Baustopp für die Elbvertiefung und große Frachter stellen die HHLA vor Herausforderungen. Ein Gespräch mit Containervorstand Stefan Behn.

Hamburg. Wenn in der Nacht zu Mittwoch das größte Containerschiff der Welt nach Hamburg kommt, steht der ganze Hafen für einen Moment still. Während des Wende- und Anlegemanövers darf kein weiterer Schiffsbetrieb auf der Elbe stattfinden. Erst wenn die "Marco Polo" fest vertäut am Burchardkai der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) liegt, geht für die Hafenarbeiter der normale Betrieb weiter. Im Gespräch mit dem Abendblatt erklärt der Containervorstand der HHLA, Stefan Behn, wie sich das Terminal auf die Abfertigung dieses riesigen Schiffs vorbereitet. Neben der Größe des Frachters spielt dabei noch etwas anderes eine besondere Rolle: Der Burchardkai wird gerade umgebaut - während des laufenden Betriebs.

Hamburger Abendblatt: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kommt die "Marco Polo" nach Hamburg. Wie bereitet sich der Burchardkai auf die Abfertigung des größten Containerschiffs vor?

Stefan Behn: Wir sind ähnlich große Schiffe seit Längerem durch unseren Kunden CMA CGM gewöhnt. Vor rund zwei Jahren ist die "Christophe Colomb" erstmals nach Hamburg gekommen. Das Schiff fasst 14.000 Standardcontainer. Die "Marco Polo" ist ähnlich konstruiert. Man hat sie lediglich um 34 Meter verlängert. Für die Nautiker, die das Schiff heil hereinbringen müssen, ist das eine besondere Herausforderung. Für das Terminal aber nicht.

Sie brauchen für die Abfertigung auch nicht mehr Mitarbeiter?

Behn: Wir haben noch keine genaue Vorbuchung der Mengen. Ich erwarte, dass insgesamt rund 4000 Container in Hamburg umgeschlagen werden. Das ist normal für die großen Fernostschiffe. Die Containerbrücken sind für Schiffe dieser Größe ausgelegt. Wir werden insgesamt sechs Brücken für den Umschlagvorgang einsetzen. Das Schiff wird rund eineinhalb Tage hier liegen.

Welche Bedeutung hat es für die HHLA, dieses große Schiff hier in Empfang zu nehmen?

Behn: Es ist natürlich schon ein besonderer Vertrauensbeweis der Reederei CMA, dass sie dieses Schiff trotz der Schwierigkeiten auf der Elbe nach Hamburg schickt. Und wir sind der Wirtschaftsbehörde, dem Oberhafenamt und den Lotsen dankbar, dass sie sich so intensiv darauf vorbereiten, das Schiff sicher herein- und wieder herauszubringen. Es bleibt ja auch nicht bei diesem einen Anlauf. Das Schiff wird in den normalen Liniendienst einscheren. Ende Mai erwarten wir das nächste Schiff dieser Größe.

Das neue Blocklager am Burchardkai ist teilweise in Betrieb. Sie hatten mit Softwareproblemen der Automatik zu kämpfen. Sind diese Probleme gelöst?

Behn: Natürlich gibt es immer noch Verbesserungsmöglichkeiten. Es handelt sich aber auch um anspruchsvolle Steuerungsvorgänge, weil drei Kräne einen Lagerblock bedienen. Dass es da zu Anlaufschwierigkeiten kommen kann, wissen wir aber auch schon vom Containerterminal Altenwerder. Die ersten automatischen Blöcke sind die schwierigsten. Wir haben derzeit fünf am Burchardkai in Betrieb und können bis zu 29 Blöcke bauen. Wenn am Ende die Nummern 25 und 26 in Betrieb gehen, merkt das fast schon keiner mehr. Anfang 2013 gehen übrigens die nächsten drei Blöcke in Betrieb.

Wie ist denn die Jahreskapazität des Burchardkais derzeit?

Behn: Die liegt bei vier Millionen Standardcontainern. Mit dem Ausbau kommen wir auf fünfeinhalb bis sechs Millionen. Das ist von der Verweildauer der Container im Lager abhängig. Auf die haben wir wenig Einfluss. Die bestimmt der Kunde. Wir sind also von der Logistik der Reeder abhängig.

Hat sich etwas an der Verweildauer geändert, da ja die Schiffe vermehrt am Wochenende kommen?

Behn: Da sprechen Sie ein echtes Problem an. Wir arbeiten sieben Tage in der Woche 24 Stunden. Die deutschen Läger schließen eigentlich alle am Freitag um 13.30 Uhr. Wir löschen am Wochenende aber weiter die Ladung. Diese stapelt sich dann in unserem Lager. In der Folge warten dann am Montagmorgen etliche Lkw vor den Terminalzufahrten, die die Container abholen wollen. Dieses Problem muss gelöst werden, damit wir zu einer kontinuierlichen Annahme und Abholung kommen. Wir diskutieren das in der Logistikinitiative sehr intensiv.

Hilft die Auflösung des Freihafens zum Jahresende gegen diese Staus?

Behn: Nein, das hat mit den Verkehrsspitzen zu Wochenbeginn am Terminal wenig zu tun. Im Übrigen haben die Terminals Burchardkai und Tollerort seit einigen Tagen eigene Zollstationen im Probebetrieb. Wir erwarten aber erhebliche Verbesserungen beim Verkehrsfluss im Hafen, weil die Staus an den Zollämtern künftig entfallen.

Bei den vielen großen Schiffen, die Hamburg anlaufen und der Notwendigkeit, immer mit der Tide herein- und herauszukommen, werden die Zeitfenster für die Terminals immer geringer. Macht sich das bemerkbar?

Behn: Ja, natürlich. Wir fordern die Elbvertiefung nicht von ungefähr. Wir haben derzeit 110 außergewöhnlich große Schiffe - also Schiffe mit mehr als 10.000 TEU Kapazität, die Hamburg regelmäßig anlaufen. Im nächsten Jahr kommen 43 solcher Riesen hinzu. Das sind fast 50 Prozent in dieser Größenklasse. Für uns bedeutet dies, dass die Probleme nicht linear, sondern eher exponentiell steigen. Nicht nur der Tiefgang ist das Problem, sondern auch die Breite. Die "Marco Polo" ist fast 54 Meter breit. Da die Fahrrinne für bestimmte Abschnitte der Revierfahrt aber nur Schiffsbegegnungen mit einer addierten Gesamtbreite von 90 Metern zulässt, dürfen sich zwei Schiffe dieser Größenklasse nicht begegnen. Auch deshalb ist die Anpassung der Fahrrinne so wichtig.

Die wurde vorerst gestoppt. Die Hafenbehörden wollen jetzt die Anlaufgebühren senken. Was unternehmen Sie zur Entlastung der Kunden?

Behn: Zur Beschleunigung des Verkehrs im Hafen werden wir jetzt die gemeinsam mit Eurogate eingerichtete Feeder-Logistik-Zentrale ausbauen. Wir stellen Mitarbeiter ab, die keine andere Aufgabe haben, als täglich 24 Stunden lang die Abfertigung der großen Schiffe zwischen den Terminals zu koordinieren und dann die Fahrten der Großschiffe mit der Revierzentrale des Bundes und dem Oberhafenamt abzustimmen. Das ist unser Beitrag zur Verbesserung der Abläufe mit großen Schiffen.