Höherer Eigenkapitalpuffer, maßvollere Boni, länderübergreifende Aufsicht: Was auf die Geldhäuser zukommt.

Hamburg. Durch höhere Eigenkapitalanforderungen und eine verschärfte Regulierung soll das internationale Bankensystem künftig besser gegen Krisen gewappnet sein. Dies haben die Notenbankchefs und Bankenaufseher von 27 wirtschaftlich führenden Nationen beschlossen. Die Einigung sei "äußerst wichtig", weil damit global gültige Standards für die Regulierung und Aufsicht von Banken gesetzt würden, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, der die Sitzung geleitet hatte. So ließen sich "Wahrscheinlichkeit und Schwere" von Finanz- und Wirtschaftskrisen deutlich mindern.

"Die Vorgaben müssen aber erst noch konkretisiert werden", sagte der Bankenexperte Wolfgang Gerke dem Abendblatt. "Das gilt besonders für die wichtige Frage, wie die Eigenkapitalausstattung künftig aussehen muss." Bis Ende des Jahres sollen greifbare Vorschläge ausgearbeitet sein. Ein festes Datum für die Umsetzung gibt es jedoch nicht. "Es muss schnell gehen, denn jetzt sitzt der Schock der Finanzkrise noch tief", meint Gerke. "Sobald man meint, man habe die Krise hinter sich gelassen, sinkt die Bereitschaft, sich auf eine verschärfte Regulierung einzulassen."

Vor allem jene Banken, die so groß sind, dass sie im Fall einer Pleite einen Dominoeffekt auslösen könnten, sollen nach dem Willen der Notenbankpräsidenten mehr Eigenkapital für risikoreiche Geschäfte zurücklegen. "Ich würde es gut finden, wenn vom Gewinn stets ein bestimmter Betrag für die Absicherung auf die Seite gelegt werden muss, bevor Boni und Dividenden ausgeschüttet werden", sagte Gerke. Für die Boni ist nach seiner Ansicht keine konkrete Obergrenze nötig. "Wichtig ist aber, dass man länderübergreifend einen vernünftigen Maßstab findet und die Boni an nachhaltigen Kriterien ausgerichtet werden. Deutschland ist hier schon weiter als manche andere Länder."

Dringend gebraucht werde jedoch auch eine internationale Finanzmarktaufsicht, "um den multinationalen Banken auf Augenhöhe begegnen zu können", so Gerke. "Da sehe ich noch riesigen Handlungsbedarf."

Auch in der Branche selbst stößt die Forderung nach Veränderungen offenbar nicht grundsätzlich auf Widerstand. So stünden beispielsweise Bonussysteme auf dem Prüfstand und würden neu ausgerichtet, erklärte Manfred Weber, der geschäftsführende Vorstand des Bundesverbands deutscher Banken: "Ein Zurück in die Vergangenheit kann und wird es nicht geben." Es liege auch nicht im Interesse der Banken. Weber räumte ein, die Finanzmarktkrise habe dem Ansehen der Branche "insgesamt doch erheblich geschadet". Dies zeige auch eine neue Umfrage unter den Kunden, wonach 52 Prozent der Befragten das Vertrauen in die Banken allgemein stark beeinträchtigt sehen. Erfreut zeigte sich Weber dagegen über ein weiteres Ergebnis der Studie: Auf die Frage nach dem Verhältnis zu ihrer eigenen Bank sagten dem Verband zufolge immerhin 60 Prozent der Kunden, ihr Vertrauen in diese sei "überhaupt nicht" beeinträchtigt.

Trotz der verbreiteten Auffassung, die Finanzkrise sei beendet, sind nach Ansicht des Branchenexperten Gerke allerdings noch nicht alle Banken "über den Berg". Zwar sind die Risiken aus Spekulationen mit besonders risikoreichen Wertpapieren inzwischen weitgehend bewältigt oder zumindest überschaubarer geworden. Dafür erreichten die Gefahren aus der Wirtschaftskrise erst noch ihren Höhepunkt, so Gerke: "Zum Ende einer Rezession sind die Kreditausfallraten am höchsten." Aus diesem Grund wollen auch die 27 Notenbankpräsidenten darauf achten, dass die neuen Vorschriften die Erholung nicht behindern.