Hamburger Betriebsrat erkämpft Zutrittsrecht auf Bahrenfelder Werksgelände vor dem Arbeitsgericht. Klage wegen Sozialplans.

Hamburg. Der Kampf um die Zukunft der 188 Mitarbeiter des Autozulieferers Kolbenschmidt in Hamburg spitzt sich zu. Das Arbeitsgericht Hamburg hat dem Betriebsrat per einstweiliger Verfügung ermöglicht, dass er die Werkshallen des Unternehmens in Bahrenfeld wieder betreten darf. Wie berichtet, hatte Kolbenschmidt am Wochenende die Produktionsstätte komplett abgeriegelt, sodass am Montag kein Mitarbeiter mehr die Hallen betreten konnte.

In dem Werk wurde bereits eine von insgesamt fünf Produktionslinien abgebaut. Selbst der Betriebsrat durfte nur seine Büroräume aufsuchen, aber nicht die Produktion. Kolbenschmidt hatte zuvor angekündigt, den Betrieb in Hamburg wegen hoher Verluste schließen zu wollen. Gleichzeitig sollen Teile der Produktion nach Neckarsulm verlagert werden, wo das Unternehmen seinen Hauptstandort hat.

Schon Monate zuvor wurde in dem Werk Kurzarbeit gefahren, die von der Arbeitsagentur gefördert wurde, weil so eigentlich Arbeitsplätze gerettet werden sollten. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Hamburger Agentur die Zahlung von Kurzarbeitergeld an Kolbenschmidt aber schon seit Ende September eingestellt - nachdem das geplante Aus für die Hamburger Produktion bekannt wurde. "Wenn ein Werk geschlossen wird, werden keine Arbeitsplätze gerettet. Doch die Sicherung von Beschäftigung ist die Voraussetzung für die Förderung von Kurzarbeit", sagte Knut Böhrnsen, Sprecher der Arbeitsagentur Hamburg.

Bei Kurzarbeit übernimmt der Arbeitgeber in der Regel nur die Zahlung der Sozialabgaben, die Arbeitsagentur überweist das Kurzarbeitergeld, das mindestens 60 Prozent des bisherigen Nettolohnes des Beschäftigten beträgt. Die Agentur würde den Hamburger Mitarbeitern von Kolbenschmidt auch gern bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz helfen oder eine Transfergesellschaft für sie ermöglichen, in der sie zum Beispiel für neue Aufgaben qualifiziert werden. "Aber dazu müsste das Unternehmen mit uns in Kontakt treten. Doch das ist bisher nicht geschehen", sagte Böhrnsen.

Inzwischen bezahlt Kolbenschmidt die Gehälter der Mitarbeiter ohne die Hilfe der Arbeitsagentur - obwohl die Produktion wieder stillsteht. Das Unternehmen hat seine Mitarbeiter vergangene Woche per Brief und am Wochenende sogar per Telefon darüber informiert, dass sie am Montag nicht im Werk erscheinen sollten. Man fahre in Hamburg "Kurzarbeit Null".

Die Gehälter wird Kolbenschmidt wohl so lange überweisen müssen, bis man sich mit dem Betriebsrat auf einen Sozialplan und einen Zeitplan für die Werksschließung geeinigt hat.

Das kann dauern. Denn schon vor Gesprächsbeginn beschäftigt der Sozialplan die Richter. Heute wird vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg eine Klage des Betriebsrats verhandelt. "Wir wollen erreichen, dass Kolbenschmidt mit uns in Hamburg einen Sozialplan aushandeln muss und dies nicht mit dem Gesamtbetriebsrat in Neckarsulm macht", sagt der Hamburger Betriebsratsvorsitzende Ibrahim Solak.

Denn die Arbeitnehmervertreter in Neckarsulm könnten in die Versuchung geraten, bei den Gesprächen die Interessen des süddeutschen Standortes stärker zu berücksichtigen als die der Arbeitnehmer im fernen Hamburg, fürchtet Solak. Er und seine Kollegen haben für die kommenden Tage Mahnwachen vor dem Werk in Bahrenfeld organisiert.