Hamburger gehen mit Chilenen zusammen und werden viertgrößte Linienreederei der Welt. Heute Unterschrift erwartet.

Hamburg . Die größte Fusion in der weltweiten Schifffahrt seit der Jahrtausendwende ist perfekt: Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd und der chilenische Konkurrent Compañía Sud Americana de Vapores (CSAV) schließen ihre Containerlinien zusammen. Nach Abendblatt-Informationen aus den Verhandlungskreisen werden die Verträge am heutigen Mittwoch unterschrieben. Dadurch entsteht die weltweit viertgrößte Containerreederei. Die beteiligten Unternehmen und Akteure nahmen am Dienstag nicht Stellung.

Der Firmensitz wird den Informationen zufolge Hamburg sein, die Zentrale für Lateinamerika soll in Brasilien angesiedelt werden. Das neue Unternehmen erwirtschaftet mehr als neun Milliarden Euro Umsatz und setzt mehr als 200 Schiffe auf den Weltmeeren ein. Hapag-Lloyd gehört zu 37 Prozent der Stadt Hamburg und zu 28 Prozent dem Transportunternehmer Klaus-Michael Kühne. An CSAV wiederum hält die chilenische Unternehmerfamilie Luksic den größten Anteil. Zudem ist die auf Lateinamerika ausgerichtete Schifffahrtslinie an der Böre in Santiago de Chile notiert. Die Aktionäre von CSAV haben noch bis zum kommenden Sonntag die Möglichkeit, Einspruch gegen Details der Fusion einzulegen oder sie abzulehnen und die Auszahlung ihrer Anteile zu fordern. Wenn mindestens fünf Prozent der CSAV-Aktionäre gegen die Fusion stimmen, wäre das Vorhaben nichtig. Dies gelte aber als „extrem unrealistisch“, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person dem Abendblatt. Dennoch werde der Vertrag heute unter Vorbehalt unterzeichnet.

Nach der Fusion und zwei Kapitalerhöhungen soll die Luksic-Familie laut den Informationen rund 34 Prozent der Anteile an der neuen Reederei halten. Die Chilenen wären damit die größten Anteilseigner. Die Anteile der Stadt Hamburg, des Unternehmers Kühne und der anderen Beteiligten sinken im Zuge der Fusion. Zusammen mit der Stadt Hamburg und der privaten Firmenholding von Kühne soll eine dauerhafte Mehrheit von gut 75 Prozent entstehen. Die Chilenen bringen etwa 60 Frachtschiffe in die Fusion mit ein, Hapag-Lloyd hat derzeit 152 Containerschiffe im Einsatz. Beide Reedereien passen gut zueinander: Hapag-Lloyd ist stark im Schiffstransport zwischen Europa und Asien sowie Nordamerika vertreten, CSAV hat seinen Schwerpunkt auf Verbindungen von und nach Lateinamerika gelegt. Dort ist die Reederei mit Abstand der Marktführer. CSAV ist derzeit die Nummer 16 der weltweiten Schifffahrt, Hapag-Lloyd rangiert auf Platz sechs.

Drittgrößter Anteilseigner bei Hapag-Lloyd ist derzeit noch TUI. Der Reisekonzern in Hannover will jedoch seit Längerem aus der Schifffahrt aussteigen. Geplant ist auch deshalb ein Börsengang der neuen Großreederei, über den der Konzern TUI den Ausstieg organisieren will. Wann das geschieht, ist ungewiss: Mit der Erstplatzierung der Aktie an der Börse noch 2014 rechnet kaum einer der Beteiligten mehr. Hapag-Lloyd und CSAV wollen einen Börsengang für Anleger auch dadurch attraktiv machen, dass das fusionierte Unternehmen Kosten von 300 Millionen Dollar jährlich einsparen soll. Sowohl Hapag-Lloyd als auch CSAV hatten ihre Kosten in den vergangenen Jahren bereits erheblich gesenkt.

Das Zusammengehen der beiden Traditionsunternehmen aus Hamburg und Valparaiso folgt dem allgemeinen Trend in der weltweiten Schifffahrt zu größeren Einheiten, sei es bei den Reedereien oder den Schiffen selbst mit inzwischen Platz für mehr als 18.000 Containereinheiten (TEU) an Bord. Die Branchenführer machen es vor: Mærsk aus Dänemark, MSC aus der Schweiz und die französische Reederei CMA CGM wollen sich noch in diesem Sommer zu einer P3 genannten Allianz mit Sitz in London zusammenschließen. Mit solch einem Bündnis wollen die Unternehmen Kostenvorteile je transportiertem Container nutzen und den derzeit ohnehin harten Preiswettbewerb weiter anheizen.

Die deutsch-chilenische Schifffahrtsfusion ist aber auch eine Reaktion auf das Scheitern früherer Bemühungen: Vor einem Jahr wurden Verhandlungen zwischen Hapag-Lloyd und der Oetker-Tochter Hamburg Süd ohne Ergebnis abgebrochen. Trotz weit vorangeschrittener Gespräche konnte sich die Oetker-Familie am Ende nicht zu dem Schritt durchringen und geriet darüber sogar in Streit. Hamburg Süd ist mit der Ausrichtung auf Lateinamerika der größte und schärfste Konkurrent zu CSAV. Treibende Kraft auf der Hamburger Seite hinter der Fusion ist Michael Behrendt: Der Hapag-Lloyd-Chef hat großes Interesse am Erfolg der Verhandlungen. Der Manager hört zu Ende Juni 2014 als Vorstandsvorsitzender auf. Sein Nachfolger ist der Holländer Rolf Habben-Jansen, der seit dem 1. April bereits im Unternehmen arbeitet.

Über eine Holding mit Namen Quiñenco hält die Familie Luksic, die zu den reichsten Clans Lateinamerikas gehört, gut 40 Prozent der Reederei CSAV. Zum Eigentum der Luksic Group zählen neben der Schifffahrt auch Firmen aus der Ölindustrie, der Nahrungsmittelwirtschaft sowie ein Mehrheitsanteil an der Banco de Chile.