Die deutsche GM-Tochter leidet unter der Absatzkrise in Europa und schreibt weiter rote Zahlen. NRW-Wirtschaftsminister kritisiert Opel-Strategie.

München/Berlin. Nach dem abrupten Abschied von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke befürchten Arbeitnehmer und Experten eine von der Konzernmutter GM verordnete Rosskur. Für den US-Konzern sei dies "der letzte Versuch", die Probleme bei seiner verlustreichen Tochter in den Griff zu bekommen, meint Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Unter neuer Führung wolle GM "Dinge durchprügeln: Kapazität runter, Leute raus - und hoffen, dass es hilft."

Während GM noch nach einem neuen Opel-Chef sucht, warnten Arbeitnehmervertreter vor weiteren Einschnitten. "Entscheidend für die Belegschaften wird sein, dass der dringend notwendige Wachstumskurs umgesetzt wird und keine Kahlschlagpolitik erfolgt", sagte der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel.

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Strategiechef Thomas Sedran hat nach Zeitungsberichten offenbar die besten Chancen, Stracke zu beerben. Auch Produktionschef Peter Thom gilt als aussichtsreicher Kandidat. Opel selbst wollte sich dazu nicht äußern. Stracke hatte am Donnerstag überraschend seinen Hut nehmen müssen. Das Rüsselsheimer Unternehmen leidet unter der Absatzkrise in Europa.

Bei Opel hat sich seit Jahrzehnten kaum ein Chef lange gehalten. Seit der Blütezeit in den 1970er-Jahren ist nun der 15. Chef gegangen, allein in den vergangenen drei Jahren wurden drei verschlissen. Nach dem Abgang von Stracke leitet die Geschäfte von GM in Europa übergangsweise Stephen Girsky, Aufsichtsratsvorsitzender von Opel und Strategiechef des US-Mutterkonzerns.

Dudenhöffer vom CAR-Institut äußerte die Einschätzung, GM sei mit dem - von Stracke vorgelegten und von Girsky gebilligten - Wachstumskonzept nicht zufrieden gewesen. Zudem habe Opel wohl auch im zweiten Quartal tiefrote Zahlen geschrieben. Erst Ende Juni hatte der Opel-Aufsichtsrat ein Sanierungskonzept gebilligt, das statt auf Stellenstreichungen und Werksschließungen auf neue Modelle und Zusammenarbeit mit dem Autobauer PSA Peugeot Citroën setzt.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) übt nach der Ablösung des Opel-Vorstandsvorsitzenden Karl-Friedrich Stracke massive Kritik an der Unternehmensstrategie des Automobilherstellers. „Opel braucht eine Produktpalette, die die Leute vom Hocker reißt“, sagte Duin dem „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe). „Das letzte Modell, mit dem Opel vorne lag, war der Minivan Zafira“, fügte er hinzu.

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„Für Opel insgesamt“ sei die Situation „schwierig“, sagte der Minister. Das gelte besonders für das Werk in Bochum, wo insgesamt rund 3.600 Menschen beschäftigt sind. „Wir als Landesregierung gehen der Frage nach, ob und wie wir den Standort fit für die Zukunft machen können“, kündigte Duin an. Dem Bericht zufolge loten das Land NRW und Arbeitnehmervertreter derzeit die Möglichkeiten aus, nach Auslaufen der Zafira-Produktion den Standort über das Jahr 2016 hinaus als GM-Komponentenwerk zu erhalten.