Versicherte sind empört. Vor allem Basis-Tarife betroffen. Bei der Central wird es bis zu 38 Prozent teurer. Ursache Managementfehler?

Hamburg. Auf die knapp neun Millionen Privatversicherten in Deutschland kommen im nächsten Jahr teils massive Beitragserhöhungen von bis zu 38 Prozent zu. Im Schnitt müssen die Privatversicherten 2012 sieben Prozent mehr für ihre Police bezahlen. Je nach Tarif gibt es aber starke Abweichungen nach oben. Besonders betroffen sind die 500 000 Kunden des fünftgrößten Krankenversicherers Central. Das Tochterunternehmen der Generali-Versicherungsgruppe erhöht die Beiträge im Schnitt um 12,9 Prozent. "Aus unseren Beratungsfällen wissen wir, dass die Erhöhungen im Einzelfall noch viel dramatischer ausfallen", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten.

Viele Central-Kunden meldeten sich beim Abendblatt. "Mein Beitrag steigt im nächsten Jahr um 38 Prozent", sagt Rentner Burger D. "Würden meine Frau und ich nicht nebenbei arbeiten, wären wir ein Fall für das Sozialamt."

Die Central macht vor allem die gestiegenen Leistungsausgaben für die Prämienerhöhungen verantwortlich. "Wir haben Maßnahmen wie strengere Annahmerichtlinien für Neukunden getroffen, um wieder auf den Weg der Beitragsstabilität einzuschwenken", sagt Central-Sprecher Ronald Voigt dem Abendblatt.

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Marktführer DKV erhöht die Beiträge im Schnitt um 3,5 Prozent. Aber der Einsteiger-Tarif K2B steigt um 19 Prozent. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Franke und Bornberg sind vor allem Tarife im unteren Leistungsbereich von überdurchschnittlichen Prämienerhöhungen betroffen. "Bei elf Gesellschaften verzeichnen wir in diesem Segment Erhöhungen zwischen elf und 23 Prozent bei den Neugeschäftsbeiträgen", sagt Unternehmenschef Michael Franke. "Bei den Versicherten im Bestand dürften sich die Anpassungen in ähnlichen Höhen bewegen." So steigt der Tarif Vision Start der Axa voraussichtlich um 20 Prozent. Neue Kunden der R+V müssen für den Tarif AGIL classic 19 Prozent mehr bezahlen.

Auch die 71 300 Hamburger Beamten im Dienst und im Ruhestand sind von Beitragserhöhungen betroffen. Sie erhalten von ihrem Dienstherrn eine finanzielle Unterstützung für Behandlungskosten von bis zu 70 Prozent als "Beihilfe". Für den Rest müssen sie sich versichern. Eine solche Teilversicherung ist nur bei einer privaten Krankenkasse möglich. Sehr viele Beamte sind bei der Debeka versichert. "Der Beamtentarif steigt im nächsten Jahr um 3,6 Prozent", sagt ein Debeka-Sprecher.

Während die Krankenkassen die gestiegenen Gesundheitskosten für den Beitragsanstieg verantwortlich machen, sehen Verbraucherschützer andere Ursachen. "Managementfehler werden nun auf die Versicherten abgewälzt", sagt Lars Gatschke, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Prämiensteigerung resultiere aus einer falschen Kalkulation der Unternehmen. "Die Central ist nicht der einzige Anbieter, der mit günstigen Einsteigertarifen im Wettbewerb bestehen wollte." Inzwischen bietet die Central keine Einsteigertarife mehr an.

Auch Experte Franke sieht, dass die Kalkulation der günstigen Einsteigertarife "knapp oder sogar zu knapp" ausfiel: "Nicht nur, dass die Leistungsausgaben rasant steigen, viele Kunden aus der Zielgruppe für die günstigen Einsteigertarife können ihre Beiträge nicht mehr bezahlen." Nach Angaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherung haben derzeit 88 500 Versicherte ihre Zahlungen eingestellt. Im Notfall müssen dennoch ihre Behandlungskosten übernommen und auch die üblichen Altersrückstellungen gebildet werden. Sie können nicht einfach aus der Versicherung entlassen werden. "Von diesen Nichtzahlern sind wir überdurchschnittlich betroffen", sagt Central-Sprecher Voigt.