Weniger Verwaltung, mehr Problemlösung - auf der Messe Personal Nord wurden Fachkräftemangel und demografischer Wandel diskutiert.

Er gehört zu den Pionieren im Markt für Personalmanagement. Alexander Petsch gründete im Jahr 2000 die "Zukunft Personal" in Köln und entwickelte sie zu Europas größter Messe für Personalwesen. Im vergangenen Jahr kamen zwei weitere Fachmessen in Stuttgart und Hamburg hinzu. Am 9. und 10. Mai war das CCH zum zweiten Mal Austragungsort der "Personal Nord".

Die Messe ist auf gutem Weg, zu dem Branchentreff für die Personaler Norddeutschlands zu werden. Petsch sagt dazu: "Es war ein Vakuum da, das wir gefüllt haben. Wir planen deshalb, das Messeangebot im nächsten Jahr noch stärker auf die wirtschaftlichen Schwerpunkte der Region wie den maritimen Sektor auszurichten."

Nicht nur für Investoren und Dienstleister ist der HR-Markt im Moment hochinteressant. Auch die Rolle des Personalmanagers verändert sich rasant. Demografischer Wandel, aber vor allem der Fachkräftemangel stellen die Personalabteilungen vor völlig neue Herausforderungen. Internet und soziale Medien erzeugen einen zusätzlichen Druck. Neue Strategien und Know-how sind nötig.

"Personaler müssen heute wie Betriebswirte denken", sagt André Unland, Personalmanager bei Kühne + Nagel. Nur so sind die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Denn die gibt es auch bei dem Logistikunternehmen, das seit Jahren wächst. Unland spürt: Der Bewerbermarkt wird kleiner. "Früher hat man geschaut, ob der Mitarbeiter zum Unternehmen passt. Heute schauen die Mitarbeiter danach, ob das Unternehmen zu ihnen passt", schildert er die veränderte Situation.

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Kühne + Nagel versucht über das Thema Ausbildung den Nachwuchs früh zu gewinnen und mit einer interessanten Perspektive an das Unternehmen zu binden, berichtet er auf Personal Nord. "Wir setzen stark auf duale Studiengänge. Wenn junge Leute bei der Entscheidung Studium oder Ausbildung unsicher sind, bieten wir ihnen beides in Form eines dualen Studiums."

Ein anderes Beispiel seien die Angebote für Azubis. "Von den jährlich etwa 400 haben uns früher einige der besten Leute nach der Ausbildung verlassen, weil sie danach studieren wollten. Für die haben wir jetzt ein vollfinanziertes duales Studium ins Leben gerufen. Das führt berufsbegleitend zum Bachelor", fasst der Personal- und Organisationsentwickler das Konzept zusammen.

Die Kosten liegen mit etwa 20 000 Euro pro Mitarbeiter recht hoch. Aber André Unland ist sich sicher, das sich die Investition lohnt, und führt zur Begründung den Employer-Branding-Effekt ins Feld. Die Botschaft lautet: "Mach eine Ausbildung bei uns, und du hast hinterher noch die Chance zu studieren." Dieses Beispiel macht das geänderte Rollenverständnis der Personalarbeit deutlich. Waren früher 80 Prozent Administration, dominiert heute betriebswirtschaftliches und Projektdenken.

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Mindestens genauso stark spürt Anne Grovu, Personalchefin von Airbus Cimpa, den Fachkräftemangel. Für das Unternehmen arbeiten 95 Prozent Akademiker, vorzugsweise IT-Spezialisten und Ingenieure. "Besorgniserregend ist die Gehaltsspirale, die wir seit etwa eineinhalb Jahren beobachten. Ich frage mich, wohin das führen soll und ob die Unternehmen das in ihren Kostenstrukturen tatsächlich abdecken." Sie wünscht sich, dass die Personaler noch mutiger in Bezug auf kreative Lösungen werden, und bringt zum Beispiel einen regulierten Austausch von Mitarbeitern in Cross-Company-Projekten ins Gespräch.

Demografie, Fachkräftemangel und Social Media identifiziert die Studie "Recruiting Trends 2012" als die dominierenden HR-Trends aus Unternehmenssicht. Seit zehn Jahren analysiert die Online-Stellenbörse Monster gemeinsam mit den Universitäten Bamberg und Frankfurt die Entwicklung im Personalbereich. Die Aussagen sind eindeutig: Jedes zweite Unternehmen erwartet einen Anstieg der Mitarbeiterzahl in diesem Jahr. Dabei wird jede dritte offene Stelle nur schwer zu besetzen sein. Gut fünf Prozent bleiben vakant.

Stellenanzeigen auf der eigenen Website und auf Online-Stellenbörsen gehören heute zum Standard. Ein Hype-Thema ist nach wie vor auch Social Media. Vor allem der Beratermarkt wächst in diesem Kontext. Viele Unternehmen brauchen in Sachen Social Media Unterstützung und kaufen externes Know-how ein. Doch nicht nur die Personalabteilungen sind dafür zuständig, sodass spannende Kompetenzfragen entstehen: "Da wird der eine oder andere Personaler aufpassen müssen, dass er nicht an Einfluss verliert", sagt HR-Experte Alexander Petsch.

Während alle Aufmerksamkeit zurzeit den digitalen Rekrutierungswegen gilt, zeichnet der aktuelle Medialeistungstest der Personalmarketing-Agentur Westpress ein differenzierteres Bild. Die Studie untersucht anhand konkreter Suchprofile, welcher Kanal für welches Profil in der Praxis am besten funktioniert. Insbesondere bei gehobenen Führungspositionen und speziellen Fachprofilen hat Print nach wie vor die Nase vorn. Christian Hagedorn, Geschäftsführer der Agentur, kommentiert das so: "Die Personalsuche via Printmedien mag angesichts des wachsenden Onlinemarktes umstritten sein, doch die Effektivität ist nicht von der Hand zu weisen."

Zufrieden mit dem Verlauf zeigt sich der Messemacher Alexander Petsch: "Letztes Jahr hatten wir noch 165 Aussteller in Hamburg, nun waren es 246. Das entspricht einem Wachstum von rund 50 Prozent." Für Petsch ist das ein Zeichen für die Attraktivität, Dynamik und weitere Professionalisierung des gesamten Personalmarktes.