Immer mehr Kunden in Hamburg suchen sich einen neuen Versorger

Hamburg. Treue kann teuer werden: Wer seinem Versorger ein Leben lang verbunden bleibt, muss dafür tief in die Tasche greifen – zumindest wenn es sich um den Grundversorger für Strom handelt. Für Hamburger ergibt sich bei einem Wechsel zu einem alternativen Tarif bei einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden ein Sparpotenzial von 278 Euro im Jahr. Das ergibt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Vergleichsportals Check24.de, das eine sechsstellige Zahl von Vertragsabschlüssen ausgewertet hat. Im Vergleich zu 2012 hat sich die mögliche Kostensenkung für einen Vier-Personen-Haushalt damit deutlich erhöht und zwar um satte 146 Prozent. Das ist der größte Zuwachs unter allen 16 Bundesländern. Auch in Sachsen (293 Euro) und Berlin (269 Euro) hat sich die Summe mehr als verdoppelt.

Bundesweit bezahlen rund zwei Fünftel aller Bürger noch den Grundversorgungstarif. Die Gründe für den deutlichen Anstieg des Sparpotenzials liegen darin, dass die Preise für die Grundversorgung stärker angezogen hätten als die Preise der Alternativanbieter, sagte eine Check24-Sprecherin dem Abendblatt. Die Alternativanbieter hätten wohl auch Strom günstiger eingekauft und diese Wettbewerbsvorteile an die Endkunden in Form niedriger Preise weitergegeben.

Die Hauptstädter wollen am konsequentesten Geld sparen. An der Spree wohnen die wechselwilligsten Deutschen, die Berliner haben mit einem Indexwert von 1,28 am häufigsten in diesem Jahr ihren Stromanbieter ausgetauscht. Dieser Wert ergibt sich aus dem Anteil der Check24-Kunden, die im jeweiligen Bundesland ihren Stromanbieter wechselten, in Beziehung zur Gesamtbevölkerung des Bundeslandes. Ein Indexwert von mehr als eins bedeutet daher einen überdurchschnittlich hohen Anteil an gewechselten Kunden. An zweiter Stelle folgen die Rheinland-Pfälzer (1,27), die mit einem neuen Lieferanten sogar 311 Euro sparen können. Dritter sind die Brandenburger (1,11), obwohl sie mit 185 Euro das geringste Sparpotenzial beim Anbieterwechsel haben (siehe auch Karte).

Auf Rang vier liegen die Hamburger. Dabei legt die Wechselbereitschaft in der Elbmetropole stark zu: Seit dem Jahr 2012 ist die Affinität zum Stromanbieterwechsel um acht Prozent gestiegen, der Index stieg von 0,99 im Jahr 2012 auf 1,07 in diesem Jahr. Nur in Rheinland-Pfalz mit 12,39 Prozent und in Bremen mit 8,45 Prozent ist die Wechselbereitschaft stärker gestiegen. 2014 setzen auch Schleswig-Holsteiner (1,04) häufiger auf einen neuen Anbieter, während Niedersachsen (0,95) und Mecklenburger (0,82) diesbezüglich eher lethargisch sind. Am seltensten wechseln Bremer (0,77) und Sachsen-Anhaltiner (0,72). Die Situation in den ostdeutschen Ländern ist paradox. Obwohl die Strompreise dort im Schnitt höher als im Westen und die Sparpotenziale hoch sind, ist die Wechselbereitschaft geringer. Insgesamt ist das Sparpotenzial durch einen Anbieterwechsel kräftig gestiegen: in den alten Bundesländern um 70 Prozent, in den fünf neuen Ländern sogar um 86 Prozent.

Dennoch wechseln nur rund ein Fünftel der Deutschen den Stromanbieter, sagt Günter Hörmann, Geschäftsführer der Hamburger Verbraucherzentrale: „Der Stromanbieterwechsel ist gut für den Wettbewerb. Die Verbraucher sollten in die Gänge kommen und einen anderen Anbieter als den Versorger im Grundtarif wählen.“ Der Wechsel sei einfach. Auf Internetportalen wie Check24, Verivox oder Toptarif kann man sich einen Überblick über günstige Anbieter verschaffen. Die Kunden müssen ihre Postleitzahl und ihren Jahresverbrauch angeben. Dann müssen sie sich überlegen, ob sie einen befristeten oder unbefristeten Vertrag möchten. Bei unbefristeten könne man besser reagieren, sagt Hörmann. Wer sich für Ökostrom entscheidet, sollte auf Firmen zurückgreifen, die ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien anbieten. Von Angeboten mit Vorkasse, Kaution und einem festgelegten Verbrauch rät er ab. Bevor sich der Kunde auf einen neuen Anbieter festlegt, sollte er sich in Foren oder bei der Verbraucherzentrale über den Ruf der Firma informieren. „Dann wendet man sich an den neuen Versorger, und der kümmert sich um die Kündigung des Altvertrages“, sagt Hörmann. Weil der Grundversorger immer einspringen muss – zum Beispiel bei Insolvenz eines Anbieters oder kurzfristigen Vertragsproblemen, nimmt Hörmann den Verbrauchern die Angst: „Die Leute sitzen nicht im Dunkeln.“