Zukunft von Blohm + Voss bleibt weiterhin unklar. Profitieren die Hamburger am Ende von dem Konzernumbau?

Hamburg. Der ThyssenKrupp-Konzern, mit rund 5500 Mitarbeitern größter Werftbetreiber in Deutschland, stellt weitere Weichen für einen Ausstieg aus dem Bau von Handelschiffen an den deutschen Standorten. "Wir führen mit der Firmengruppe Heinrich Rönner Gespräche über eine partnerschaftliche Zusammenarbeit hinsichtlich der HDW-Gaarden", bestätigte Andrea Wessel, die Sprecherin von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), am Freitag einen Bericht der "Kieler Nachrichten". Die Firmengruppe Heinrich Rönner mit Sitz in Bremerhaven ist ein Zusammenschluss elf mittelständischer Unternehmen, die unter anderem im Stahlbau, im Schiffbau und in der Schifffahrt tätig sind.

Bei HDW-Gaarden in Kiel waren zuletzt mit noch rund 400 Mitarbeitern Containerschiffe gebaut worden. Dieser Markt ist im Zuge der Weltwirtschaftskrise aber zusammengebrochen. An den Standorten Emden und Kiel verlor TKMS im Frühjahr vier Aufträge für Containerfrachter.

Die Verkaufsgespräche für HDW-Gaarden sind Teil der umfassenden Neuordnung im Werftgeschäft bei ThyssenKrupp. Diese hatte Konzernchef Ekkehard Schulz angesichts der globalen Rezession bereits im Frühjahr angekündigt. Der Aufsichtsrat von TKMS berät die künftige Struktur der konzerneigenen Werften bei seiner Sitzung am kommenden Donnerstag.

Die Hamburger TKMS-Werft Blohm + Voss könnte mittelfristig gestärkt werden, sofern die Fertigung von Marine-Überwasserschiffen komplett an der Elbe konzentriert wird, sagte ein Insider dem Abendblatt. U-Boote will TKMS künftig demnach vollständig bei der HDW-Marinewerft in Kiel bauen. Verlierer dieses Konzentrationsprozesses sind die Nordseewerke in Emden, bei denen sich TKMS mit der Abarbeitung der noch bestehenden Marineaufträge in den kommenden Jahren weitgehend zurückziehen will. In einer Stellungnahme betonte TKMS am Freitag allerdings, das Unternehmen bleibe "dem Standort Emden verbunden", mit Entwicklungsarbeiten wie auch mit einem Reparatur- und Ausrüstungsbetrieb.

Bereits zu Beginn der Woche hatte TKMS Verhandlungen über einen Einstieg des Unternehmens Siag Schaaf aus Rheinland-Pfalz bei den Nordseewerken bestätigt. Siag will in Emden künftig Komponenten für Offshore-Windturbinen bauen und verschiffen. TKMS machte keine genauen Angaben über die künftigen Eigentumsverhältnisse bei den Nordseewerken. Siag spricht in einer Stellungnahme von einer "Übernahme des Standorts zum 1. Oktober 2009". Dann beginnt bei TKMS das neue Geschäftsjahr.

Bislang waren in Emden 1400 Menschen beschäftigt. Rund 200 Stellen sollen nach dem Wegfall der Containerschiffsaufträge noch in der bisherigen Planung von TKMS gestrichen werden. 720 Mitarbeiter will Siag übernehmen, die übrigen sollen bei TKMS bleiben. Siag spricht von einem "sanften Übergang" bis zum Ende des U-Boot-Teilebaus und dem Beginn der Offshore-Fertigung Mitte 2011.

Im Juni war bekannt geworden, dass TKMS auch Möglichkeiten für einen Teilverkauf von Blohm + Voss sondiert hatte. Das Geschäft in Hamburg mit insgesamt 1700 Mitarbeitern basiert auf vier Säulen: dem Reparatur- und Umbaubetrieb, dem Bau von Fregatten und Korvetten für die Bundesmarine, dem Bau von Superyachten und dem Maschinenbau. Der Reparaturbetrieb gilt als gut ausgelastet. Für Yachten gibt es nach Ablieferung von zwei fast fertigen Schiffen im Geschäftsjahr 2009/2010 keine Folgeaufträge. Für die Bundesmarine wird Blohm + Voss nach aktuellem Stand erst vom Jahr 2015 an wieder Schiffe bauen.

Aus dem Umfeld des Unternehmens hieß es, Blohm + Voss wolle an allen Geschäftsbereichen festhalten. Das Unternehmen bemühe sich derzeit um zwei neue Aufträge für Megayachten. In diesem Schiffbausegment ist Blohm + Voss Weltmarktführer.

Im Gespräch war in den vergangenen Jahren immer wieder auch die Schaffung eines europäischen Verbundes von Marinewerften, eine Art "maritimer EADS" nach dem Vorbild des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns. Eine solche Kooperation hatte vor allem ThyssenKrupp stets zurückgewiesen, weil andere europäische Marinewerften, etwa in Frankreich oder Spanien, entweder technologisch zurückliegen oder noch in Staatsbesitz sind. Ohnehin wäre ein solcher Verbund nur mit politischer Unterstützung zu realisieren.

Neben den deutschen Standorten betreibt TKMS die Marinewerft Kockums in Schweden sowie die Handelsschiffwerft Helenic Shipyards in Griechenland.