Wachstumsbranche Medizintechnik: Jedes dritte der 300 Unternehmen in Hamburg und Schleswig-Holstein kann freie Stellen derzeit nicht besetzen.

Am vergangenen Donnerstag war am Vierenkamp in Niendorf Richtfest. Im Oktober will die Medizintechnik-Firma Dispomedica, die seit 1985 in Wandsbek zu Hause ist, dort ihre neue Zentrale beziehen. Dann sollen auf fast 3000 Quadratmetern Spezialprodukte für die Herz- und Neurochirurgie entwickelt und produziert werden. Dispomedica beschäftigt derzeit 45 Mitarbeiter, viele aus feinwerktechnischen Berufen, dazu Industrie- sowie Speditionskaufleute. Derzeit sucht das Unternehmen händeringend Verstärkung für die Produktion - Schwerpunkt ist kleinteilige Konfektion - und den Customer Service. "Hier brauchen wir kaufmännische Mitarbeiter mit Kundenorientierung für unser In- und Auslandsgeschäft", sagt Firmenchef Marco Geyer.

Die gesamte Branche entwickelt sich dynamisch, die Innovationszyklen werden immer kürzer, die Beschäftigten müssen sich kontinuierlich weiterbilden. Rund 11 500 Beschäftigte in etwa 300 Unternehmen arbeiten in Hamburg und Schleswig-Holstein in der Medizintechnik. Der Umsatz liegt bei rund 3,9 Milliarden Euro. Die größten Player sind Dräger Medical, Olympus, Philips Medizin Systeme und Johnson & Johnson Medical. Hinzu kommen viele mittelständische Betriebe, von denen besonders viele im Bereich bildgebende Verfahren und Operations-Technologien tätig sind. Zwei Beispiele sind die Firmen Möller-Wedel und Söring. Wie innovativ die Betriebe der Branche sind, zeigt die Tatsache, dass jedes zweite Produkt jünger als drei Jahre ist.

+++Gesundheitsbranche wächst kräftig+++

Die Medizintechnik ist eine Wachstumsbranche. Nach Angaben der Branchen-Agentur Norgenta hat jedes dritte Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Die Agentur hat deshalb eine Life-Science-Jobbörse gestartet ( www.life-science-nord.net/service/jobboerse ). Am größten ist der Bedarf in technischen Funktionen. Die Geräte, die oft fünfstellige Summen kosten, müssen gewartet und gepflegt werden. Bewerber mit technischer Vorbildung sind deswegen erwünscht. Beste Karten, von einem Medizintechnik-Unternehmen eingestellt zu werden und schnell Karriere zu machen, haben außer Medizintechnikern Wirtschaftsingenieure und Naturwissenschaftler.

Diese sucht auch Olympus (1700 Mitarbeiter in Hamburg). Außerdem schaut man sich nach Feinmechanikern, Biologen und Physikern um, aber auch nach Auszubildenden und Trainees, Praktikanten und Werkstudenten. Olympus braucht vor allem Mitarbeiter für Entwicklung und Produktion im Werk in Hamburg-Jenfeld. Beschäftigte, die einen neuen Kollegen werben, erhalten eine Prämie.

Dräger plant für dieses Jahr etwa 250 Einstellungen, davon 50 Studienabsolventen. Besonders viele Neue sucht das Unternehmen für den Technologie-Bereich sowie für Forschung und Entwicklung. Erwartet werden außer fachlicher Kompetenz gute Sprachkenntnisse und "ein Gespür und die Sensibilität für kulturelle Unterschiede", sagt Sprecherin Melanie Kamann.

+++Hamburg: Tausende freie Stellen in vielen Berufen+++

Der Medizintechnik-Bereich von Philips sucht für den Vertrieb beispielsweise Account Manager, die sich um Beratung und Verkauf medizintechnischer Lösungen kümmern. Servicetechniker im Außendienst sind genauso gefragt wie Applikationsspezialisten, die das Bindeglied zwischen den Anforderungen der Kliniken und den Entwicklern herstellen.

Wer als Entwicklungsingenieur bei Philips arbeiten möchte, sollte Elektrotechnik, Informatik oder Medizintechnik studiert haben. Studienplätze bieten beispielsweise die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg und die Fachhochschule Lübeck. So mancher Arbeitgeber bietet Studenten schon während des Praxissemesters einen Arbeitsvertrag an.