Oberklassemodelle verlieren wegen stark gestiegener Preise Marktanteile. Die Umsatzeinbußen treffen auch deutsche Hersteller.

Hamburg. Im Hinblick auf das "liebste Kind" der Deutschen setzt ein Umdenken ein: Die Bedeutung des Autos als Statussymbol wird allmählich schwinden. Davon gehen die Branchenexperten des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) in ihrer jüngsten Studie aus. "Immer mehr Menschen betrachten das Auto in erster Linie als Fortbewegungsmittel", sagt Harald Kayser, Leiter des Bereichs Automotive bei PwC. Die Folge für deutsche Hersteller: Allein wegen des Trends zu Kleinwagen verlieren sie 1,5 Milliarden Euro Umsatz.

Sogar bei den hochpreisigen Modellen zeige sich ein klarer Trend in Richtung einer Small-Premium-Klasse. "Wer heute einen 5er von BMW fährt, kauft morgen zwar kaum einen Dacia. Aber er könnte sich durchaus überlegen, beim nächsten Kauf auf einen 3er-BMW oder einen X3 umzusteigen", so Kayser. Einer der Gründe dafür sei die überproportionale Verteuerung von Oberklassewagen: Wer 1975 die S-Klasse von Mercedes fahren wollte, musste mehr als das Eineinhalbfache (156 Prozent) eines durchschnittlichen Jahreseinkommens auf den Tisch des Autohändlers legen. Das aktuelle Modell koste allerdings schon fast zweieinhalbmal so viel (236 Prozent). Dagegen sei der Preisanstieg bei einem VW-Polo - von 34 Prozent auf 39 Prozent eines Durchschnittsverdienstes - vergleichsweise gering ausgefallen.

Doch selbst in der Mittelklasse wollen mehr Befragte künftig auf ein kleineres Auto umsteigen (zwölf Prozent) als auf ein größeres (vier Prozent). "Die Abkehr vom stetigen ,größer, breiter, schwerer' ist ein Trend, den wir seit einigen Jahren sehen", sagt Stefan Bratzel, Autoexperte an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, dem Abendblatt. Für ihn belegt nicht zuletzt der Erfolg des Sparmodells Dacia Logan die These, dass "die Preise in der Branche nicht mehr im Einklang standen mit der Reallohnentwicklung".

Zwar würden 2009 in Deutschland dank der Abwrackprämie mit 3,8 Millionen Pkw voraussichtlich so viele Wagen verkauft wie zuletzt Ende der 90er-Jahre, erwarten die PwC-Experten. Doch für 2010 rechnen sie mit einem Absatzeinbruch, der vor allem die Volumenhersteller wie VW, Opel oder Ford treffe. Optimistischer fällt die Prognose für die deutschen Premiumhersteller aus. Nach einem massiven Absatzeinbruch 2009 werde die Produktion 2010 um sechs Prozent steigen, heißt es in der PwC-Studie. Auch mittelfristig seien die Absatzperspektiven gut, allerdings betreffe dies vor allem die sogenannten Small-Premium-Modelle wie die Mercedes A-Klasse oder die BMW 1er-Reihe, bei denen die Umsatzrendite geringer sei als bei den teureren Autos. Eine Gefahr für die gesamte Branche aber bleiben die Überkapazitäten. "Weltweit dürfte die Auslastung der Automobilwerke 2009 auf den Wert von 63 Prozent fallen", erklärt Felix Kuhnert, Automobilexperte bei PwC. Für eine rentable Produktion sei ein Auslastungsgrad zwischen 75 und 80 Prozent notwendig.

Diese Lücke ist für die Hersteller mit hohen Kosten verbunden. Wegen der fehlenden Produktionsmengen müssten die Autobauer nach PwC-Berechnungen im Schnitt rund 1700 Euro je Fahrzeug einsparen, um ihre finanzwirtschaftlichen Ziele für die einzelnen Modelle halten zu können.

Bratzel sieht für die Konzerne zwei Möglichkeiten, dem Problem der Unterauslastung zu begegnen: "Man kann entweder nach dem Muster von VW immer mehr Zulieferteile wieder in den eigenen Fabriken herstellen, womit aber die Flexibilität sinkt. Oder man muss letztlich doch Werke schließen - was bei Opel wohl nicht zu umgehen sein wird."