Morgen stellt der Insolvenzverwalter den Gläubigern seinen Plan vor. Auch die Mieten müssen noch sinken.

Hamburg. Morgen fällt eine wichtige Vorentscheidung im Überlebenskampf des insolventen Warenhauskonzerns Karstadt - und zumindest die rund 28 000 Beschäftigten haben die Weichen für einen Fortbestand des Unternehmens gestellt. In den nächsten drei Jahren sollen die Mitarbeiter auf je etwa 50 Millionen Euro verzichten. Das sieht ein "Eckpunktepapier" vor, auf das sich die Arbeitnehmervertreter und die Insolvenzverwaltung geeinigt haben.

"Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Sanierung", sagte Thomas Schulz, der Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg, dem Abendblatt. Mit dem 150-Millionen-Euro-Zugeständnis der Beschäftigten im Rücken will Görg morgen den Karstadt-Gläubigern seinen Plan für eine Rettung der Warenhauskette präsentieren. "Wir werden vorschlagen, das Unternehmen als Ganzes in einem Insolvenzplanverfahren zu sanieren", sagte Schulz. "Darin sehen wir die beste Chance, möglichst viele Standorte und Beschäftige erhalten zu können." In dem Insolvenzplanverfahren besteht die Gesellschaft mit allen ihren Vertragsbeziehungen weiter und wird nicht zwecks Verwertung in viele Einzelteile zerlegt.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass Standortschließungen vom Tisch wären. Nachdem Anfang September, als das Insolvenzverfahren des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor begann, 19 der 126 Waren- und Sporthäuser auf der Kippe standen, ist aktuell nach Angaben von Schulz noch bei 17 Standorten unsicher, ob sie weitergeführt werden können. "Das ist eine bittere Pille für die Beschäftigten", sagte Margret Mönig-Raane, Vizechefin der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Sollte die tatsächliche Streichliste nicht deutlich kürzer werden, stünden nach den Worten Mönig-Raanes Arbeitsplätze in vierstelliger Größenordnung zur Disposition. Einem Bericht der "Wirtschaftswoche" zufolge sollen höchstens zehn Häuser geschlossen werden.

Heute muss die Große Tarifkommission von Ver.di über das Eckpunktepapier abstimmen, was aber als bloße Formsache gilt. Im Einzelnen wollen die Arbeitnehmer drei Jahre lang auf ihr Urlaubsgeld, auf 75 Prozent des Weihnachtsgeldes sowie auf tarifliche Vorsorgeleistungen verzichten. Davon ausgenommen sind jedoch Beschäftigte mit einem Jahresgehalt von weniger als 18 000 Euro.

"Dieses Paket ist das Maximum dessen, was die Mitarbeiter einbringen können", sagte Ver.di-Sprecherin Cornelia Haß dem Abendblatt. Das Geld soll zur Absicherung auf ein Treuhandkonto fließen, bis Görg einen Investor für Karstadt gefunden hat. Ungeachtet dieser Sicherheitsmaßnahme setzt man bei Ver.di auf das Prinzip Hoffnung: "Wir haben das Sanierungskonzept von einem Wirtschaftsprüfer unter die Lupe nehmen lassen. Wenn wir es für aussichtslos hielten, hätte es keine Zugeständnisse der Mitarbeiter gegeben", sagte Haß.

Doch sie räumt ein, dass noch etliche Hürden genommen werden müssen. So stehen die Sanierungsbeiträge von Vermietern, Lieferanten und Dienstleistern des Warenhausunternehmens noch aus - und auch hier geht es um beträchtliche Summen. Zum Hintergrund: frühere Arcandor-Chefs hatten die Warenhausimmobilien an Fonds von Highstreet und Oppenheim-Esch verkauft, die in der Folge mit hohen Mietforderungen die Karstadt-Häuser in Bedrängnis brachten. Nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" ist das Immobilien-Konsortium Highstreet, das zuletzt Mieteinnahmen von rund 277 Millionen Euro von Karstadt erhalten habe, unter anderem zum Verzicht auf starre Mietsteigerungsklauseln bereit. "Die Gespräche mit Vermietern sind weit fortgeschritten", sagte Schulz dem Abendblatt. Details wollte er nicht nennen. Klar ist nur eines: Auch die Beschäftigten in den zehn Hamburger Karstadt-Häusern werden weiter bangen müssen, dass ihr Unternehmen nicht schließlich doch wie die Schwestergesellschaft Quelle endet.