Born to cook? Ist nicht jeder. Macht nix, sagt Tim Mälzer. Der Meister der angstfreien Küche hat für die Abendblatt-Leser vier Weihnachts-Rezepte ausgesucht - mit persönlichen Tips.

JOURNAL: Herr Mälzer, woher haben Sie Ihren guten Geschmack? Brauchen Sie dafür mehr Kopf oder mehr Zunge?

TIM MÄLZER: Ich glaub, den hab ich noch nicht mal, ich bin ein Kopfschmecker. Und ich rauche, das hat wahrscheinlich Einfluß: Eine gewisse Subtilität ist nicht da. Und wenn man bißchen verschnupft ist, kann man sowieso kaum 'ne Himbeere und 'ne Tomate auseinanderhalten.

JOURNAL: Wonach soll man sich richten?

MÄLZER: Beim Kochen zweierlei beachten: die richtige Prise Salz und einen Spritzer Zitrone, um den Eigengeschmack herauszubringen. Ansonsten ist es die Balance zwischen Süße und Säure, die Wohlgeschmack erzeugt. Dann kommen Bitterstoffe und Schärfe dazu, die gelten aber fachlich eher als "Schmerz".

JOURNAL: Sie machen erstmals eine Kochshow. Kann man denn jemandem, der nicht kochen kann, Kochen beibringen?

MÄLZER: Wird teuer, geht aber. Ich weiß, daß unerfahrene Köche vielleicht nicht mal 'ne Frikadelle machen können. Wenn ich also ein Rezept mit vier Tomaten vorschlage, wissen die nicht: Sind das die lahmen Dinger aus dem Regal oder die vom Markt? Profis können das Manko ausgleichen. Wer seltener kocht, eher nicht.

JOURNAL: Müssen es immer die besten Zutaten sein?

MÄLZER: Currywurst hat für mich den gleichen Wert wie weiße Trüffel. Nur weil die teurer ist, ist sie nicht besser. Manche empfinden aber den Wert eines Produkts erst durch Exklusivität oder die besondere Herstellung. Es ist auch sinnvoll, mal hohe Qualität zu kaufen und mehr auszugeben. Ich erwarte aber nicht, daß jeder das 100prozentig kann. Wenn ich Tüten-Kartoffelpüree mit Birne kombiniere, weiß ich: Das kriegen Nicht-Profis hin, dazu können sie dann auch Lachs machen. Wenn ich alles frisch anrichte, nur beste Ware verwende und mit dem Höchsten anfange, finden die Leute das toll, sind aber nicht motiviert, es nachzukochen.

JOURNAL: Was sollte man auf keinen Fall beim Kochen tun?

MÄLZER: Das ist für jeden anders. Der Titel "Schmeckt nicht gibts nicht" für meine Sendung ist ja sensationell dämlich. Was er eigentlich bedeutet: Ich bestimme nicht, was die Leute mögen. Wenn sie finden, etwas schmeckt nicht, haben sie recht. Und ebenso, wenn sie sagen: Das ist köstlich. Essen ist was Subjektives.

JOURNAL: Was unterscheidet Sie von anderen bekannten Köchen?

MÄLZER: Daß ich Essen und Trinken als Gesamtheit mit der Situation drumherum sehe. Ich war gerade auf Mallorca, da hab ich Lammschulter gegessen, ohne Beilage, und eine Vorspeise, die ich klauen werde: Blätterteig, geschmorte Feige und Sardellen. Schmeckt wirklich toll. Und ich hab mein erstes Olivenöl gemacht, wahrscheinlich nicht das beste der Welt, aber ich find's fantastisch, weil es von mir ist. Wie das erste selbstgemachte Duftkissen: sieht auch bescheiden aus, trotzdem freut man sich drüber.

JOURNAL: Müssen Sie immer an Essen denken? Sind Sie nie mal am Strand?

MÄLZER: Ungerne, ich gehe gern essen und bin auch nicht verkopft dabei. Ich freue mich auf den Moment, vor der Lammschulter zu sitzen, nebenan die Oma vom Wirt. Ich liebe Situationen ums Essen und Trinken.

JOURNAL: Von wem lernen Sie?

MÄLZER: Klar hab ich von Profis gelernt, aber was Kombination und Vielfalt angeht: definitiv am meisten von Privatpersonen und aus der Tradition.

JOURNAL: Gibt es etwas, was Ihnen nicht schmeckt?

MÄLZER: Mir wird von gekochtem Eiweiß schlecht und von Currywurst, obwohl ich sie liebe. Ich muß keine Hühnchenfüße, Lammhoden oder Froschschenkel essen, bin eigentlich recht bieder.

JOURNAL: Welches Land hat die beste Küche?

MÄLZER: England, das wird noch immer unterschätzt. Die Franzosen ruhen sich auf alten Lorbeeren aus. Kochmäßig, ernährungsphysiologisch, produkttechnisch wäre das Beste eine Mischung der Küche Spaniens, Italiens und Asiens. Spanien halte ich für die aufstrebende Koch-Nation mit extrem kreativen Kombinationen. Die begreifen ihre Produkte.

JOURNAL: Und wir Deutsche?

MÄLZER: Viele kochen recht hochwertig. Aber bei uns muß es immer was Besonderes sein: der Sternekoch, das exklusive Restaurant. Die Selbstverständlichkeit, mit der in mediterranen und asiatischen Ländern einfach mit Freude draußen gegessen wird, haben wir noch nicht. Aber ich glaube, daß sich das in fünf bis zehn Jahren zeitverzögert einstellen wird.

"Ich muß keine Hühnchenfüße essen, keine Lammhoden und keine Froschschenkel. Ich bin eigentlich recht bieder."

"Auf die Faust" - die Show mit Tim Mälzer und Oliver Muth : CCH Saal 2. 27.-30.12., 20 Uhr. Karten von 19,80 bis 29,80 Euro unter Tel. 303 73 20, im Abendblatt-Center Caffamacherreihe 1 oder in Ahrensburg Hagener Allee 3 A.