Vor wenigen Tagen warf eine Mutter ihr Neugeborenes aus dem Fenster. Nun erschüttert der Fall eines fast verhungerten Babys Berlin.

Berlin. Drama um ein Berliner Baby: Der kleine Junge ist fast verhungert und konnte nur knapp gerettet werden. Mutter und Kind waren zunächst verschwunden und mussten von der Polizei tagelang gesucht werden. Erst am Wochenende konnte der stark unterernährte und vernachlässigte Säugling in eine Klinik gebracht werden, teilte ein Polizeisprecher am Dienstag mit. Gegen die aus Westdeutschland stammende Mutter (25) wurde Haftbefehl erlassen, sie sitzt in Untersuchungshaft, teilte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, mit.

Erst kurz zuvor hatte ein anderer Fall in Berlin Bestürzung hervorgerufen. Eine Mutter hatte ihr Neugeborenes aus dem 5. Stock eines Mietshauses geworfen. Der kleine Junge lebte nur wenige Stunden. Die Babyleiche in einer Plastiktüte wurde am Sonntagmorgen entdeckt. Gegen die 40-jährige Mutter wurde Haftbefehl wegen Totschlags erlassen.

+++ Baby aus 5. Stock geworfen: Haftbefehl gegen die Mutter +++

Der anderen Mutter wird Verletzung der Fürsorgepflicht vorgeworfen. „Das Kind wiegt nur ein paar hundert Gramm mehr als bei der Geburt“, zeigte sich Sprecher Steltner erschüttert. Normalerweise nimmt ein Neugeborenes nach Angaben von Medizinern in den ersten drei Lebensmonaten etwa zweieinhalb Kilogramm zu. Nun hoffen alle, dass sich der abgemagerte Winzling erholt und trotz der extremen Unterversorgung ohne Schäden des Gehirns durchkommt.

Eine Kinderärztin hatte die Polizei alarmiert, nachdem die Mutter mit dem Baby in einer Sprechstunde aufgetaucht war. Die dringende Empfehlung, das Kind sofort in eine Klinik zu bringen, ignorierte die Frau und verschwand wieder für Tage mit ihrem Sohn. Zwischen dem Anruf der Ärztin und der Festnahme der Mutter vergingen etwa zehn Tage.

Einen festen Wohnsitz hatte die Frau in Berlin laut Polizei nicht. Sie sei erst vor einem Jahr aus Nordrhein-Westfalen in die Hauptstadt gekommen. Wie und wo sie hier gelebt hat - dazu gab es am Dienstag nur Schulterzucken. Die junge Mutter soll immer mal bei verschiedenen Bekannten untergekommen sein, hieß es.

Doch damit nicht genug: Drei andere Kinder der Frau sind bei Pflegeeltern in ihrer alten Heimat untergebracht. Zudem ist die Mutter laut Staatsanwaltschaft bereits wegen Betruges verurteilt. So richtig einsichtig sei sie bei den Vernehmungen nicht gewesen, wurde aus Ermittlerkreisen bekannt.

Mit dem kleinen Jungen, der in Berlin zur Welt kam, sei sie nach der Geburt unerlaubt aus dem Krankenhaus verschwunden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Dabei musste das Kind schon da mit einer Magensonde ernährt werden, weil es nicht trinken konnte.“ Inzwischen hat ein Jugendamt die Obhut übernommen.

Der Berliner Kinderarzt Andreas Lindner sagte, eine direkte Zwangseinweisung eines Kindes in ein Krankenhaus sei in der Regel nicht möglich. In solchen Fällen müsse zunächst das Jugendamt eingeschaltet werden.

Ähnlich traurige Fälle gab es immer wieder. Im mittelfränkischen Thalmässing starb die dreijährige, stark unterernährte Sarah nach langer Leidenszeit im August 2009. Im selben Jahr verhungerte in Hamburg die neun Monate alte Lara Mia . Im Dezember 2007 starb der zwei Jahre alte Robin aus dem sächsischen Kirchberg. Seine Mutter war verreist und hatte ihm eine Trinkflasche und Kekse ins Bett gelegt. Nach jahrelangem Martyrium endete im März 2005 das Leben der unterernährten siebenjährigen Jessica aus Hamburg. Die Eltern hatten ihre Tochter in einem ungeheizten Zimmer wie eine Gefangene gehalten.