Redakteur Volker Mester nahm Platz im A380-Simulator. Dieser erzeugt die - fast - perfekte Illusion vom Fliegen im neuen Airbus.

Frankfurt. So also fliegt er sich, der Airbus A380: Ein kurzer Ausschlag mit dem schwarzen Steuerhebel rechts neben dem Kopilotensitz, und der helle Strich der Landebahn in der Ferne wandert gemächlich in die Mitte des Cockpitfensters. Noch ein kurzer Druck am sogenannten Sidestick zur anderen Seite, damit der noch kaum erkennbare Flughafen nicht weiter nach rechts driftet.

Wenige Sekunden zuvor hat Kapitän Jürgen Raps auf dem Nebensitz den Autopiloten ausgeschaltet, was dieser mit zwei eindringlichen Pieptönen quittiert. Nun sind auch Gebäude zu sehen und neben der Landebahnschwelle die Lichterreihe, die anzeigt, ob der Flieger im korrekten Winkel auf den Boden zuschwebt. Alle vier Lampen glühen rot, keine weiß - viel zu tief! Drei oder vier Zugbewegungen am Mini-Steuerknüppel gleichen das aus.

Doch je näher die Bahn kommt, umso eigenwilliger drängt sie zu den Seiten des Fensters. In dieser Phase des Anflugs fühlt sich der Jet längst nicht mehr wie ein gemächliches Dickschiff an, er reagiert überraschend prompt auf die nun etwas hektischeren Steuerbewegungen, was einige garantiert nicht passagierfreundliche Schräglagen produziert. Die Computerstimme, die ungerührt auf Englisch die Höhenangaben heruntergezählt hat, ist bei "twenty" angekommen, und gleich darauf melden zwei unsanfte Rumpler das Aufsetzen der Hauptfahrwerke.

Nach dieser einigermaßen sportlichen Landung übernimmt wieder der Kapitän, ohne dessen Unterstützung sie ohnehin nicht gelungen wäre, die Kontrolle über den Flieger. Doch Raps bremst nicht, stattdessen drückt er die Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn - hier will er nicht bleiben. Kein Wunder, denn die Landebahn mit den spärlichen Hallen daneben gehört zum grönländischen Örtchen Söndre Strömfjord. Und spätestens die grünen, schneefreien Hügel ringsum zeigen, dass etwas nicht stimmen kann: Leider - oder vielleicht doch eher glücklicherweise - ist dies nicht wirklich ein A380. Echt ist nur das Cockpit. Es steht auf hydraulisch bewegten Teleskopstelzen in einem Gebäude der Firma Lufthansa Flight Training am Frankfurter Flughafen.

In dem brandneuen, 18 Millionen Euro teuren Simulator bildet der Kranich-Konzern seine Piloten für den Riesen-Airbus aus.

Den ersten der Jets will die Lufthansa im Mai in Hamburg abholen, die nächsten drei von insgesamt 15 bestellten Maschinen kommen dann etwa im Monatstakt. "Für den A380 rechnen wir mit 25 Piloten pro Flugzeug", sagt Raps - schließlich hat das Personal auch mal Urlaub und freie Tage, während die Flieger möglichst wenig Zeit am Boden verbringen sollen, damit sie ihren Kaufpreis, nach Katalogwert sind es umgerechnet 200 Millionen Euro, wieder einfliegen.

Aktuell haben erst rund ein Dutzend Lufthansa-Mitarbeiter die Lizenz zum A380-Steuern. Raps, der auch Chefpilot des Unternehmens und Bereichsvorstand der Linienflugsparte ist, besitzt sie schon seit 2007 und ist seitdem mehrfach mit Testjets von Airbus geflogen. Später soll es nur vier Wochen angefüllt mit Theoriekursen und rund 30 Simulatorstunden dauern, bis jemand ins A380-Cockpit darf. Nach zehn Flügen unter der Aufsicht von Prüfern winkt dann die Typenberechtigung für das neue Flaggschiff.

Zwei Faktoren erleichtern die Umschulung, wie Raps erklärt: Die Kandidaten müssen schon Erfahrung auf dem ebenfalls vierstrahligen Langstrecken-Airbus A340 mitbringen, außerdem bilde der Simulator das Fluggefühl der realen Maschine täuschend echt nach: "Die Illusion ist total." Die ausgeklügelte Programmierung kippt das 15 Tonnen schwere Gerät mittels der beweglichen Stelzen so raffiniert an, dass der Körper der Insassen beim Bremsen nach der Landung tatsächlich kräftig nach vorn gezogen wird. Mehr als 200 Lautsprecher mit einer Gesamtleistung von 10 000 Watt sorgen für eine lebensechte Geräuschkulisse. Vor allem aber dienen Simulatoren der Vorbereitung auf mögliche Probleme, und hier bietet das Produkt einer britischen Tochter des französischen Technologiekonzerns Thales eine breite Palette an, von Hagelschlag über Triebwerkausfälle bis hin zu echtem Rauch im Cockpit. 600 verschiedene Pannen lassen sich simulieren - "möglichst nicht alle auf einmal", sagt Raps.

Bei einem letzten Start in Frankfurt demonstriert er noch einmal die realistische Darstellung der Außenwelt, einschließlich des zäh fließenden Verkehrs auf der Autobahn. Unten zieht die Commerzbank-Arena vorbei. Dabei fällt Raps etwas ein: "Wir könnten noch einbauen, welche Mannschaft gerade spielt."