Die Untersuchungen wegen Wettbewerbsverzerrung wurden eingestellt. Aber es steht noch ein Verfahren in Europa aus.

Washington. Als 1890 der Sherman Act den Grundstein für das US-Kartellrecht legte, war die Lage klar: Damals ging es um Absprachen zwischen Ölfirmen oder Bahngesellschaften, die den Wettbewerb ausknipsen wollten. Doch im Fall von Google mussten sich die heutigen amerikanischen Kartellwächter mit einer nur schwer greifbaren Materie auseinandersetzen: Ist es eine Wettbewerbsverzerrung, wenn eine Suchmaschine eigene Inhalte vor den Offerten der Rivalen auflistet? Insbesondere wenn es mit Google um den dominierenden Anbieter von Internetsuche geht?

Die amerikanische Handelsbehörde FTC überlegte fast zwei Jahre, zwischenzeitlich war hinter den Kulissen Säbelrasseln zu vernehmen, doch am Ende sprach sie Google von dem Vorwurf frei. Die Fakten hätten für den Internetkonzern gesprochen, erklärte FTC-Chef Jon Leibowitz. "Zwar gab es einige Hinweise, dass Google den Wettbewerb ausschalten wollte. Aber der Hauptgrund für die Änderungen bei den Suchtreffern, mit denen eigene Produkte hervorgehoben wurden, war es, den Nutzern einen besseren Dienst zu bieten." Auch wenn Links von Wettbewerbern heruntergestuft wurden, sei dies im Interesse der Verbraucher geschehen. Und Aufgabe der FTC sei es, "den Wettbewerb und nicht die Wettbewerber zu schützen".

Es ist ein Persilschein für Google, den die Rivalen des Konzerns gleich scharf verurteilten. Microsoft-Jurist Dave Heiner sprach in einem Blogeintrag von verpassten Chancen und einer "schwachen Lösung". Ist das Google-Netzwerk Google+ wirklich relevanter als Facebook, fragte er rhetorisch. "Sind Googles Reisesuchergebnisse besser als die von Expedia, Kayak oder anderen?" Zudem bekräftigte er den Vorwurf, dass die Treffer bei der Shoppingsuche davon abhingen, wie viel Geld die Anbieter an Google bezahlten. Viele Kritiker und Rivalen von Google hätten sich ein schärferes Vorgehen der Kommission gewünscht, bis hin zur Regulierung von Googles Suchalgorithmus, räumte auch FTC-Chef Leibowitz ein.

Doch die "erschöpfende" Untersuchung mit mehr als neun Millionen eingereichten Seiten habe keine Anhaltspunkte für einen derart scharfen Eingriff der Wettbewerbshüter geliefert. Aber es gab auch Widerspruch aus den eigenen Reihen. Der scheidende FTC-Kommissar J. Thomas Rosch trug zwar die Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens mit, zeigte sich aber besorgt, dass Google mit nicht bindenden Zusagen davonkam. So will Google allzu krasse Verzerrungen in den Suchtreffern künftig verhindern und zudem seinen Kunden - den Werbetreibenden - mehr Freiheiten beim Wechsel zu konkurrierenden Plattformen gewähren.

Doch warum fielen selbst diese Auflagen vergleichsweise schwach aus? Die auf das politische Innenleben in Washington spezialisierte Website Politico verwies auf die 25 Millionen Dollar, die Google für Lobbyanstrengungen in Washington ausgegeben habe. Die vielen klangvollen Namen von Experten, die der Internetkonzern auf seine Seite ziehen konnte, hätten der FTC möglicherweise zu viel Respekt eingeflößt, und Leibowitz habe seine Amtszeit nicht mit einer monumentalen Niederlage abschließen wollen. Schon zuvor hatte es in Medienberichten geheißen, die Kommission fasse eine Klage ins Auge, sei aber nicht sicher, ob sie den Fall gewinnen könne.

Für Jubel bei Google könnte es aber zu früh sein. Denn in Europa läuft ein ähnliches Wettbewerbsverfahren noch. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Freitag: "Wir haben die Entscheidung der US-Behörden zur Kenntnis genommen. Dies hat mit unserer Untersuchung und unseren laufenden Diskussionen mit Google nichts zu tun."