Gleichzeitig muss der neue Chef versuchen, den anderen ins Boot zu holen: "Vermitteln Sie, wie wichtig Ihnen die gewinnbringende Zusammenarbeit ist", sagt die Trainerin. Führungswerkzeuge zu kennen hält von Moreau für elementar. "Etwa das Wissen darum, wie man Mitarbeitergespräche führt und wie die Unternehmensleitlinien lauten." Andererseits müsse man sich aber auch über den eigenen Führungsstil klar werden und sollte schon mal darüber nachgedacht haben, welche Werte einen nun eigentlich persönlich und im Job leiten. "Mein Anspruch ist es, immer ein offenes Ohr für Mitarbeiter zu haben. Dabei hilft es, wenn ich meine Bürotür nicht schließe und dem Team auch sage, dass es jederzeit zu mir kommen kann."

Mit der Frage, wie er führen will, hat sich auch Stephan Lipfert auseinandergesetzt. "Das A und O von Führung ist, dass man auf Menschen eingehen kann", hat er festgestellt. Sein Führungsstil: "Ich lasse meine Mitarbeiter sehr selbstständig arbeiten, bin aber da, wenn es brennt, und mische mich dann auch in vorderster Linie ein." Sein Vorteil: Er ist im Unternehmen groß geworden und kann so eine Menge Autorität aus seiner langen Betriebszugehörigkeit ziehen.

"Als Führungskraft wird man nicht geboren, und man wird es auch bei einer Beförderung nicht über Nacht", sagt Fromm-Chefin Xenia von Moreau. "Es ist wichtig, das als Prozess zu verstehen." Was auch heißt: Sich nicht gleich anfangs mit zu hoch gesteckten Zielen zu überfordern. Möglichst schnell lernen sollten Nachwuchskräfte aber das "Übersetzen": "Eine Führungskraft muss Informationen filtern können", sagt von Moreau. "Sie muss die großen Ziele und Visionen herunterbrechen und Komplexität reduzieren können." Manchmal sei es nicht zielführend, "alle" Interna weiterzugeben, meint sie. "Man muss wissen, wo die Grenze liegt, ab der man Mitarbeiter überfordern würde."

Ein typischer Fehler frischgebackener Führungskräfte sei, zu vieles auf einmal ändern zu wollen, weiß die Ausbilderin. "Ich empfehle, dass sie sich erst einmal in der Position orientieren und mit den Mitarbeitern in den Dialog gehen sollten." Zum Beispiel sollte man jedes Teammitglied nach seinen Aufgaben befragen und erkunden, wo es Handlungsbedarf sieht. "Dann fühlen die Mitarbeiter sich ernst genommen." Sie warnt allerdings vor zu viel Kumpelei: "Bleiben Sie neutral, lassen Sie sich nicht auf Allianzen ein und versprechen Sie erst einmal nichts."

"Man darf nicht denken, dass man schlauer ist als die Mitarbeiter - nur weil man jetzt in der Führungsposition ist", betont Stephan Lipfert von der IP Bewertungs AG. "Mitarbeiter sind in ihren Einzeldisziplinen oft viel besser als die Führungskraft." Junge Chefs sollten jedenfalls keine Angst davor haben, sich mit guten Leuten zu umgeben, rät er. "Man muss die Sichtweise umdrehen: Spezialisten dürfen ruhig älter sein als ihre Führungskraft und sie dürfen auch mehr verdienen." Man sollte sich freuen, wenn man hochkarätige Fachkräfte im Team hat, statt Konkurrenz zu wittern.

Lipfert empfiehlt, von Älteren zu lernen. Er selbst habe sich viel von Führungskräften abgeschaut, schon als er noch "einfacher" Analyst war. Als er selbst dann zunächst Leiter des Patentmanagements wurde, hat er von seinem Team Feedback eingefordert. "Auch davon habe ich stark profitiert."

Lesen Sie nächstes Wochenende: Teil 5 - Mitarbeiter binden und motivieren