Der Betriebsrat befürchtet drastische Kürzungen in den Hamburger Filialen. Wer noch im Januar geht, erhält eine höhere Abfindung.

Hamburg. Das neue Jahr hat gerade erst begonnnen, da müssen die Hamburger Beschäftigten der Warenhauskette Karstadt schon die ersten Hiobsbotschaften verkraften. Der geplante Arbeitsplatzabbau im Konzern wird nämlich nach Einschätzung von Betriebsrat und Gewerkschaft massive Auswirkungen auf die Filialen in der Hansestadt haben.

"Es geht darum, bis 2014 rund 150 Vollzeitstellen in Hamburg zu streichen", sagte der Wandsbeker Betriebsratsvorsitzende Jürgen Gehring, der auch im Gesamtbetriebsrat der Kette sitzt. Insgesamt beschäftigt Karstadt derzeit rund 1000 Vollzeitkräfte in der Elbmetropole, die an elf Standorten eingesetzt sind. Ein Karstadt-Sprecher war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Laut Betriebsrat versucht die Konzernleitung im Augenblick, möglichst viele Beschäftigte zu einem freiwilligen Ausscheiden aus dem Unternehmen zu bewegen und auf diese Weise betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. So wird den Mitarbeitern eine sogenannte "Turbo-Regelung" angeboten. Wer sich bis zum 18. Januar entschließt, das Unternehmen zu verlassen, soll eine um 50 Prozent höhere Abfindung erhalten. Ältere Mitarbeiter können sich zudem bis Ende Februar entscheiden, ob sie in Altersteilzeit oder in den vorzeitigen Ruhestand gehen möchten. "Es gibt viele Mitarbeiter, die ein Interesse an Vorruhestandsregelungen haben, denn in manchen Filialen, etwa in Wandsbek, ist der Altersdurchschnitt hoch", sagte Gehring. Dennoch könne man frühestens Mitte März sagen, ob es am Ende doch noch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde. "Dies möchten wir auf jeden Fall verhindern."

Betroffen von dem Stellenabbau sind nach Angaben des Betriebsrats alle Karstadt-Filialen in der Hansestadt, ausgenommen ist nach jetzigem Stand lediglich das Alsterhaus, das in einer anderen Sparte, der sogenannten Premium Group, organisiert ist.

Gehring übte scharfe Kritik an dem bevorstehenden Arbeitsplatzabbau. "Wir wissen, dass es durch die Stellenstreichungen für die verbleibenden Beschäftigten noch schwieriger wird, das Geschäft zu betreiben", sagte er. Schon als Folge des vorangegangenen Abbaus sei der Krankenstand kontinuierlich angestiegen. "In der Filiale Wandsbek lag die Quote im November bei zehn Prozent. Häufig handelt es sich dabei um sehr langwierige Erkrankungen."

Auch die Gewerkschaft Ver.di reagierte mit Unverständnis auf die Sparmaßnahmen. "Es ist ausgesprochen ärgerlich, dass die Beschäftigten schon wieder die Hauptlast für den Umbau bei Karstadt tragen sollen", sagte der zuständige Fachsekretär der Gewerkschaft, Arno Peukes. Auch sei das neue Konzept, mit dem Karstadt versuche, wieder in die Erfolgsspur zu kommen, wenig überzeugend.

Karstadt war im Herbst 2010 von dem deutsch-amerikanischen Milliardär Nicolas Berggruen aus der Insolvenz gerettet worden und befindet sich seitdem in einem tief greifenden Umstrukturierungsprozess. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte Konzernchef Andrew Jennings angekündigt, bundesweit rund 2000 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2014 streichen zu wollen.

Er begründete den Stellenabbau unter anderem mit "komplexen und ineffektiven Altstrukturen", aber auch mit dem "wirtschaftlich schwierigen Umfeld der Euro-Krise". Zudem lief im Herbst der Sanierungstarifvertrag mit der Gewerkschaft aus, wodurch allen Beschäftigten nun wieder Sonderleistungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zustehen. Dies entspricht laut Karstadt einer permanenten Lohnsteigerung um acht Prozent.

Wie alle Warenhausketten hat Karstadt darüber hinaus mit der Konkurrenz von Shoppingcentern und aggressiven Onlineanbietern zu kämpfen. Um sich besser auf die schwierige Wettbewerbssituation einzustellen, schließt das Unternehmen unter anderem einen Großteil der Multimedia-Abteilungen in Deutschland und nutzt diese Flächen vor allem zur Präsentation weiterer, exklusiver Modemarken. Textilien versprechen nach Jennings Einschätzung nämlich eine höhere Rendite als Fernseher, CDs oder Computer, bei denen der Preiskampf im Netz besonders hart geführt wird.

Allerdings geht diese Strategie in diesem Winter nur bedingt auf. So klagten die Einzelhändler in der Hamburger Innenstadt angesichts der sehr milden Temperaturen über extrem schleppende Umsätze bei warmen Mänteln und Pullovern. Viele Geschäfte - darunter auch Karstadt an der Mönckebergstraße - setzten schon vor Weihnachten den Rotstift an, um den Absatz zumindest ein wenig anzukurbeln.

Mittlerweile ist Karstadt dabei, mit Reduzierungen von bis zu 70 Prozent die Lager zu räumen und Platz für die Frühjahrskollektion zu schaffen. Alles muss raus, lautet die Devise.