Experten raten Studenten nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes zur Abgabe einer Steuererklärung. Was man noch beachten sollte.

Hamburg. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) können viele Studenten darauf hoffen, in ihren ersten Berufsjahren von deutlichen Steuervorteilen zu profitieren. Das ist das Fazit von Experten nach einer wegweisenden Entscheidung des BFH vom Mittwoch. Die Richter hatten in zwei Grundsatzurteilen entschieden, dass Studenten die Kosten ihrer Ausbildung beim Finanzamt geltend machen und Jahre später mit den ersten Einnahmen im Berufsleben verrechnen können (Az.: VI R 38/10 und 7/10). Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was können Studenten jetzt tun?

"Wir raten Studenten schon seit Jahren zur Abgabe einer Steuererklärung, weil sich eine solche Entscheidung bereits abzeichnete", sagt Peter Kauth vom Internetportal Steuerrat 24. Dazu muss lediglich der Mantelbogen mit den persönlichen Angaben und die Anlage N ausgefüllt werden. In Letztere kommen neben eventuellen Einkünften die Werbungskosten. In der Regel werden die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Das Finanzamt stellt dann einen Verlustvortrag fest. "Im Moment wird es solche Anträge aber erst einmal liegen lassen und auf eine Anweisung der Finanzverwaltung warten", sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Dennoch raten Experten zur Abgabe der Steuererklärung, um sich später eventuelle Ansprüche zu sichern.

Welche Kosten können Studenten als Werbungskosten ansetzen?

"Der größte Posten eines Studentenhaushalts, die eigene Wohnung oder die anteiligen Kosten einer WG, gehören leider nicht dazu", sagt Rauhöft. Immerhin machen die Wohnkosten 35 Prozent des Studentenbudgets aus. "Dafür können Studiengebühren, Semestergebühren, Zinsen für Studienkredite, Fahrtkosten, Literatur, Computer, Büromaterialien und andere Arbeitsmittel auf der Rückseite der Anlage N als Studienkosten eingetragen werden", sagt Kauth.

Kann ich eine Steuererklärung auch rückwirkend einreichen?

"Die Steuererklärung kann vier Jahre rückwirkend, also jetzt noch für das Jahr 2007, eingereicht werden", sagt Kauth. Mit einem Antrag auf Verlustfeststellung sei es möglich, die Verluste bis zu sieben Jahre zurück feststellen zu lassen. Auch dazu werden Mantelbogen und Anlage N genutzt.

Was nützen mir die vielen Verlustvorträge aus der Studienzeit?

Die zahlen sich beim Start in das Berufsleben aus. Angenommen über acht Jahre Studium sind Verlustvorträge von 12.000 Euro entstanden. Das erste Jahresgehalt beträgt 40.000 Euro. Dafür müsste ein Lediger 7204 Euro Einkommenssteuer (einschließlich Soli) bezahlen. Kann er 12.000 Euro von seinem Einkommen abziehen, werden noch rund 4000 Euro Steuer fällig. Gut 3000 Euro weniger Lohnsteuer müssen so im ersten Berufsjahr gezahlt werden. Reichen die Einnahmen im ersten Jahr nicht aus, um die Verlustvorträge zu verrechnen, werden sie in den Folgejahren berücksichtigt", sagt Rauhöft.

Welche Rolle spielen BAföG oder Zahlungen der Eltern?

"Beides sind steuerfreie Einnahmen und müssen deshalb nicht mit den Werbungskosten verrechnet werden", sagt Rauhöft. Allerdings profitieren von den späteren Steuervorteilen nur die Kinder und nicht die Eltern, die das Studium finanziert haben.

Kann der Finanzminister das Urteil noch aushebeln?

Der BFH hat lediglich eine Richtungsentscheidung getroffen und die Finanzgerichte in den konkreten Fällen aufgefordert, unter dieser Vorgabe über die Werbungskosten der klagenden Berufsanfänger zu entscheiden. "Wir prüfen derzeit, welche Konsequenzen sich eventuell für den Gesetzgeber ergeben", sagt eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Ein Nichtanwendungserlass, mit dem das Urteil über die konkreten Fälle hinaus keine Bedeutung hätte, "ist laut Koalitionsvertrag immer nur das letzte Mittel", so die Sprecherin. Bei einem solchen Urteil mit Breitenwirkung ist das nicht zu erwarten. Denn ein solcher Erlass verhindert keine neuen Klagen. "Früher oder später würden ähnliche Fälle vor dem Bundesverfassungsgericht landen", sagt Rauhöft. "Der BFH hat bereits deutlich gemacht, dass es nicht im Ermessen des Gesetzgebers liegt, Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten auszuschließen", sagt Kauth. Auch die bisherige Ungleichbehandlung spricht für eine Neuregelung. Denn wer erst nach einer Lehre ein Studium beginnt, kann die Kosten schon jetzt voll absetzen.

Wie wurden Studienkosten bisher steuerrechtlich behandelt?

Seit 2004 können die Aufwendungen für ein Erststudium nur noch begrenzt bis 4000 Euro als Sonderausgaben abgesetzt werden. Doch Sonderausgaben verpuffen im Gegensatz zu Werbungskosten wirkungslos, wenn sie im entsprechenden Jahr nicht mit Einnahmen verrechnet werden können. Gerade das ist bei Studenten meist der Fall.