Hamburger Familienunternehmen Seca beliefert bereits Kliniken und Arztpraxen auf allen Kontinenten mit Waagen und expandiert weiter.

Hamburg. Robert Vogel, 42, wiegt sich täglich, nicht nur aus beruflichen Gründen. "Ich ess so wahnsinnig gern, und dann weiß man ja nie", sagt der Manager schmunzelnd, "dann gehe ich eben jeden Morgen als Erstes auf die Waage." Sein Bruder Frederik, 30, zieht die Stirn kraus, "du wiegst dich also aus rein ästhetischen Gründen", sagt er und schüttelt lachend den Kopf.

Robert und Frederik Vogel sind nicht nur Brüder, verstehen sich augenscheinlich gut und haben während ihres Studiums in den USA zusammengewohnt, sondern sind inzwischen auch Kollegen: Die beiden Hamburger sind Mitinhaber und Geschäftsführer von Seca, nach eigenen Angaben der Weltmarktführer für medizinische Waagen. Ob in Hamburg, Kiel, Berlin, aber auch in Dubai, Shanghai oder Mexiko-Stadt, überall auf der Welt stehen Seca-Waagen in zahlreichen Krankenhäusern und Arztpraxen.

Robert und Frederik Vogel haben die Geschäftsleitung vor zwei Jahren von ihrem Vater Sönke Vogel, 72, übernommen und tragen damit schon in recht jungen Jahren eine Menge Verantwortung. Immerhin betreiben sie Niederlassungen in der ganzen Welt, etwa in den USA, China und Japan. Zudem steuern sie die Produktion in Wandsbek, aber auch Werke in China und in der Tschechischen Republik.

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Seca ist einer der kleinen, feinen Weltmarktführer in Hamburg, ein Betrieb mit 400 Mitarbeitern, den die Familie Vogel seit vier Generationen führt - und es ist ein Unternehmen, das die jüngere Generation nun in ein neues Zeitalter leitet. Bisher ist Seca weltweit führend beim Wiegen und Messen von Patienten. In Europa stammt mehr als jede zweite Waage in Krankenhäusern von Seca, und das, obgleich die Waagen mit einem Preis von mehr als 800 Euro in das Luxussegment gehören.

Die Firma blickt auf eine Tradition zurück, die bis zur Erfindung der Dezimalwaage in Straßburg durch einen Mönch Anfang des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Ein Geselle dieses Mönchs kam aus Hamburg und legte hier den Grundstein für Seca - mit einer Waagenfabrik an der Poststraße in der Innenstadt. Heute liegen Büros und Produktion in Wandsbek, in einem zum Teil historischen Industriegebäude, das mit moderner Kunst und einer verschachtelten Architektur einen ganz eigenen Charme besitzt.

Und auch wenn Säuglingswaagen, Säulenwaagen und Flachwaagen, alles Geräte, die ausschließlich an professionelle Abnehmer geliefert werden, das Unternehmen erfolgreich gemacht haben - in Zukunft sollen auch neue Diagnosemöglichkeiten und deren digitale Verarbeitung zum Kerngeschäft der Hamburger gehören.

"Wir haben uns die Frage gestellt, was nach der Waage kommt", sagt Frederik Vogel zu der Entscheidung, das Portfolio von Seca zu verändern. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Gewichtsermittlung und Werte wie der BMI (Body-Mass-Index oder Verhältnis von Gewicht zu Größe) in Zukunft ausschlaggebend sein werden bei der Untersuchung von Patienten."

Moderne Krankenhäuser werden nicht mehr nur einfache Waagen einsetzen, sondern auch das Verhältnis von Fett, Muskeln oder Wasser beim Körpergewicht mit in die Diagnose einfließen lassen. Daraus ergeben sich lebenswichtige Schlüsse für die Behandlung etwa von Dialysepatienten, das Überwachen von Mangelernährung im Alter oder bei Krebserkrankungen sowie Informationen über Hilfe für übergewichtige Patienten.

"Weltweit ist Übergewicht ein Problem", sagt Robert Vogel. Nicht nur in den entwickelten Industriestaaten, sondern beispielsweise auch in Mexiko überschreite der Anteil von Übergewichtigen mit ihrem erhöhten Risiko für Herzkreislauferkrankungen die Marke von 30 Prozent an der Bevölkerung. Eine neue, analysierende Waage soll diese Probleme lösen helfen.

Schon bisher hat Seca in etlichen Jahren ein zweistelliges Umsatzwachstum erreicht, lediglich die Krise hat der Firma einen Dämpfer versetzt. Die Ertragssituation sei gut, verraten die ansonsten bei Geschäftszahlen hanseatisch verschwiegenen Inhaber, und die Eigenkapitalquote liege immerhin bei gut 50 Prozent. Mit den neuen Waagen für die Messung der Körperzusammensetzung, in deren Entwicklung die Vogels immerhin zehn Millionen Euro investiert haben, soll das Wachstum mindestens so weitergehen wie bisher.

Allein in Hamburg mit bisher 160 Beschäftigten sucht Seca daher 20 neue Mitarbeiter, weltweit sind 40 Stellen offen. Die Beschäftigten werden sich in Zukunft nicht nur auf den attraktiven Firmensitz Hamburg verlassen können, sagt Robert Vogel, sondern auch weiterhin in einem hundertprozentigen Familienunternehmen arbeiten können. "Auch wenn es sich anbieten würde, wir werden nicht an die Börse gehen und uns von der Hektik des Kapitalmarkts abhängig machen", sagt der Vater von drei Kindern, "vielmehr wünschen wir uns, die Firma auch noch an die fünfte Generation weiterzugeben."