Der Mutterkonzern TUI bietet Milliardenanteil von Hapag-Lloyd zum Verkauf an. Was macht das Konsortium? Es geht um die Zukunft der Reederei.

Hamburg. Das Ringen um die Zukunft von Hapag-Lloyd geht in die entscheidende Runde. Der Mutterkonzern TUI hat gestern den Verkauf des Großteils seiner Anteile an der Hamburger Reederei gestartet.

Die Hannoveraner machen damit von ihrem „Andienungsrecht“ Gebrauch und bieten dem Hamburger Konsortium Albert Ballin 33,3 Prozent der Hapag-Lloyd-Anteile an. Insgesamt hält TUI 38,4 Prozent an Hapag-Lloyd und bewertet die Anteile mit 1,19 Milliarden Euro. Die Investoren, die im Konsortium zusammengeschlossen sind, besitzen die restlichen Anteile. Es handelt sich vor allem um den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne und die Stadt Hamburg. Sie müssen nun entscheiden, wie es mit Hapag-Lloyd weitergeht. Entweder kaufen sie der TUI den Anteil ab oder der Reisekonzern darf – so ist es vertraglich festgelegt – die Mehrheit an der Reederei einem anderen Interessenten verkaufen. Dann könnte Hapag-Lloyd womöglich an eine ausländische Reederei oder an einen Finanzinvestor fallen.

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Kühne hält derzeit 24,6 Prozent, die Stadt 23,5 Prozent an Hapag-Lloyd. Der Logistikunternehmer hatte wiederholt signalisiert, dass er seine Beteiligung nur ausweiten wolle, wenn auch die Stadt mitzieht. Hamburg aber, das 28 Milliarden Euro Schulden hat, besitzt kaum finanziellen Spielraum. Die anderen Mitglieder im Konsortium wie die HSH Nordbank, die kleine Anteile halten, wollen sich sogar lieber von ihren Beteiligungen trennen. Das Konsortium hatte die Mehrheit an der Reederei 2009 übernommen, um einen Verkauf von Hapag-Lloyd ins Ausland zu verhindern. Damals stand die Reederei NOL aus Singapur als Käufer bereit.

„Unser Ausstieg aus der Containerschifffahrt ist vor mehr als drei Jahren mit allen Partnern im Hamburger Konsortium festgeschrieben worden“, sagte TUI-Chef Michael Frenzel gestern. Die Ausübung des Andienungsrechts sei deshalb „der nächste konsequente Schritt“. TUI will sich künftig auf das Reisegeschäft konzentrieren und benötigt dringend Kapital für eine Expansion in Russland. Bis Ende Januar können TUI und das Konsortium nun verhandeln. Gibt es bis dahin keine Einigung über den Preis, legt ein Wirtschaftsprüfer den Wert der Anteile fest. Der Handlungsdruck auf die Hamburger Investorengruppe wächst danach weiter. Denn von Oktober 2012 an darf TUI die Mehrheit an Hapag-Lloyd verkaufen – das Konsortium müsste dann Anteile abgeben und würde seine Mehrheit verlieren. Die Mitglieder äußerten sich gestern nicht. Die Stadt hat bislang aber nicht ausgeschlossen, ihren Anteil zu erhöhen. Nach Abendblatt-Informationen hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die „Akte Hapag-Lloyd“ mittlerweile zur Chefsache erklärt.

In den vergangenen Jahren investierte die Stadt wiederholt in Hamburger Unternehmen, etwa in den Kosmetikkonzern Beiersdorf. Nach einiger Zeit wurden die Anteile mit Gewinn wieder verkauft. Deutschlands führende Linienreederei Hapag-Lloyd hat für die Stadt aus verschiedenen Gründen große Bedeutung. Rund 1100 der insgesamt 6900 Beschäftigten des Unternehmens arbeiten in der Zentrale in Hamburg. Und die Grand Alliance, in der die Reederei Mitglied ist, transportiert rund 40 Prozent des Containeraufkommens im Hamburger Hafen.