Gleich hinter der Glastür beginnt die andere Welt. Die Welt der Bleichen. Derer, die Hemden tragen, die hinten offen sind, und die keinerlei Interesse mehr haben am nächsten Urlaub auf Mallorca.

Die Unbefugten, die am Empfang vorbei in diese Welt kommen, machen hilflose Gesichter und haben mit dem Zuklappen der Autotür draußen auf dem Parkplatz ihre Sicherheit eingebüßt. Unbeholfen schaffen sie Reste der alten Welt heran - in Tüten: Bücher und Obst, Zeitschriften und Kekse. Überflüssiges. Botschaften davon, wie es einmal war und von dem, was es einmal gab. Und außerdem bringen sie Grüße. Von Verwandten. Die Bleichen schütteln ihre Köpfe.

"Und weißt du . . ."

Nein, ich weiß es nicht, und ich will es auch gar nicht mehr wissen. Lautlos bewegen die Bleichen ihre Lippen, und niemand versteht sie.

"Der Arzt sagt, es geht dir viel besser."

Der Arzt. Was weiß denn der Arzt?

Hinter der Glastür beginnt das Tasten zwischen Hüben und Drüben - im Hier und Jetzt. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Wenngleich mancher noch eine Spanne Zeit bekommt. Aber auch darüber wissen die Ärzte wenig. Sie stellen ihren Sieg in Rechnung, ohne den Gegner zu kennen - den Tod. Doch die Bleichen kennen ihn, und er ist ihnen Warnung genug vor der Lüge, vor dem Hohen Lied des Lebens, vor der Dünnwandigkeit von Familie, Karriere, Beruf. Nachts, auf den menschenleeren, gespenstisch hell erleuchteten Fluren, vor den Zimmern der Nachtschwestern oder in der lärmenden Lautlosigkeit der Intensivstation halten sie Zwiesprache mit denen, denen er Bruder

geworden ist. Mit denen, die alles schon hinter sich haben. Auch die Lächerlichkeit des "Bald bist du wieder gesund, ich koche dir dein Lieblingsessen, und spätestens wenn Oma kommt, bist du wieder topfit."