Seyne-les-Alpes/Berlin/Hamburg. Tausende für Trauermarsch in Haltern an Ostern angemeldet. Uniklinik Düsseldorf übergibt Ermittlern die Krankenakte des Co-Piloten.

Neue erschütternde Details zum Co-Piloten der in den französischen Alpen abgestürzten Germanwings-Maschine: Andreas L. war vor seiner Karriere als Berufspilot als suizidgefährdet eingestuft und in psychotherapeutischer Behandlung. Das hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Montag mitgeteilt. Die Behandlung sei erfolgt, bevor er den Pilotenschein erwarb. Bei seinen Arztbesuchen in letzter Zeit sei ihm jedoch weder Selbst- noch Fremdgefährdung attestiert worden. Hinweise auf ein organisches Leiden gebe es in den ärztlichen Dokumentationen bislang nicht. Auch fehlten nach wie vor belegbare Hinweise auf eine Ankündigung oder ein Bekenntnis einer solchen Tat.

Der 27-Jährige wird verdächtigt, den Absturz des Airbus A320 am vergangenen Dienstag vorsätzlich verursacht zu haben. Alle 150 Menschen an Bord starben dabei. Auf diese Annahme deuteten die Aufnahmen der ersten Blackbox, dem Voice-Recorder, der Unglücksmaschine hin, den französische Ermittler ausgewertet haben. Aufschluss über die genauen Ereignissen an Bord der Unglücksmaschine könnte die zweite Blackbox liefern. Doch der Flugdatenschreiber ist noch immer nicht gefunden.

Schwere Flugunglücke der vergangenen Jahre

Dezember 2014

Ein Airbus A320 der AirAsia stürzt auf dem Weg von Indonesien nach Singapur in die Javasee vor Borneo. Alle 162 Menschen an Bord kommen ums Leben.

Juli 2014

Malaysia Airlines MH 17 stürzt über dem Kampfgebiet in der Ostukraine ab. Wahrscheinlich ist sie von einer Rakete abgeschossen worden. 298 Menschen an Bord kommen um.

Juli 2014

Beim Absturz eines Passagierflugzeugs in Mali sterben alle 116 Menschen an Bord, darunter vier Deutsche. Das Flugzeug vom Typ MD83 war von Ouagadougou (Burkina Faso) nach Algerien unterwegs.

März 2014

Flug MH 370 der Malaysia Airlines mit 239 Menschen an Bord verschwindet auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking plötzlich vom Radar. Die Suche nach der vermuteten Absturzstelle der Boeing 777-200 im Indischen Ozean bleibt ohne Erfolg.

Juni 2012

Eine McDonnell Douglas MD83 mit 153 Passagieren stürzt in ein dicht besiedeltes Wohnviertel der nigerianischen Metropole Lagos. Alle Insassen und mindestens zehn Menschen an Land kommen ums Leben.

April 2012

Ein Linienflugzeug vom Typ Boeing 727 stürzt nahe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad ab. Alle 127 Insassen sterben.

Juli 2010

Eine Passagiermaschine vom Typ Airbus A321 stürzt beim Landeanflug auf Islamabad ab. Alle 152 Menschen an Bord werden getötet.

Mai 2010

Beim Absturz eines Airbus A330-200 während des Landeanflugs in der libyschen Hauptstadt Tripolis kommen 103 Menschen ums Leben.

15. Juli 2009

Beim Absturz einer russischen Maschine im Iran kommen alle 168 Menschen an Bord ums Leben. Die Tupolew 154 der Caspian Airlines hatte kurz nach dem Start Feuer gefangen.

30. Juni 2009

Ein A310 der jemenitischen Fluggesellschaft Yemenia mit 153 Menschen an Bord stürzt im Landeanflug auf die Komoren ins Meer.

1. Juni 2009

Ein Flugzeug stürzt auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris über dem Atlantik ab. An Bord sind 228 Menschen, darunter 28 Deutsche. Niemand überlebt.

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Den Flugdatenschreiber aufzuspüren, auf dem Flughöhe, Geschwindigkeit und Kurs gespeichert sind, gehört von Beginn an zu den Prioritäten. "Er ist für die weiteren Ermittlungen unersetzlich", erläutert Yves Naffrechoux von der Gendarmerie des Départements Alpes-de-Haute-Provence. Gleichzeitig versuche sein Team ebenso schnell und sorgfältig, weitere Leichenteile zu finden, damit sie ins Tal gebracht und identifiziert werden können.

Überall liegen Leichenteile

"Wenn sie selbst nicht vollständig zerschmettert wurde, liegt die Blackbox unter Schutt oder Trümmerteilen", sagt Laout. "Aber es gibt kaum Trümmer, unter denen nicht eine Leiche liegt." "Und wenn das der Fall ist, müssen wir äußerst vorsichtig vorgehen, um sie einzuwickeln und so gut wie möglich zu erhalten", sagt Naffrechoux. "Das kostet zusätzliche Zeit."

Mit 700 Stundenkilometern ist die Maschine gegen den Fels gerast. Der Aufprall war so heftig, dass womöglich auch der Flugdatenschreiber zermalmt wurde. Er wiegt sieben bis zehn Kilogramm, hat eine leuchtend orangefarbene Hülle mit reflektierenden weißen Streifen."Vielleicht ist er irgendwo im Schutt verborgen, wir müssen das kleinste Trümmerteil anheben, unter den kleinsten Erdhügel schauen, um die winzigste Spur zu finden", sagt Laout. Die Experten vor Ort haben sich aber darauf eingestellt, noch viele Tage, wenn nicht wochenlang weiter zu suchen.

Abendblatt.de hält Sie über die Folgen von Unglücksflug 4U 9525 auf dem Laufenden:

Trauermarsch in Haltern wieder abgesagt

21.27 Uhr: Ein für Ostersonnabend in Haltern angekündigter Trauermarsch für die Opfer findet nun doch nicht statt. Die Anmelderin habe ihren Antrag wieder zurückgezogen, teilte die Polizei Recklinghausen mit. Erst am Vormittag hatte nach Polizeiangaben die Privatperson einen Trauermarsch mit 2000 bis 2500 Teilnehmern in Haltern angemeldet. Die Absage habe sie unter anderem damit begründet, dass die Angehörigen der Opfer nach dem für Mittwoch geplanten Gottesdienst in Haltern ein Recht darauf hätten, zur Ruhe zu kommen.

Bericht: 300 Millionen Dollar für Germanwings-Absturz zurückgestellt

20.44 Uhr: Das Versichererkonsortium der Lufthansa-Gruppe einem Zeitungsbericht zufolge wegen möglicher Schadensersatzforderungen 300 Millionen Dollar (275 Millionen Euro) an Rückstellungen gebildet. Zu diesem Schritt habe sich das von der Allianz angeführte Konsortium Ende vergangener Woche entschlossen, erfuhr das "Handelsblatt" aus Versichererkreisen. Das sei fast das Doppelte der üblicherweise kalkulierten Summe. In der Regel werde in der Luftfahrt im Todesfall pro Passagier mit einer Entschädigung von einer Million US-Dollar kalkuliert, im Fall von Flug 4U 9525 wären das 150 Millionen Dollar. Hinzu kommen die Kosten für das Flugzeug, das in diesem Fall mit 6,5 Millionen Dollar versichert gewesen sein soll, heißt es in dem Bericht weiter.

Dass die Assekuranzen nun deutlich mehr Geld zurückstellten, lasse den Schluss zu, dass sie mit langwierigen und teuren Entschädigungsprozessen rechneten. Lufthansa wollte den Bericht demnach nicht kommentieren. Vor allem US-Bürger dürfen vor US-Gerichten auf Schadensersatz klagen; an Bord waren drei Staatsbürger aus den USA. Sollten Angehörige der Opfer die Fluggesellschaft tatsächlich verklagen, müsste Lufthansa glaubhaft machen, dass sie das Unglück nicht habe verhindern können.

Suche in Absturzregion für die Nacht unterbrochen

20.12 Uhr: In den französischen Alpen ist die Suche nach Opfern für die Nacht erneut unterbrochen worden. Mit der Dämmerung seien die Arbeiten ausgesetzt worden, hieß es bei der zuständigen Gendarmerie in Seyne-les-Alpes. In dem schwer zugänglichen Gebiet sichern nachts Spezialeinsatzkräfte die Absturzstelle. Am Dienstag soll die Aktion fortgesetzt werden. Neben der Bergung der Opfer steht die Suche nach dem zweiten Flugschreiber der A320 im Mittelpunkt. Er soll weitere Erkenntnisse zum Geschehen vor dem Absturz liefern.

DNA-Experten: Identifizierung kann bis zu vier Monaten dauern

19.24 Uhr: Die Identifizierung der Opfer kann nach Experteneinschätzung bis zu vier Monate dauern. Das sagte der Leiter des zuständigen Kriminalinstituts der französischen Gendarmerie, François Daoust. „In Abhängigkeit von der Anzahl der Körperteile, die gefunden werden, kann der Zeitrahmen zwischen mindestens zwei und vier Monaten schwanken“, sagte Daoust am Sitz des Instituts in Pontoise bei Paris. „Es ist besser im Rhythmus der Wissenschaft zu arbeiten als zu überstürzen und damit das Risiko einzugehen, sich bei der Identifizierung zu irren.“

Lufthansa kommentiert neueste Erkenntnisse zu Andreas L. nicht

16.47 Uhr: Die Lufthansa äußert sich nicht inhaltlich zu neuen staatsanwaltschaftlichen Erkenntnissen über die Krankengeschichte des Co-Piloten Andreas L.. „Wir haben die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. Zu Erkenntnissen über eine psychotherapeutische Behandlung oder etwaige Arztbesuche können wir uns nicht äußern“, sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft am Montag in Frankfurt. Die ärztliche Schweigepflicht gelte auch gegenüber dem Arbeitgeber.

Diskussion über Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht

16.31 Uhr: Die jüngsten Annahmen zur psychischen Verfassung des Co-Piloten haben eine Diskussion über die Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht für sensible Berufe wie Piloten ausgelöst. Umstritten unter Politikern und Experten ist, wie weit die ärztliche Schweigepflicht im Einzelfall reichen sollte.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, warnte vor „vorschnellen politischen und rechtlichen Entscheidungen“. Er erklärte laut einer Mitteilung vom Montag: „Die ärztliche Schweigepflicht ist ebenso wie das verfassungsrechtlich geschützte Patientengeheimnis ein hohes Gut und für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ein Menschenrecht.“

Zuvor hatte der Hamburger CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer eine Lockerung der Schweigepflicht für sensible Berufe gefordert. „Piloten müssen zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Diese Ärzte müssen gegenüber dem Arbeitgeber und dem Luftfahrtbundesamt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden sein“, sagte Fischer der „Rheinischen Post“.

Der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) schlug eine Expertenkommission vor, die die Frage klären solle, wie mit ärztlichen Diagnosen bei Menschen in besonders verantwortungsvollen Berufen wie Piloten umzugehen sei.

Nach aktueller Rechtsprechung dürfen Ärzte Auskunft geben, wenn sie von der Schweigepflicht entbunden worden sind oder wenn etwa „besonders schwere Verbrechen“ verhindert werden sollen oder eine Gefahr für Leib und Leben besteht (§ 138 und 34 Strafgesetzbuch).

Lufthansa stellt geplante Jubiläums-Feier auf den Prüfstand

16.20 Uhr: Der Mutterkonzern Lufthansa stellt die geplante Feier zu seinem 60. Jubiläum auf den Prüfstand. „Ob und in welcher Form eine Feier stattfindet, prüfen wir derzeit“, erklärte ein Lufthansa-Sprecher am Montag in Frankfurt. Ursprünglich wollte die Fluggesellschaft am 15. April auf ihre Unternehmensgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zurückblicken.

Staatsanwaltschaft: Co-Pilot war vor Jahren selbstmordgefährdet

15.26 Uhr: Der Co-Pilot wurde vor seiner Piloten-Karriere als selbstmordgefährdet eingestuft und befand sich in psychotherapeutischer Behandlung. Das hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Montag mitgeteilt. Die Behandlung sei erfolgt, bevor er den Pilotenschein erwarb. In letzter Zeit hätten "weitere Arztbesuche mit Krankschreibungen stattgefunden, ohne dass Suizidalität oder Fremdaggressivität attestiert worden ist".

Man habe keine Hinweise für mögliche Motive des 27-Jährigen entdeckt, hieß es weiter. Es gebe auch keine Anzeichen für eine körperliche Erkrankung. Auf Fragen nach Berichten über Probleme des Co-Piloten mit seinem Sehvermögen sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Ermittler, es gebe keine Unterlagen, die zeigten, dass der Co-Pilot irgendeine körperliche Krankheit gehabt habe, die sich auf sein Sehvermögen ausgewirkt haben könnte.

100 Ermittler in Sonderkommission "Alpen"

15.15 Uhr: Etwa 100 Ermittler sind in der Düsseldorfer Sonderkommission „Alpen“ mit dem Germanwings-Absturz beschäftigt. Das hat die Polizei am Montag mitgeteilt. Rund die Hälfte von ihnen ist einer Mordkommission zugeteilt, die sich mit etwaigen Motiven des vermutlich vorsätzlich verursachten Absturzes beschäftigt. Die bei den Durchsuchungen sichergestellten Gegenstände und Unterlagen seien bereits zu einem Großteil untersucht worden. Sie würden noch bewertet. Zwischenzeitlich hatte die Sonderkommission eine Größe von mehr als 200 Beamten. Die Identifizierung der Opfer werde voraussichtlich noch Wochen dauern. Dies sei auch vom Fortschritt der Bergungsmaßnahmen in Frankreich abhängig.

Blackbox sendet keine Funksignale

14.42 Uhr: Bei der Suche nach dem Flugdatenschreiber setzen die Ermittler auf akribische Suche statt auf Funksignale. „Die Geräte senden nur bei Kontakt mit Wasser“, erläuterte Jens Friedemann von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) am Montag in Braunschweig. In den Alpen sende der Datenschreiber also gar keine Funksignale. Die BFU ist mit sieben Personen an den Untersuchungen des Absturzes beteiligt - fünf davon in Frankreich. Sie werden den Schreiber gemeinsam mit ihren französischen Kollegen auswerten, sobald er gefunden ist.

Jens Friedemann von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig zeigt, wie ein Flugschreiber aussieht
Jens Friedemann von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig zeigt, wie ein Flugschreiber aussieht © dpa

Der Chip mit mehreren Hundert gespeicherten Daten steckt in einem gepanzerten Zylinder von der Größe einer Konservendose. Er soll über die letzten Minuten an Bord des Germanwings-Airbus Aufschluss geben.

Wetter behindert Bergungsarbeiten

14.05 Uhr: Die Ermittler am Absturzort mussten heute zunächst auf die Hilfe von Hubschraubern verzichten. „Wir haben etwas schwierige Wetterbedingungen“, sagte ein Sprecher der Gendarmerie. In der Region herrschte heftiger Wind.

Ein französischer Helfer am Montag im unwegsamen Gelände an der Absturzstelle des Germanwings-Airbus
Ein französischer Helfer am Montag im unwegsamen Gelände an der Absturzstelle des Germanwings-Airbus © Reuters

Wie die französische Nachrichtenagentur AFP meldete, wurden Helfer stattdessen über eine Straße von der Einsatzzentrale im Örtchen Seyne-les-Alpes in die Nähe des Absturzortes gebracht und legten den Rest des Wegs zu Fuß zurück. Die Teams seien dazu etwa eine Dreiviertelstunde unterwegs, sagte ein Gendarm.

Trauermarsch in Haltern am Ostersonnabend

12.47 Uhr: Mit einem Trauermarsch soll am Ostersonnabend (4. April) im westfälischen Haltern am See der Opfer der Flugzeug-Tragödie gedacht werden. Eine Privatperson habe die Veranstaltung mit vorerst geschätzten 2000 bis 2500 Teilnehmern angemeldet, sagte eine Polizeisprecherin in Recklinghausen am Montag. Die Polizei stehe nun mit anderen Behörden in Kontakt, um Einzelheiten für den Marsch abzusprechen. Dabei gehe es unter anderem um den genauen Weg und die Zahl der nötigen Ordner.

Bereits am Mittwoch (1. April) ist in der St.-Sixtus-Kirche in Haltern ein öffentlicher ökumenischer Trauergottesdienst geplant. Am 17. April soll es einen staatlichen Trauerakt im Kölner Dom geben. Beim Absturz der Germanwings-Maschine waren in der vergangenen Woche 16 Schüler und 2 Lehrerinnen des Halterner Gymnasiums ums Leben gekommen.

Die Stadt Haltern hat ein elektronisches Kondolenzbuch im Internet eingerichtet, in das sich nach wie vor zahlreiche Menschen eintragen. Die Anteilnahme kommt etwa aus Berlin, Stuttgart und Bochum - aber auch aus Spanien, Frankreich und von einem griechischen Gymnasium.

Germanwings will Angehörige so lange wie nötig betreuen

12.23 Uhr: Germanwings will ihr Betreuungszentrum für Angehörige der Opfer so lange wie nötig offen halten. Das sagte Germanwings-Geschäftsführer Oliver Wagner am Montag nach Angaben eines Lufthansa-Sprechers in Marseille. In einem Hotel der Mittelmeer-Metropole kümmern sich seit Sonnabend 90 Mitarbeiter um die Angehörigen, die zur Absturzstelle reisen wollen. Sie nehmen die Trauernden in Empfang und begleiten sie auch zum Unglücksort. Zum Team gehören demnach mindestens zehn Psychologen.

Uniklinik Düsseldorf übergibt Krankenakte von Andreas L.

11.52 Uhr: Das Uniklinikum Düsseldorf hat am Montag der Staatsanwaltschaft seine Krankenakten des Co-Piloten übermittelt. Das erklärte eine Klinik-Sprecherin. Der 27-Jährige, der nach bisherigen Erkenntnissen den Airbus mit 150 Menschen an Bord absichtlich abstürzen ließ, war vor einigen Wochen als Patient an das Uniklinikum gekommen. Dabei ging es den Angaben zufolge um „diagnostische Abklärungen“, die aber nicht näher erläutert wurden. Auch blieb unklar, in welcher der vielen Abteilungen der Co-Pilot untersucht wurde. Zwischen Februar 2015 und dem 10. März war der Mann mindestens drei Male vorstellig geworden.

Das Klinikum hatte Berichte dementiert, wonach „Andreas L. wegen Depressionen in unserem Haus in Behandlung gewesen sei“. Die Übergabe der Akten war ursprünglich für Freitag angekündigt worden.

Spezialfahrzeuge bauen Straße zur Absturzstelle

11.45 Uhr: Erstmals wurden Flugunfallermittler und weitere Einsatzkräfte am Montag ausschließlich auf dem Landweg zu der schwer zugänglichen Unglücksstelle in den französischen Alpen gebracht, wie die Polizei in Seyne-les-Alpes mitteilte. Denn wegen schlechten Wetters konnten Hubschrauber nicht eingesetzt werden.

Derzeit wird mit einem Bulldozer und anderen Spezialfahrzeugen eine Straße zu dem Absturzort an einer Felswand gebaut, damit der Zugang leichter wird und große Trümmerteile darüber abtransportiert werden können. Dieser neue Weg ist aber noch nicht fertig, so dass die Ermittler und ihre im Hochgebirge erfahrenen Begleiter am Ende noch etwa eine dreiviertel Stunde laufen müssen, um zu der Unglücksstelle zu kommen.

Psychiater warnen vor Stigmatisierung

11.20 Uhr: Nach den Berichten einer angeblich schweren seelischen Erkrankung des Co-Piloten Andreas L. warnen Experten vor einer Stigmatisierung psychisch kranker Menschen. "Das bedeutet nicht, dass man Menschen mit psychischen Erkrankungen undifferenziert als ständig suizidgefährdet, als Gefahr für Dritte oder gar als 'unberechenbar und gefährlich' betrachten darf", schreibt der Psychiater Asmus Finzen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Auch bei erweiterten Suiziden etwa von Eltern, die ihre Kinder mit in den Tod nehmen, handle es sich um Einzelfälle, so Finzen weiter. Das mache die Identifikation möglicher Täter "schier unmöglich". Dennoch appellierte der frühere Professor für Sozialpsychiatrie an die Fluggesellschaften, die alljährlichen Flugtauglichkeitsuntersuchungen um einen psychologischen Check zu erweitern. Um psychisch erkrankte Menschen angemessen unterstützen zu können, brauche es zudem eine gesamtgesellschaftliche Aufklärung und eine sachliche Diskussion.

Verwirrung um Vermerke in L.s Akte

9.50 Uhr: Die Lufthansa hatte nach einem Pressebericht keine Kenntnis von einem medizinischen Zusatzvermerk in den Lizenz-Akten des Germanwings-Co-Piloten beim Luftfahrtbundesamt (LBA). Das berichtetet die "Welt" unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Das LBA hatte in der vergangenen Woche Medienberichten zufolge bestätigt, dass bei ihm eine Pilotenlizenz und ein Tauglichkeitszeugnis des Unglücks-Piloten Andreas L. vorlägen. Darin gebe es den Hinweis "SIC", der auf eine regelmäßige medizinische Untersuchung hinweise. Genaues zu den zugrundeliegenden Diagnosen gehe aus Gründen des Datenschutzes aus den LBA-Unterlagen allerdings nicht hervor. Das bleibe allein in der Verantwortung der Ärzte.

Der "Welt" zufolge müsste der entsprechende Hinweis auf die medizinischen Untersuchungen auch in dem "Medical" genannten medizinischen Tauglichkeitszeugnis vermerkt sein, das die Fluggesellschaft "auf jeden Fall erhalten soll". Der Zeitung zufolge wollten sich weder LBA noch Lufthansa wegen der laufenden Ermittlungen dazu äußern.

Bislang 78 DNA-Spuren identifiziert

8.49 Uhr: Die Suche nach weiteren Opfern sowie nach dem Flugdatenschreiber ist fortgesetzt worden. Um 9.30 Uhr will Germanwings auf einer Pressekonferenz in Marseille über das neue Betreuungszentrum für die Angehörigen der Opfer informieren. Ob die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungsergebnisse bekanntgeben wird, war am Morgen offen. Am Absturzort wurde bislang DNA von gut der Hälfte der 150 Opfer gesichert. Man habe „78 unterschiedliche DNA-Spuren“ identifiziert, sagte Staatsanwalt Brice Robin.

Forderung nach Lockerung der Schweigepflicht

8.16 Uhr: Der Hamburger CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer fordert als Konsequenz aus der Germanwings-Katastrophe eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht für sensible Berufe. „Piloten müssen zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Diese Ärzte müssen gegenüber dem Arbeitgeber und dem Luftfahrtbundesamt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden sein“, sagte Fischer der „Rheinischen Post“.

Der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) schlug eine Expertenkommission vor, die die Frage klären solle, wie mit ärztlichen Diagnosen bei Menschen in besondersverantwortungsvollen Berufen wie Piloten umzugehen sei.

Auch Australien ändert Cockpit-Regel

7.59 Uhr: Auch Australien ordnet für seine Fluggesellschaften die ständige Anwesenheit von zwei Crew-Mitgliedern in den Cockpits an. Die Vorschrift "Rule of two" gelte ab sofort für alle Inlands- und Auslandsflüge, teilte Vize-Ministerpräsident Warren Truss am Montag mit. Betroffen sind unter anderem Qantas, Jetstar, Virgin Australia und Tigerair Australia.

Absturz Thema bei Günther Jauch

7.40 Uhr: Der Sozialethiker Wolfgang Huber warnt angesichts der Ursachensuche für den Airbus-Absturz vor einem Generalverdacht gegen depressive Menschen. Eine mörderische Handlung wie ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz sei überhaupt nicht typisch für Depressive, sagte Huber am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Günther Jauch“ zu Medienberichten, nach denen der Co-Pilot wegen einer Depression in Behandlung war.

Der Berliner Altbischof Huber hält es nach eigenen Worten für unangemessen, den Absturz als erweiterten Suizid zu bezeichnen, wie dieses bei Taten im familiären Umfeld üblich ist. Unvorstellbar viele Menschen seien gezielt getötet worden, sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der den Absturz mit einem Amoklauf verglich.

Der Psychologe Reiner Kemmler pflichtete Huber bei, dass die Tat mit einer Depression allein nicht zu erklären sei. Vielmehr müsse eine narzistische Persönlichkeitsstörung hinzukommen, die zu einer starken Selbstbezogenheit führt.

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum lobte das Krisenmanagement der Lufthansa wie auch die Reaktion der Bundesregierung. Mit der Reise an den Absturzort und einem zurückhaltenden Auftreten dort habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. „Ich kann mir vorstellen, dass das den Angehörigen gut getan hat“, sagte Baum, der als Rechtsanwalt Angehörige von Opfern früherer Flugzeugkatastrophen vertreten hat. Mit einer Soforthilfe für die Hinterbliebenen von 50.000 Euro je Opfer erfülle die Lufthansa weit mehr als das gesetzlich Vorgesehene.

Lufthansa-Vorstand Kay Kratky sagte, über Entschädigungsregelungen werde zu einem späteren Zeitpunkt beraten. Die schnelle Hilfe stehe im Vordergrund. Auf die Frage, ob noch eine andere Ursache als das mutwillige Handeln des Co-Piloten denkbar sei, sagte Kratky: „Die Indizienlage ist im Moment erdrückend.“ Gleichwohl sei es wichtig, nach dem Stimmenrekorder mit dem Aufzeichnungen aus dem Cockpit auch den zweiten Flugschreiber zu finden. Die Auswertung der technischen Aufzeichnungen könne zu gesicherten Erkenntnissen beitragen. (HA/afp/dpa/rtr/epd)