Hohe Investitionen zahlen sich aus. Betreiber freuen sich über mehr Besucher. Eintrittspreise sind gestiegen.

Hamburg. Die Schneeflocken wirbeln den Zuschauern fast ins Gesicht. So mancher will sich instinktiv ducken, als sich der knorrige Finger des greisen Protagonisten aus "Disneys Weihnachtsgeschichte" in den Saal streckt. Der Schein trügt jedoch, alles nur Illusion - eine Illusion namens 3-D.

Diese Innovation in deutschen Kinos eröffnet nicht nur den Besuchern, sondern auch den Betreibern neue Dimensionen. Die Hamburger Multiplexkette Cinemaxx zieht nach ihren ersten drei Monaten mit der digitalen Technik eine äußerst positive Bilanz: "Die Besucher honorieren unsere Investitionen", sagte Cinemaxx-Sprecher Arne Schmidt dem Abendblatt. "Das Interesse war von Anfang an sehr groß." So haben sich allein im Lichtspielhaus am Dammtor laut Schmidt seit Anfang September knapp 50 000 Zuschauer für eine Vorführung in der neuen dreidimensionalen Qualität entschieden.

Und das, obwohl die Filme parallel auch in der herkömmlichen, günstigeren Variante im Cinemaxx liefen. Ein Beispiel: Nur 400 Besucher sahen am Dammtor das Animationsmärchen "Disneys Weihnachtsgeschichte" in der alten Analogtechnik. In 3-D zog derselbe Film 6000 Besucher an. "Wir haben die 'Weihnachtsgeschichte' in 2-D schließlich nicht mehr gezeigt, weil das Publikum eindeutig die neue Variante sehen wollte", sagt Schmidt. Die Cinemaxx-Kette hat knapp sechs Millionen Euro investiert, um bundesweit 60 Leinwände mit der Digitaltechnik auszustatten. Hamburg ist dabei Vorreiter: Seit September sind am Dammtor, in Wandsbek und Harburg in insgesamt sechs Sälen 2800 Plätze in 3-D bespielbar, darunter auch der große Premierensaal am Dammtor. Offenbar rechnet man damit, dass sich die Investitionen bald auszahlen - einige zusätzliche Leinwände in den bundesweit 30 Multiplexhäusern sollen nachgerüstet werden. Auch beim Konkurrenten UCI heißt es, das Potenzial sei noch nicht ausgeschöpft. "Trotz der knapp 1500 in 3-D bespielbaren Plätze in den drei Hamburger Kinos hat es bereits Engpässe gegeben", sagt UCI-Marketingkoordinatorin Lioba Kugoth. Ebenso wie in "Disneys Weihnachtsgeschichte", der Verfilmung des Literaturklassikers von Charles Dickens, dreht sich bei der 3-D-Umrüstung alles ums Geld - und dessen wundersame Vermehrung.

"Kino muss sich im Freizeitmarkt immer wieder positionieren und neu erfinden", sagt Branchenexperte Jan Oesterlin von der Zukunft Kino Marketing, einer Tochter der Verbände der Filmtheater sowie der Verleiher. "Für den Kinobesuch ist 3-D ein sehr positiver Anreiz." Und gleichzeitig der perfekte Anlass, die Kartenpreise deutlich zu erhöhen: Viele Lichtspielhäuser nehmen einen Aufschlag von zwei Euro pro Karte und berechnen die 3-D-Brille mit einem Euro extra, beim Cinemaxx kostet der dreidimensionale Spaß pauschal bis zu 13 Euro. 2008 lag der durchschnittliche Eintrittspreis laut der Deutschen Filmförderungsanstalt noch bei 6,14 Euro. "In diesem Jahr wird der Preis pro Kinokarte durch 3-D im Schnitt sicherlich höher liegen als 2008", sagt Oesterlin.

Wachstum erwarten die Betreiber auch bei den Besucherzahlen. In den ersten neun Monaten zählten die Kinos nach Verbandsangaben mit 100,8 Millionen verkauften Tickets bereits 13,6 Prozent mehr Besucher als im Vorjahresvergleich. Das könnte sich nach Einschätzung der größten deutschen Multiplexkette Cinestar mit 79 Lichtspielhäusern in Deutschland noch steigern. Auch die zweitgrößte Kinogruppe Cineplex spricht von einem "Riesenboom". Kein Wunder, dass die Zahl der 3-D-fähigen Säle im Laufe des Jahres rasant zugenommen hat: Von den insgesamt 3800 Leinwänden in ganz Deutschland sind laut dem Filmverleih 20th Century Fox mittlerweile rund 350 mit digitaler 3-D-Technik ausgestattet, "es werden aber stündlich mehr".

Programmkinos wie das Abaton in Hamburg werden an dieser Erfolgsgeschichte vorerst nicht teilhaben. "Im anspruchsvollen Bereich gibt es kein Filmangebot in 3-D", sagt Eva Matlok, Geschäftsführerin der AG Kino Gilde, die die Filmkunsttheater vertritt. "Dieser Effekt spricht eher bestimmte Zielgruppen an, die sich für Blockbuster interessieren." Zudem ist die seit Jahren debattierte branchenweite Digitalisierung, bei der die großen Ketten finanzschwächere Häuser unterstützen sollen, vor wenigen Wochen vorläufig gescheitert.

Der Massenfilm hingegen steuert in diesen Tagen auf einen lang ersehnten Höhepunkt zu: Am 17. Dezember kommt das Fantasyspektakel "Avatar" von Regisseur James Cameron in die Kinos. Das 3-D-Abenteuer gilt als Meilenstein der Filmtechnologie, soll die bisherigen Besuchererfolge sprengen und die Illusion im Kinosaal perfektionieren.