Die Details für die Übernahme des Sportwagenherstellers durch den Großkonzern sind noch offen.

Hamburg. Eine Schlacht ist geschlagen, aber der Krieg noch nicht gewonnen. Der gestrige Rücktritt von Wendelin Wiedeking als Porsche-Chef markiert einen Zwischenschritt in einem der härtesten Machtkämpfe der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte. Die wichtigste Frage ist hingegen noch unbeantwortet: Wann schluckt Europas größter Autokonzern Volkswagen den Sportwagenhersteller Porsche? Und wie sieht der Weg dahin aus?

"Porsche bleibt Porsche - der Mythos lebt und wird nie untergehen. Verlassen Sie sich auf mich", rief Wolfgang Porsche, Miteigner und Aufsichtsratsvorsitzender des Zuffenhausener Unternehmens, gestern den Mitarbeitern bei einer Betriebsversammlung zu. Wiedeking hatte sich bei dieser Veranstaltung von seiner Belegschaft verabschiedet. Mit Rückendeckung vor allem von Wolfgang Porsche hatte Wiedeking seit 2005 versucht, die Mehrheit bei Volkswagen zu übernehmen - und damit auch die Kontrolle über eine derzeit sehr gut gefüllte Konzernkasse.

Die Finanzmarktkrise zerstörte die Kalkulation von Wiedeking und seines Finanzvorstands Holger Härter, der ebenfalls abtritt. Anstelle von Volkswagen ist nun das hoch verschuldete Unternehmen Porsche der Übernahmekandidat. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, der den 20-prozentigen Anteil des Landes bei Volkswagen vertritt, frohlockte gestern bereits über die Eingliederung von Porsche: "Unter dem Dach des zukünftigen Konzerns werden zehn Marken geführt."

In Stuttgart stellten die Aufsichtsräte von Volkswagen und Porsche bei ihren jeweiligen Sitzungen in den zurückliegenden zwei Tagen die Weichen für die Schaffung eines "integrierten Automobilkonzerns mit Porsche unter Führung von Volkswagen", wie es in der offiziellen Stellungnahme des Konzerns heißt. Die Details müssen zwischen den Anteilseignern in den kommenden Wochen ausgehandelt werden.

Voraussichtlich wird Volkswagen zunächst die Mehrheit an Porsche übernehmen, denkbar ist mittelfristig auch eine Komplettübernahme. Das Emirat Katar wird nach aktuellem Stand wohl mit 17 Prozent bei Volkswagen einsteigen und dafür Aktienoptionen von Porsche kaufen, die der Sportwagenhersteller ursprünglich für seinen Angriff auf Volkswagen erworben hatte. In dieser Konstruktion würden den Familien Porsche und Piëch - denen bislang die Mehrheit an Porsche gehört - letztlich die Mehrheit an Volkswagen zufallen. Zweitgrößter Aktionär bliebe Niedersachsen mit 20 Prozent, gefolgt von Katar.

Bei der Porsche-Belegschaft herrscht die Furcht, dass die Eigenständigkeit des Unternehmens verloren gehen könnte. "Jetzt geht es darum, diesen angestrebten Schulterschluss mit Volkswagen zu realisieren, und zwar auf Augenhöhe", sagte Michael Macht, der neue Chef der Porsche AG. In der Holding Porsche SE bleibt Macht, anders als zuvor Wiedeking, nur einfacher Vorstand, eine neuer Vorstandsvorsitzender wurde vom Aufsichtsrat gestern nicht benannt. Das spricht für eine baldige rechtliche Eingliederung von Porsche bei Volkswagen. Die Produktion und die Marke allerdings dürften auch in den kommenden Jahren eine weitgehende Unabhängigkeit behalten.

Die bisherige Praxis bei Volkswagen zeigt, dass Marken wie Audi oder auch der später übernommene Sportwagenhersteller Lamborghini sehr unabhängig agieren können. VW-Chef Martin Winterkorn bekräftigte diese strategische Linie gestern in Stuttgart: "Wie heute schon Audi würde sich auch Porsche unter dem Dach von Volkswagen eigenständig entwickeln und seine Identität bewahren können." Alles andere wäre wohl schädlich. "Das Unternehmen Porsche erzielt bis zu 80 Prozent seines Gewinns durch den Markenwert. Für lange Zeit wird es daher wichtig sein, dass Porsche zwar in den VW-Konzern integriert ist, aber weiterhin als ein eigenständiges Unternehmen wahrgenommen wird", sagt Christoph Stürmer, Analyst des Marktforschungsinstituts Global Insight.

Die zentrale Figur des Industriedramas um Volkswagen und Porsche blieb gestern im Hintergrund. Ferdinand Piëch, der Vorsitzende des Volkswagen-Aufsichtsrats und Miteigentümer von Porsche, ist der Erfüllung seines Lebenstraums einen großen Schritt näher gekommen: die Unternehmen Volkswagen und Porsche zusammenzuführen, die beide auf seinen Großvater, den "Käfer"-Erfinder Ferdinand Porsche, zurückgehen.