Umsätze dürften 2009 um 15 Prozent einbrechen. Nur wenige Unternehmen werden überleben.

Hamburg. Trotz zunehmender Hoffnungen auf eine Erholung der Wirtschaft hat die Luftfahrtbranche die schweren Turbulenzen noch längst nicht hinter sich gelassen - im Gegenteil: Der Weltverband IATA rechnet für 2009 mit einem Umsatzeinbruch von 15 Prozent bei den Fluggesellschaften - und zuletzt sind auch noch die Treibstoffkosten wieder deutlich angestiegen. Diese Kombination von Belastungen macht die Krise so gefährlich.

Doch nicht alle Airlines sind im gleichen Maße betroffen. "Traditionelle Premiumfluglinien leiden besonders stark", sagt Gerd Pontius, Vorstand der auf Fluggesellschaften spezialisierten Hamburger Unternehmensberatung Prologis, dem Abendblatt. Denn viele der verbliebenen Passagiere buchten nicht mehr die Businessclass, sondern nur noch die günstigere Economyclass - "oder sie wechseln gleich zu Günstiganbietern". Zwar seien schon vor vier oder fünf Jahren erste Regelungen in Firmen eingeführt worden, wonach Mitarbeiter auf innereuropäischen Strecken nicht mehr in der Businessclass fliegen sollen, so Pontius. "Neu ist aber, dass diese Regelungen nun auch für Langstrecken gelten."

Für die etablierten Linienfluggesellschaften hat das dramatische Folgen. British Airways (BA) kämpft nach den Worten von Konzernchef Willie Walsh ums Überleben und hat schon 4000 Arbeitsplätze gestrichen, die skandinavische SAS will bis zu 1500 Stellen abbauen und fordert vom fliegenden Personal Lohnkürzungen von 15 bis 20 Prozent, selbst die sonst vergleichsweise krisenfeste Lufthansa will die Belegschaft im Linienfluggeschäft um 400 Personen reduzieren.

Nur vier Anbieter in Europa könnten überleben, tönt Ryanair-Chef Michael O'Leary - zu denen der irische Billigflieger natürlich gehören werde. Branchenexperte Pontius hält die von O'Leary genannte Zahl zwar für viel zu niedrig. Sicher sei aber: "Wir werden eine Marktbereinigung sehen. Es gibt einige Wackelkandidaten, zumal bei vielen Fluggesellschaften die Eigenkapitaldecke trotz der zurückliegenden guten Jahre extrem dünn ist." Besonders gefährdet seien "traditionelle Fluggesellschaften mit eher kleiner Kundenbasis", so etwa die tschechische CSA oder auch die SAS in Skandinavien, meint Oliver Caspari, Analyst beim Bankhaus Lampe. Allerdings geraten auch Branchenriesen ins Wanken. "British Airways steht vor einer ungewissen Zukunft", so Pontius: "Die Briten haben genau auf diejenigen Segmente gesetzt, die jetzt besonders schwach sind: Die Bedeutung der Businessclass ist für BA sehr hoch ebenso der nordamerikanische Markt."

Auf der anderen Seite konnten Anbieter mit vergleichsweise günstigen Tarifen von den Sparzwängen der Geschäftsreisenden profitieren. Dies gilt laut Pontius für die britische Easyjet, aber auch für Air Berlin, die sich schon in den vergangenen Jahren erfolgreich um gute Kontakte zu Unternehmenskunden gekümmert habe. Pontius stellt aber klar: "Easyjet ist für mich schon lange kein echter Billigflieger mehr. Air Berlin gehörte nie dazu und ist vom Geschäftsmodell her eher vergleichbar mit der Lufthansa, aber bei einer niedrigeren Kostenbasis." Außer Ryanair gebe es nur noch eine Handvoll reiner Billigflieger in Europa wie Wizzair aus Polen.

Jedoch müsse sich erst noch herausstellen, ob die neue Klientel solcher Sparfluggesellschaften ihnen auch wirklich treu bleibe, sagt Caspari: "Es ist die Frage, ob die Kunden auf längere Sicht bereit sind, die Einbußen an Service hinzunehmen." Zudem könnten deutlich höhere Spritpreise zur Bedrohung werden: "Wenn der Ölpreis über 100 Dollar je Barrel steigt, haben Billigflieger größere Probleme als andere, weil bei ihnen der Anteil der Treibstoffkosten an den gesamten Aufwendungen höher ist. Gerade die Lufthansa mit ihrer Finanzkraft kann sich gegen Ölpreisschwankungen recht gut absichern." Ohnehin gilt der Kranich-Konzern als eines der wenigen Unternehmen, die ungefährdet durch die Branchenkrise kommen dürften. "Die Lufthansa ist strategisch hervorragend positioniert und wird aus dieser Krise langfristig als einer der Gewinner hervorgehen", erwartet Pontius.

Zwar sind auch dort die Herausforderungen groß: Im ersten Halbjahr sanken die Umsätze um 15 Prozent, und der operative Gewinn rutschte fast bis auf die Nulllinie, außerdem droht ein Tarifstreit mit den Piloten, und der Heimatflughafen Frankfurt will die Gebühren um acht Prozent anheben. Doch Konkurrenten wie British Airways und Air France/KLM schreiben schon jetzt hohe Verluste, während der Lufthansa laut Caspari ihre breite Aufstellung zugutekommt.

So konnte die Techniktochter in Hamburg ihren Umsatz in den ersten sechs Monaten gegen den Branchentrend sogar um 15 Prozent steigern, der Gewinn blieb mit 116 Millionen Euro gegenüber 138 Millionen im Vorjahreszeitraum auf hohem Niveau. Auch für das Gesamtjahr rechnet Lufthansa Technik mit höheren Erlösen. Zumindest bei dieser Konzerntochter dürfte ein Verlust wohl kein Thema sein.