Verbraucherschützer warnen vor dubiosen Angeboten an Versicherte, die sich von ihrer Police trennen wollen. Betrüger sind am Werk.

Hamburg. Für die Hamburger Verbraucherschützerin Edda Castelló genügte ein kurzer Blick auf das Angebot, um sich ein Urteil zu bilden: "Betrügerisch und hochriskant", urteilte sie. Ein Unternehmen versprach Andreas A. 60 000 Euro für eine Lebensversicherung, die er zu Geld machen wollte. Der Rückkaufswert, den die Versicherung bot, war nur halb so hoch. "Da das Geld nur in Raten über viele Jahre ausgezahlt werden sollte, ist sehr zweifelhaft, ob er das Geld jemals vollständig bekommen hätte", sagt Castelló. "Es gab dafür keine Sicherheit."

Nicht nur Versicherte, die sich von ihrer Police trennen wollen, sehen sich mit betrügerischen Aufkäufern konfrontiert. Auch die Anleger von offenen Immobilienfonds, deren Anteile von den Fondsgesellschaften nicht mehr zurückgenommen werden, erhalten zweifelhafte Angebote. Immerhin sind gegenwärtig neun Immobilienfonds geschlossen. Den Anlegern wird die Abnahme ihrer Fondsanteile versprochen. Doch statt Geld gibt es im Tausch zweifelhafte Wertpapiere. Ob Lebensversicherung oder Fonds: Alle diese Angebote disqualifizieren sich dadurch, dass die Kunden ihr Geld niemals sofort bekommen. "Das Risiko von Verlusten ist sehr hoch", warnt Castelló.

Zweifelhafte Aufkäufer bringen seriöse Firmen in Verruf

Gegen unseriöse Aufkäufer von Lebensversicherungen geht jetzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor. Drei Firmen hat die Behörde bereits den Aufkauf von Policen untersagt, zuletzt der Garantie-Wert GmbH. Außerdem ging die BaFin gegen die Pecunia-Concept AG und die Future-Capital GmbH vor. "Wir verbieten diese Geschäfte, weil die Firmen keine Erlaubnis für das Bankgeschäft haben", sagt Sven Gehbauer von der BaFin dem Abendblatt. Aus Sicht der Aufsichtsbehörde handelt es sich bei dem Geschäftsmodell aber um ein solches.

Denn die Anbieter kündigen die Police und investieren das Geld in andere Anlagen am Grauen Kapitalmarkt oder in Immobilien. Diese Anlagen sollen dann eine höhere Rendite erwirtschaften als die Lebensversicherung. "Wer sich darauf einlässt, geht ein völlig unsicheres Geschäft ein", sagt Castelló. "Der Kaufpreis soll regelmäßig erst nach mehreren Jahren zur Zahlung fällig werden, mitunter auch in monatlichen Raten über bis zu 32 Jahre", bestätigt Gehbauer. Häufig bleibt das Geld dann aus. "Bei uns suchen Verbraucher Rat, die sich über Probleme bei den Teilzahlungen beklagen", bestätigt Castelló.

Mehrere Monate vergehen, bis die BaFin den Firmen das Handwerk legen kann. Doch dann sind die Verbraucher nicht sofort geschützt. Denn die Aufkäufer wehren sich gerichtlich gegen die Untersagung ihres Geschäfts. Dann müssen erst Gerichte entscheiden. Auch Castelló bekam den Widerstand der Aufkäufer zu spüren. Nach ihrer Einschätzung zum Angebot meldete sich gleich der Anwalt der Firma und forderte, solche Beurteilungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.

Denn es geht um ein großes Geschäft. Jede zweite Lebensversicherung wird vor dem Laufzeitende aufgelöst. Die Zahl derer, die ihre Police vorzeitig zu Geld machen wollen, wird jetzt noch steigen, weil die laufende Verzinsung (Überschussbeteiligung) seit vielen Jahren sinkt, wie ein Abendblatt-Vergleich unter den 40 größten Lebensversicherern belegte. "Die Verbraucher sind deshalb für dubiose Angebote besonders anfällig", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten.

Bis vor einigen Jahren lief der Handel mit gebrauchten Policen gut. Sie wurden von seriösen Firmen wie Cash Life oder "Policen direkt" an geschlossene Fonds weitergereicht. Das gehandelte Policenvolumen deutscher Lebensversicherungen stieg binnen wenigen Jahren auf rund 1,4 Milliarden Euro in 2007. Nur zwei Jahre später erreichte der Policenhandel nur noch 100 Millionen Euro. "Zweifelhafte Angebote gibt es jetzt sehr viele, und es besteht die Gefahr, dass die seriösen Firmen mit denen in einen Topf geschmissen werden", sagt Lothar Trummer vom Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL). "Bei den Mitgliedern im BVZL können sich die Verbraucher auf einheitliche Mindestqualitätsstandards verlassen", sagt er. "Ratenzahlungsangebote lehnen wir aufgrund hoher finanzieller Risiken für die Verkäufer grundsätzlich ab."

Für klamme Versicherungskunden ist es aber wesentlich schwieriger geworden, ihre Police loszuwerden. "Der Markt wird sich so schnell nicht wieder erholen, da es keine großen Abnehmer für die Policen gibt", sagt Christian Baumann von Cash-Life. "Von den uns jetzt angebotenen Lebensversicherungen kaufen wir 20 bis 30 Prozent an." Vielen Anlegern bleibt da nichts anderes übrig, als das Rückkaufsangebot ihrer Versicherung anzunehmen. Einige Alternativen gibt es dennoch (s. Kasten).

Auch Anleger von Immobilienfonds sollten auf der Hut sein

Die Anleger der offenen Immobilienfonds, die geschlossen sind, haben noch die Möglichkeit, ihre Anteile an der Börse zu verkaufen - allerdings mit einem großen Abschlag gegenüber dem Rücknahmepreis der Fondsgesellschaft. An der Hamburger Börse findet ein reger Handel mit diesen Fonds statt. Doch es gibt auch dubiose Angebote. So bietet die GE & F Capital 39 Euro für einen Anteil des offenen Immobilienfonds Degi Europa, der innerhalb von drei Jahren abgewickelt wird. Die Anleger werden in Raten ausgezahlt.

"Wir warnen, diese Offerte anzunehmen", sagt Annabel Oelmann, Expertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Zwar liege das Angebot etwas über dem Börsenpreis, doch das Geld werde nicht ausgezahlt. Stattdessen wird ein Degi-Anteil gegen zehn Aktien der SPV AG & Co. KGaA getauscht. Die Aktien sind nicht börsennotiert. und ihr Wert kann daher nicht überprüft werden. Nach Darstellung der GE & F Capital handelt es sich bei der SPV AG um eine Gesellschaft, die das Vermögen der Anleger in Gold und Silber anlegt und einen Edelmetallhandel betreibt.