Die Glinder Firma Hütter setzt auf hochwertige Einzelanfertigungen. Durch weltweite Aufträge sichert das Unternehmen Jobs im Norden.

Hamburg/Glinde. Was haben Hamburg , Seoul und Tscheljabinsk hinter dem Ural gemeinsam? Überall stehen Aufzüge des Glinder Maschinenbauers Hütter oder sollen dort aufgestellt werden. Jetzt ist den Norddeutschen mit zwei Projekten auch der Einstieg in China gelungen. Nach der Anlage am Famen-Tempel bei Xi'an werden derzeit am neuen Kreuzfahrt-Terminal in Shanghai weitere Aufzüge montiert. Aber auch in ihrer Heimat sind die Schleswig-Holsteiner am Ball: "In Hamburg bewerben wir uns für die Aufzüge an den beiden geplanten Haltestellen für die neue U-Bahn U 4 in die HafenCity", sagt Achim Hütter, 47, der das Unternehmen mit seinem Bruder Bernd, 43, in vierter Generation führt. Den Auftrag für die vier senkrecht einzubauenden Rettungsaufzüge hat Hütter bereits unter Dach und Fach.

Das Familienunternehmen, an dem neben den Brüdern zwei weitere Geschwister und Mutter Swantje beteiligt sind, gilt als Spezialist und Marktführer für Schrägaufzüge, wie sie auch am Hamburger Hauptbahnhof oder am Jungfernstieg die Besucher nach oben ziehen. Weltweit werden kaum mehr als 20 bis 30 Projekte pro Jahr ausgeschrieben. "Unsere Kapazität liegt bei acht bis zehn pro Jahr, die zwischen 150 000 und 900 000 Euro kosten", sagt Achim Hütter, der kaufmännische Geschäftsführer des Unternehmens. Mit einem Büro in Kiel, den After-Sale-Aktivitäten in Hamburg sowie einer Mehrheitsbeteiligung in Wolfsburg beschäftigt die Firma 75 Mitarbeiter. "Unsere Produktion ist ausgelastet, die Stellen sind sicher", sagt Hütter.

Statt sich im Wettbewerb um die zuletzt gut 12 000 bundesweit vergebenen Aufzüge im Wettbewerb mit den vier Großunternehmen - ThyssenKrupp, Schindler, Otis und Kone - aufzureiben, konnte der Mittelständler in seiner Nische die Selbstständigkeit bewahren. Schrägaufzüge seien fast immer Einzelanfertigungen, sagt Hütter. Dagegen seien Konzerne wie ThyssenKrupp eher am Bau von Anlagen interessiert, die sich in großer Stückzahl produzieren ließen. "Dennoch gibt es regelmäßig Anfragen von Kaufinteressenten", sagt der Maschinenbau-Ingenieur Bernd Hütter, 43. Doch dafür sind die beiden Geschäftsführer nicht zu haben. "Wir fühlen uns zu jung, um auszusteigen." Zudem agieren sie erfolgreich. So konnten sie selbst im Krisenjahr 2009 bei einem konstanten Umsatz von 15 Millionen Euro ihre Rendite von zuletzt drei auf fünf Prozent erhöhen. Zum Vergleich: Das Auftragsvolumen für Aufzüge lag nach Berechnungen des Maschinenbauverbandes VDMA 2009 bei gut 562 Millionen Euro.

Zur Strategie der Brüder gehört, im Ausland nur die technisch hochwertigeren Schrägaufzüge anzubieten, weil mit ihnen mehr verdient werden kann als mit gewöhnlichen Anlagen. "Für solche Aufträge arbeiten wir mit Partnerfirmen im Ausland zusammen, die entweder nur die anschließende Wartung und Instandhaltung oder dazu noch die Montage übernehmen. Produziert werden alle Teile in jedem Fall in Glinde", sagt Achim Hütter.

In Deutschland konzentriert sich das Unternehmen vor allem bei gewöhnlichen Aufzügen auf Projekte in der Nähe der Standorte Hamburg, Wolfsburg und Kiel. "Es geht uns darum, in diesen Fällen auch das Wartungsgeschäft zu übernehmen", sagt Bernd Hütter. Hintergrund: Beim Einbau solcher Aufzüge ist die Konkurrenz stärker, was den Ertrag sinken lässt. Mit Service-Aufträgen lässt sich dann gegensteuern.

Gerade Schrägaufzüge hat Hütter bereits an ungewöhnlichen Orten und bei spektakulären Neubauten installiert. So etwa an einem Ausflugsziel in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, wo der Aufzug die Menschen zum Ausgangspunkt einer Seilbahn bringt oder an der Spitze des 577 Meter hohen Makkah Clock Tower in Mekka, wo die Hütter-Anlage über 50 Meter zu einer Wohnung des saudi-arabischen Königs führt. Im September beginnt in Meißen der Bau eines Aufzugs zur Albrechtsburg, und im November soll eine weitere Anlage in Aachen installiert werden, über die künftig Schwerverletzte vom Hubschrauberlandeplatz des Großklinikums direkt zu den Operationssälen gebracht werden.

In dem zwei betenden Händen nachempfundenen, 148 hohen chinesischen Famen-Tempel arbeiten gleich vier Aufzüge, die jeweils bis zu 15 Personen aufnehmen können. Sie hieven die Besucher 107 Meter hinauf zur Gebäudespitze, wo ein Knochen von Siddhartha Gautama aufbewahrt wird, dem Gründer des Buddhismus. "Bei bis zu 6000 Besuchern und Mönchen, die täglich im Tempel unterwegs sind, können die vier Aufzüge auch permanent im Kreis fahren", erklärt Achim Hütter. Die Gestaltung der Anlage hat die internationale Zeitschrift "Elevator World" jetzt als Projekt des Jahres 2010 gewürdigt. Den gleichen Preis erhielt Hütter 2007 für den Aufzug im Hamburger Dockland des Architekten Hadi Teherani. Der bisher längste von Hütter eingebaute Aufzug jedoch steht nur gut 20 Kilometer von der Montagehalle in Glinde entfernt. Er führt, um den Bewohnern einer Seniorenresidenz den Weg in die Stadt zu erleichtern, durch einen Berg und endet mitten im lauenburgischen Mölln.