Die Auftragsbücher sind voll. Hamburgs Handwerker erwarten 2013 ein erfolgreiches Jahr. Ein Gespräch mit dem Präsidenten Josef Katzer.

Hamburg. Dem Hamburger Handwerk geht es besser als auf Bundesebene, vor allem die Energiewende dürfte 2013 für zusätzliche Aufträge sorgen. In vielen Betrieben fehlt es aber an Fachkräften. Um mehr Frauen für die Branche zu begeistern, will Handwerkskammerpräsident Josef Katzer nun mit gutem Beispiel vorangehen und zumindest in der Dachorganisation und in den Gremien die Einführung einer Frauenquote diskutieren lassen. Im großen Interview mit dem Abendblatt äußert er sich zudem zur geplanten Sanierung des Kammergebäudes und dem defizitären Elbcampus.

Hamburger Abendblatt: Herr Katzer, die Bundesregierung hat die Energiewende in Deutschland ausgerufen. Wie kann das Hamburger Handwerk davon profitieren?

Josef Katzer: Die Energiewende ist eine große Chance. Vor allem dem Hamburger Bauhandwerk bieten sich durch die Wärmedämmung oder andere Formen der energetischen Gebäudesanierung enorme Möglichkeiten für zusätzliche Aufträge. Allerdings ist es unbefriedigend, dass das Gesetz zur steuerlichen Förderung solcher Sanierungsleistungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gescheitert ist. Dieses Gesetz würde uns einen erheblichen Schub geben. Die Aufstockung der KfW-Förderprogramme, die die Regierung gerade beschlossen hat, ist zwar ein richtiger Schritt, sie reicht aber nicht aus. Die steuerliche Anreizförderung ist unerlässlich, um die energetische Sanierung zu beschleunigen.

Droht kleinen Handwerksbetrieben auf der anderen Seite aber nicht auch ein deutlicher Anstieg bei den Stromkosten durch die gestiegene Umlage für die erneuerbaren Energien?

Katzer: Es ist in der Tat sehr ärgerlich, dass sich große Industriebetriebe von den höheren Stromkosten befreien können, nicht aber die meisten unserer kleinen und mittelständischen Betriebe. Hier wird das Handwerk nicht fair behandelt. Insgesamt sehe ich dennoch weitaus mehr Vor- als Nachteile bei der Energiewende.

Sie selbst setzen sich sehr stark für die Förderung von Elektroautos ein. Von den 1000 Fahrzeugen, die mal im Hamburger Handwerk rollen sollen, sind Sie mit derzeit 20 angeschafften Modellen aber noch meilenweit entfernt.

Katzer: Es sind bereits 274 Absichtserklärungen von Handwerkern unterschrieben worden, die ein Elektroauto kaufen wollen, das ist weitaus mehr als ich zu hoffen gewagt habe. Natürlich muss sich aber auch die Versorgung mit Ladestationen in der Stadt verbessern, damit die Akzeptanz der Elektromobile steigt.

Wie steht das Hamburger Handwerk insgesamt wirtschaftlich da?

Katzer: Wir sind mit dem Jahr 2012 sehr zufrieden. Während das Handwerk auf Bundesebene um rund zwei Prozent beim Umsatz zulegen konnte, dürften wir in der Hansestadt darüber liegen. Für 2013 erwarte ich eine ähnlich positive Entwicklung.

Trifft das für alle Gewerke zu?

Katzer: Ja, wir haben eigentlich keine problematischen Branchen im Handwerk. Das wichtige Baugewerbe hat ebenso zulegen können wie etwa die Lebensmittelhersteller. Bäcker oder Fleischer profitieren vom Trend zu regionalen Produkten. Je mehr Lebensmittelskandale wir erleben, desto mehr besinnen sich die Menschen auf die Betriebe vor Ort, denen sie vertrauen.

Die gute Auftragslage in vielen Unternehmen sorgt allerdings auch für lange Wartezeiten bei den Kunden. Wer im Augenblick einen Klempner oder einen anderen Fachmann braucht, steckt in der Klemme.

Katzer: Zunächst einmal sollten wir uns freuen, dass die Firmen so gut ausgelastet sind. Es ist aber richtig, dass viele Chefs gern neue Mitarbeiter einstellen würden, diese aber nur schwer zu finden sind.

Bundesweit klagt das Handwerk über einen erheblichen Nachwuchsmangel. Auch in Hamburg?

Katzer: Wir stehen noch vergleichsweise gut da, bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen gab es einen leichten Zuwachs um 0,7 Prozent, während die Zahl bundesweit um vier Prozent zurückging. Wir haben also unsere Hausaufgaben gemacht und viele junge Menschen für das Handwerk begeistert.

Die Zahl der Handwerker, die in diesem Jahr im Michel ihren Meisterbrief in Empfang genommen haben, ist aber zurückgegangen. Das sollte Ihnen schon Sorge bereiten.

Katzer: Das ist natürlich keine erfreuliche Entwicklung, hängt unter anderem aber auch mit der guten Auftragslage zusammen. Viele Chefs schicken ihre Gesellen nur ungern auf Lehrgänge, wenn sich die Arbeit häuft und die Kunden möglichst schnell bedient werden wollen.

Das ist aber eine eher kurzsichtige Betrachtungsweise.

Katzer: Mag sein, aber sie ist angesichts des Drucks verständlich.

Sie sind mal angetreten, um mehr Frauen für das Handwerk zu begeistern und auf diese Weise auch etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun. Da hat sich bislang aber noch nicht viel bewegt.

Katzer: In einigen Gewerken, wie etwa bei den Tischlern, hat sich der Frauenanteil schon erhöht. Richtig ist aber, dass wir bei diesem Thema dicke Bretter bohren müssen.

Wie wollen Sie den Frauenanteil in den Betrieben denn erhöhen?

Katzer: Wir als Kammer sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Daher habe ich vor, in unseren Gremien über die Einführung einer Frauenquote zu diskutieren. Wir müssen auch noch juristisch prüfen, ob und wie das überhaupt möglich ist.

Haben Sie einen festen Prozentsatz im Auge?

Katzer: Nein, für solche Aussagen ist es noch viel zu früh. Wichtig ist mir, dass eine solche Entscheidung nicht von oben herab gefällt wird, sondern in Absprache mit unseren Mitgliedern.

Wie viele Frauen arbeiten denn derzeit in der Führungsebene der Handwerkskammer?

Katzer: Auf der mittleren Führungsebene bereits 45 Prozent. In der Geschäftsführung noch niemand.

Was tut die Kammer sonst, um die Betriebe bei der Suche und Betreuung von Mitarbeitern zu unterstützen?

Katzer: Wir werden im Frühjahr 2013 ein Personaldienstleistungszentrum an unserer Weiterbildungsakademie Elbcampus einrichten. Damit möchten wir kleinen Betrieben die Möglichkeit geben, eine professionelle Personalentwicklung zu betreiben, die es sonst nur in Großunternehmen oder Konzernen gibt. Das Angebot wird Dienstleistungen wie Gesundheits- und Konfliktmanagement umfassen, die auch in kleinen Firmen notwendig sind, um Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu halten.

Vor einigen Jahren hatten Sie mal die Idee, einen Handwerkerkindergarten zu gründen, in dem schon die Jüngsten an das handwerkliche Arbeiten herangeführt werden sollten. Was ist daraus geworden?

Katzer: Ich halte einen solchen Kindergarten immer noch für eine gute Idee, vor allem, weil ich bei immer mehr Jugendlichen feststelle, dass ihre haptischen Fähigkeiten dramatisch nachgelassen haben. Manche unserer Lehrlinge sind am Anfang nicht mal in der Lage eine Schraube in ein Stück Holz zu drehen. Da müsste man schon in früher Kindheit gegensteuern. Aber leider gibt es für solch einen Kindergarten bei uns keine finanziellen Ressourcen.

Auf die Kammer werden in den kommenden Jahren Kosten in Höhe von rund elf Millionen Euro für die Sanierung der Zentrale am Holstenwall zukommen. Können Sie sich das angesichts der engen wirtschaftlichen Lage überhaupt leisten?

Katzer: Ehrlich gesagt, nein. Deshalb sind wir auch auf die Hilfe der Handwerker angewiesen, die das Gewerbehaus als ihr eigenes Gebäude begreifen sollten und uns hoffentlich bei der Sanierung unterstützen werden. Diesen Weg gehen wir ja auch bei der Restaurierung der prächtigen, historischen Czeschka-Fenster im Großen Saal des Hauses, die Betriebe, Freunde und Förderer des Handwerks unterstützen können.

2011 hat die Kammer den Weg aus den roten Zahlen geschafft. Wird dies angesichts der Herausforderungen auch künftig so bleiben?

Katzer: Für 2012 rechnen wir mit einer schwarzen Null, auch 2013 streben wir dies an. Versprechen kann ich es allerdings nicht.

Wie steht das Sorgenkind Elbcampus da, das in der Vergangenheit mitverantwortlich für das Minus war?

Katzer: Der Elbcampus ist eine Erfolgsstory. Allerdings ist die Auslastung dieses Jahr rückläufig gewesen. Grund dafür sind die Kürzungen bei der Agentur für Arbeit und dass die Handwerkerinnen und Handwerker so ausgelastet waren, dass sie kaum Zeit für Weiterbildung gefunden haben. Leider werden wir für 2012 daher wohl einen leichten Verlust ausweisen.

Fühlen Sie sich grundsätzlich vom Hamburger Senat ausreichend in Ihrer Arbeit unterstützt?

Katzer: Wir können uns nicht beklagen, den Hamburger Politikern ist die Bedeutung des Handwerks bewusst. Die Umsetzung mancher Projekte wünschten wir uns vielleicht etwas schneller.

Einen Standort für einen Gewerbehof nach Münchner Vorbild mit verschiedenen Handwerkern unter einem Dach haben Sie aber noch nicht bekommen. Den hatten Sie auch schon vor Jahren ins Gespräch gebracht.

Katzer: Das Projekt ist auf einem guten Weg. Es wäre toll, wenn Kunden die Handwerker in gläsernen Werkstätten direkt bei ihrer Arbeit beobachten könnten. In München gibt es bereits neun solcher Häuser, die alle gut funktionieren. Auch für Hamburg wäre das eine schöne Attraktion und ein gutes Signal für das Handwerk und Existenzgründer.